# taz.de -- Kanadas Kabinett kriselt vor Trump: Justin Trudeau schwimmen die Felle weg
       
       > Wenige Wochen vor Trumps Amtsantritt in den USA schwächt der Rücktritt
       > von Kanadas Vizepremierministerin den liberalen Regierungschef.
       
 (IMG) Bild: Hamilton, Kanada, Januar 2023: Finanzministerin und Vize-Premier Chrystia Freeland und Kanadas Regierungschef Justin Trudeau
       
       Berlin taz | Nach dem Rücktritt seiner bisherigen Finanzministerin und
       Vizepremierministerin sieht sich [1][Kanadas Regierungschef Justin Trudeau]
       in der schwersten politischen Krise seiner Amtszeit. Chrystia Freeland, die
       über Jahre hinweg als engste Verbündete und Parteifreundin Trudeaus
       innerhalb der Liberalen Partei angesehen wurde, hatte am Montag in einem
       öffentlichen Schreiben ihren Rückzug aus dem Kabinett erklärt. Lediglich
       ihr Abgeordnetenmandat werde sie noch behalten, erklärte die 56-Jährige.
       
       Als unmittelbaren Grund nannte sie massive Meinungsverschiedenheiten mit
       Trudeau über den Umgang mit der kommenden Regierung Donald Trumps in den
       USA. Trump hatte erklärt, gegen Mexiko und Kanada jeweils [2][Strafzölle in
       Höhe von 25 Prozent] für alle Importe aus diesen Ländern verhängen zu
       wollen. Damit wolle er die Regierungen zwingen, gegen illegale
       Grenzübertritte von Migrant*innen und Drogenschmuggel vorzugehen.
       
       Kanada müsse diese Bedrohung seiner Wirtschaft absolut ernst nehmen,
       erklärte Freeland – aber genau das vermisse sie in den jüngsten
       Ankündigungen von Premier Trudeau. Der hatte – nach Einschätzung von
       Kritiker*innen ausschließlich, um seine niedrigen Beliebtheitswerte
       etwas aufzubessern – kürzlich angekündigt, für zwei Monate die Umsatzsteuer
       für zahlreiche Waren des täglichen Bedarfs auszusetzen. Zudem wollte er
       allen Kanadier*innen mit einem Haushaltseinkommen unter 105.000
       kanadischen Dollar (umgerechnet rund 70.000 Euro) einen Scheck über
       umgerechnet 165 Euro zukommen lassen – was das Staatsdefizit auf über 61
       Milliarden kanadische Dollar hätte anwachsen lassen. Freeland hatte als
       Finanzministerin stets auf einem maximalen Defizit von 40 Milliarden
       beharrt.
       
       Vor allem in der derzeitigen Situation müsse sich die Regierung
       finanzpolitische Handlungsfähigkeit bewahren, um mit der Bedrohung durch
       Trump umzugehen, sagte Freeland. Bereits am vergangenen Freitag hatte
       Trudeau sie deshalb als Finanzministerin entlassen, aber darum gebeten, in
       anderer Funktion Teil seines Kabinetts zu bleiben. Dem erteilte Freeland
       nunmehr eine Absage: Offensichtlich sei das Vertrauen verloren, das sie
       benötige, um im Kabinett eine Rolle zu bekleiden. Auch Wohnungsbauminister
       Sean Fraser kündigte am Montag seinen Rücktritt an.
       
       ## Trip zu Trump ohne Freeland
       
       Freeland hatte schon während Trumps erster Amtszeit federführend die
       kanadisch-US-amerikanischen Beziehungen gestaltet. Unter anderem hatte sie
       das in den 1990er Jahren unterzeichnete Freihandelsabkommen Nafta zwischen
       Kanada, den USA und Mexiko neu verhandelt.
       
       Auch jetzt hatte Trudeau sie zunächst mit den Vorbereitungen auf eine
       zweite Trump-Regierung beauftragt. Als er dann jedoch vor einigen Wochen
       selbst nach Mar-a-Lago in Florida reiste, um Trump – erfolglos – von den
       Zollideen abzubringen, nahm er Freeland nicht mit.
       
       Der konservative Oppositionsführer Pierre Poiliere, in den Umfragen derzeit
       rund 20 Prozentpunkte vor Trudeau, forderte Trudeau nun selbst zum
       Rücktritt und schnellstmöglichen Neuwahlen auf. Spätestens im Oktober
       nächsten Jahres muss in Kanada ohnehin neu gewählt werden.
       
       Justin Trudeau, der im Parlament auf wechselnde Allianzen angewiesen ist,
       will gern als erster kanadischer Premier [3][für vier Amtszeiten gewählt]
       werden und hat bislang keine Anstalten zum Rücktritt gemacht. Ob es dabei
       bleiben kann, wird davon abhängen, ob er im Parlament eine Mehrheit für
       einen Haushalt zusammenbekommt.
       
       17 Dec 2024
       
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