# taz.de -- RBB-„Tatort“ mitten im Politbetrieb: Ein echtes Verbrechen, das in Afghanistan begann
       
       > Ein Lobbyist wird in Berlin erschossen, er bleibt nicht das einzige
       > Opfer. Hintergrund des ambitionierten Krimis ist der Krieg in
       > Afghanistan.
       
 (IMG) Bild: Karow (Waschke) und Bonard (Harfouch, M.) treffen bei ihren Ermittlungen auch auf die Aktivistin Barakzay (Ferydoni)
       
       Das eigentliche Verbrechen geschieht lange, bevor der erste Tote draußen
       vor dem Bahnhof Friedrichstraße in Berlin-Mitte liegt. Es ist ein
       Verbrechen, das nicht nur in der Filmrealität stattgefunden hat.
       
       Als die Taliban am 15. August 2021 [1][in Afghanistan] mit Gewalt die Macht
       übernahmen, die Regierung zusammenbrach und floh, die Bevölkerung sich
       selbst überlassen war; und so viele weg wollten, sofort, bloß weg,
       Hauptsache nicht unter diesem Regime leben. An die Szenen rund um den
       Flughafen in Kabul können sich sicher die meisten erinnern, das Chaos, die
       Verzweiflung, die Angst.
       
       Die, die es überhaupt bis zum Flughafen schafften, stürmten bis aufs
       Rollfeld, klammerten sich an Flugzeuge, es ging um Leben und Tod. Denn es
       war klar: Die US- und Nato-Truppen werden überstürzt und früher als geplant
       komplett abziehen.
       
       Und damit würde die Chance zu regeln, was zu regeln wäre, vorbei sein.
       Etwa: all die Menschen, die als sogenannte „Ortskräfte“ mit den
       stationierten Soldaten zusammengearbeitet haben oder für sie gearbeitet
       haben, egal ob direkt angeheuert oder über andere Unternehmen, in
       Sicherheit zu bringen. Wie ausgemacht. Weil immer klar war: Für die Taliban
       sind sie Verräter. Nur wegen ihres Jobs.
       
       ## Bemerkenswerte Geschichte
       
       Das eigentliche Verbrechen ist: d[2][ass etwa die deutsche Regierung dieses
       Versprechen nicht eingelöst hat]; [3][ein Untersuchungsausschuss befasste
       sich mit der Situation]. Rund 5.300 Menschen evakuierte die Bundeswehr nach
       eigenen Angaben in jenen Augusttagen.
       
       Doch da ist – und nun sind wir konkret in der Film-Realität – eine deutsche
       Militärmaschine, die fast leer losfliegt, nicht überfüllt mit afghanischen
       Kindern, Frauen, Männern. Dabei ging es doch um Leben und Tod. Grund genug
       zu töten. Auch Jahre später.
       
       Das ist das Szenario, vor dem der aktuelle RBB-Tatort „Vier Leben“ seine
       bemerkenswerte Geschichte erzählt (Drehbuch: Josefine Scheffler, Dagmar
       Gabler, Thomas André Szabó; Regie: Mark Monheim). Sie beginnt an einem
       wintermanteltrüben Tag in Berlin, als es auf jener vollkommen egalen,
       großen Freifläche südlich des Bahnhofgebäudes an der Friedrichstraße den
       ersten trifft: den Ex-MdB-nun-Lebensmittelverband-Lobbyist Jürgen Weghorst.
       Scharfschütze, von irgendwo. Tot. Er bleibt nicht das letzte Mordopfer.
       
       Das immer noch neue Ermittlungsduo Robert Karow (Mark Waschke) und Susanne
       Bonard (Corinna Harfouch, der man leider nach wie vor keine Facette dieser
       Figur abkauft) findet schnell raus: Der Tote war wiederholt Adressat
       unbändiger Wut – von Soraya Barakzay (Pegah Ferydoni), in Afghanistan
       Anwältin, in Deutschland hat sie eine Menschenrechtsorganisation für die
       Ortskräfte aufgebaut. Wie sie mit der Mordserie zusammenhängt, wie in
       andere Richtungen ermittelt wird, bleibt seltsam zusammenhanglos, fast
       erzwungen.
       
       ## Seltsam blutleer
       
       Aber: Endlich mal Bundespolitik im Tatort, wenn auch nicht direkt im
       Politikbetrieb angesiedelt, passiert eh viel zu selten – gerade in den
       RBB-Fällen. Und endlich mal wieder Pegah Ferydoni in einer
       Episodenhauptrolle, jede Gelegenheit zählt, ihr bei der Arbeit zuzuschauen
       (aktuell auch im Kino möglich, in „Feste und Freunde“ von Elena Senft und
       David Dietl) – Harfouch daneben erst recht seltsam blutleer.
       
       [4][Inzwischen ist das Ortskräfte-Programm irgendwie halbherzig gerettet].
       Zugleich gilt als entschieden, [5][Menschen zurück unter die Macht der
       Taliban abzuschieben]. Ein Verbrechen.
       
       RBB-Tatort „Vier Leben“, Sonntag, 16. Februar, 20.15 Uhr, ARD
       
       16 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Schwerpunkt-Afghanistan/!t5008056
 (DIR) [2] https://www.zeit.de/politik/2024-08/ortskraefte-afghanistan-taliban-nachrichtenpodcast%20%E2%80%93%20https://taz.de/Ausschuss-zu-Afghanistan-im-Bundestag/!5989856/
 (DIR) [3] https://www.das-parlament.de/aussen/afghanistan/von-den-entwicklungen-voellig-ueberrascht
 (DIR) [4] /Gefaehrdete-Menschenrechtlerinnen/!6047443
 (DIR) [5] /Innenminister-zur-Migrationspolitik/!6050110
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anne Haeming
       
       ## TAGS
       
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