# taz.de -- Gedenken an spanischen Faschismus: Der Kampf um den Folterkeller
       
       > Vier Jahrzehnte lang haben Franco-Schergen im Gebäude der heutigen
       > Regionalregierung gefoltert. Eine dort geplante Gedenkstätte sorgt für
       > Streit
       
 (IMG) Bild: Demonstration rechtsextremer Aktivisten auf der Puerta del Sol im Dezember 2024
       
       Madrid taz | Seit 14 Jahren geben die Demonstrierenden nicht auf: Jeden
       Donnerstagabend Abend versammeln sich einige Dutzend Menschen vor dem
       Gebäude der Madrider Regionalregierung am zentralen Platz Puerta del Sol.
       Sie verlangen „Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung“ für die
       Gewaltverbrechen, unter der Teile der Bevölkerung während der
       [1][Franco-Diktatur] gelitten haben. In ihren Händen halten sie Fahnen der
       von den Faschisten im Bürgerkrieg in den 1930er Jahren gestürzten Republik.
       Viele von ihnen wurden selbst unter Franco gefoltert oder sind Angehörige
       von damaligen Folteropfern.
       
       Ihre Anliegen betten sich ein, in eine aktuell geführte Diskussion in
       Spanien. Zu Francos 50. Todestag plant die Regierung eine Reihe an
       Gedenkfeiern. Für die Folteropfer soll am Gebäude an der Puerta del Sol
       eine Gedenkstätte entstehen.
       
       Ildefonso Gómez zeigt auf den Bau, vor dem sie stehen: „Hier wurde in den
       Jahren der Franco-Diktatur gefoltert“, erklärt der Sprecher der Initiative.
       Dort im Keller des Real Casa de Correos, befanden sich von 1939 bis 1979 –
       vier Jahre nach dem Tod des Diktatoren General Francisco Franco – die
       Zentrale und die Zellen der Politischen Polizei, der Generaldirektion für
       Sicherheit (DGS).
       
       Der 76-jährige Gómez wurde dort insgesamt neunmal mit Gewalt verhört. „Das
       erste Mal, als ich gerade 15 war, das letzte Mal 1977“, erklärt er. In
       seinen jungen Jahren gehörte er der antifranquistischen Schüler- und
       Studentenbewegung an, später war er in der klandestinen
       Gewerkschaftsbewegung und der verbotenen Sozialistischen Partei aktiv.
       „Einmal wurde ich so schwer misshandelt, dass ich anschließend für 25 Tage
       ins Gefängnishospital eingewiesen wurden musste“, fügt er hinzu.
       
       Gewerkschafter, Gegner der Diktatur, rebellische Studenten, Schwule,
       Frauen, die abtreiben ließen, alle, die als staats- und moralfeindlich
       galten, wurde hierher gebracht. 1937 starb das erste Opfer nach der Folter,
       das letzte 1980, bereits in der Demokratie, kurz bevor die neu geschaffene
       Regionalregierung einzog.
       
       ## Politischer Streit im Königlichen Haus der Post
       
       Der Plan einen Gedenkort zu errichten führt jetzt zu einem politischen
       Streit. Denn im sogenannten Real Casa de Correos, im Königlichen Haus der
       Post, hat seit den 1980er Jahren die Regionalregierung der Hauptstadtregion
       Comunidad de Madrid ihren Sitz. Dort gibt die konservative Partido Popular
       (PP) den Ton an und die will ein [2][solches Gedenken um jeden Preis
       verhindern.]
       
       Eine Gedenkstätte würde den Namen der Comunidad de Madrid beschmutzen,
       beschwert sich Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso. Sie wäre ein „Angriff
       auf die Regionalregierung“ und auf die Hauptstädter als solche und würde
       die Bevölkerung spalten. Deshalb dürften am Gebäude nur Tafeln angebracht
       werden, die die Spanier einen. Ihr schweben Tafeln vor im Gedenken an den
       Aufstand gegen die napoleonische Besatzung, an die Opfer der islamistischen
       Anschläge auf Pendlerzüge und die an Covid Verstorbenen.
       
       Díaz Ayuso hatte zwar Auschwitz einen offiziellen Besuch abgestattet. Doch
       den Faschismus in Spanien und die Gräueltaten der Diktatur, die sich in
       Díaz Ayusos heutigem Amtssitz abgespielt haben, hat sie nie verurteilt.
       
       ## Kein Hinweis auf die Gräueltaten
       
       Das fragliche Gebäude ist ein Beispiel für den bisherigen Umgang Spaniens
       mit seiner Vergangenheit. Kaum jemandem ist heute, 50 Jahre nach dem Tod
       Francos, noch bewusst, was hier geschah. Die Puerta del Sol steht heute für
       die meisten vielmehr für Neujahr. Die Uhr des Gebäudes, läutet jedes Jahr
       vor Tausenden auf dem Platz und vor Millionen am Bildschirm den
       Jahreswechsel ein.
       
       Die Weihnachtszeit über werden die Fenster der Regionalregierung zu lauter
       Musik bunt beleuchtet. Zehntausende Touristen lassen sich jedes Jahr an
       diesem Punkt fotografieren. Zur traurigen Geschichte des Gebäudes selbst
       gibt es nichts.
       
       „In allen Hauptstädten, die Szenario des Schreckens des Nazismus und
       Faschismus waren, gibt es Gedenktafeln. Museen, die an die Menschen
       erinnern, die für die Freiheit kämpften. Doch hier vor der Puerta del Soll
       erinnert nichts an die Tausende Frauen und Männer, die Widerstand gegen die
       Diktatur leisteten“, erklärt Willy Meyer gegenüber der spanischen Presse.
       Der 70-jährige ehemalige EU-Abgeordnete der spanischen Partei Vereinigten
       Linke wurde als junger Mann selbst an der Puerta del Sol misshandelt.
       
       Bevor an der Puerta del Sol tatsächlich etwas geschieht, dürfte es zu einem
       heftigen Rechtsstreit kommen. Denn die konservative PP von
       Regionalpräsidentin Díaz Ayuso hat ihre absolute Mehrheit im
       Regionalparlament genutzt, um kurz vor Jahreswechsel ein Gesetz zu
       erlassen, dass jedwede weitere Gedenktafel am Gebäude verbietet.
       
       ## Gedenktafel geht nicht weit genug
       
       Ildefonso Gómez geht eine Gedenkstätte ohnehin nicht weit genug. „Es geht
       uns um Gerechtigkeit. Erst wenn mit der Straffreiheit Schluss ist, geben
       wir Ruhe“, sagt er. Dafür ist er bereit, auch die kommenden Jahre jeden
       Donnerstag an die Puerta del Sol zu kommen.
       
       7 Feb 2025
       
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