# taz.de -- Demokratische Republik Kongo: Flecktarnuniform statt Anzug
       
       > Corneille Nangaa gehörte zum Establishment Kongos. Nun erklärt er sich im
       > Krieg gegen Ruanda zum Anführer eines Rebellenbündnisses.
       
 (IMG) Bild: Corneille Nangaa in Kinshasa, D.R. Kongo, am 24.12.2018
       
       BERLIN taz | Kurz vor den Wahlen im Dezember 2023 hielten viele Kongolesen
       es für einen schlechten Scherz: Corneille Nangaa, der ehemalige Chef der
       Wahlkommission, verkündete in einem Hotel in Nairobi die [1][Gründung der
       Allianz des Kongo-Flusses (AFC)] als Rebellenbündnis und erklärte seiner
       Regierung den Krieg. Nangaa war bis dahin in der Demokratischen Republik
       Kongo als Architekt des kruden Wahlbetrugs der Jahreswende 2018/19 bekannt.
       
       Damals hatte er auf Geheiß von Präsident Joseph Kabila, dessen
       Wunschkandidat bei den Wahlen abgeschmiert war, den schwachen
       Oppositionspolitiker Felix Tshisekedi, der genauso wenig gewonnen hatte,
       [2][zum Wahlsieger erklärt] – ein schmutziger Deal, aber laut Nangaa der
       einzige Weg zu einem friedlichen Machtwechsel. Kabila glaubte damals, sich
       Tshisekedi gekauft zu haben.
       
       Heute ist aus dem servilen Wahlfälscher [3][ein selbstbewusster
       Rebellenführer] geworden. Statt im Anzug sieht man Nangaa in
       Flecktarnuniform und kugelsicherer Weste durch die Wälder Ostkongos
       stapfen. Mit weißem Bart und ansehnlichem Bauch hält er in Siegerpose Reden
       an die Bevölkerung, geschützt von schwer bewaffneten Leibwächtern.
       
       Nangaas AFC vereint bewaffnete Gruppen, die in der DR Kongo gegen Präsident
       Tshisekedi kämpfen. Die bei Weitem größte ist die Rebellenarmee [4][M23
       (Bewegung des 23. März)], ursprünglich 2012 von desertierten
       Tutsi-Armeegenerälen gegründet und seit 2021 erneut im Krieg. Maßgeblich
       von Ruanda aufgerüstet, scheint die M23 heute so stark wie nie und stand am
       Sonntag kurz vor der [5][Einnahme der Millionenstadt Goma].
       
       ## Eine kongolesische „Bilderbuchkarriere“
       
       Während sich die M23 als militärische Gruppierung mit politischen
       Auftritten immer schwertat, spielt Nangaa das politische Schwergewicht.
       Nicht Goma sei das Ziel der aktuellen Offensive, sondern Kinshasa, tönt er.
       Er will die Macht im ganzen Land. Der AFC-Chef bläst zur „Revolution“ gegen
       schlechte Regierungsführung, Korruption und ethnische Spaltung in dem
       riesigen Vielvölkerstaat.
       
       Eigentlich gehört Corneille Nangaa selbst zu Kongos korruptem
       Establishment. Geboren 1970 in eine wohlhabende Familie des Budu-Volks,
       machte er Karriere als Wahlexperte, unter anderem für US-Organisationen und
       stieß 2005 zu [6][Kongos Wahlkommission], die damals die ersten freien
       Wahlen des Landes organisierte. 2015 wurde er Leiter der Wahlkommission,
       als loyaler Technokrat.
       
       Kaum im Amt, erklärte Nangaa fristgerechte Wahlen [7][für unmöglich] und
       organisierte die Verzögerungstaktik, die zu Wahlen erst 2018 statt 2016
       führte. Danach zog er sich auf seine 23.000-Hektar-Farm mit Stiftung und
       Goldförderlizenzen in Haut-Uélé zurück, wo sein Bruder Gouverneur war. Eine
       kongolesische Bilderbuchkarriere.
       
       Geschäftliche Unstimmigkeiten mit dem mittlerweile wiedergewählten
       Tshisekedi und fortgesetzte Treue zum mittlerweile exilierten Kabila haben
       Nangaa nun eine zweite, ganz andere Karriere beschert. Den Wandel, den er
       jetzt predigt, verkörpert er aber nicht, sondern für viele eher den
       Landesverrat zugunsten Ruandas. In Abwesenheit wurde Nangaa am 8. August
       2024 in Kinshasa, der Hauptstadt der DR Kongo, zum Tode verurteilt, seine
       Güter beschlagnahmt und verkauft. Die EU hat ihn mit Sanktionen belegt.
       
       Corneille Nangaa hat jetzt in der Heimat nichts mehr zu verlieren, ebenso
       wenig seine Mitstreiter in der M23. Das mag ein Grund sein, warum die
       Rebellen jetzt aufs Ganze gehen. Dominic Johnson
       
       26 Jan 2025
       
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 (DIR) Dominic Johnson
       
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