# taz.de -- Russische Aktivitäten in Libyen: Kein Assad, kein Afrika?
       
       > Syriens Befreiung könnte Russlands ständige Militärpräsenz am Mittelmeer
       > beenden. Das verkompliziert die russischen Aktivitäten in der Sahelzone
       
 (IMG) Bild: Welche Auswirkungen der Sturz Assads für die russische Präsenz in der Sahlezone hat, ist unklar
       
       Brüssel taz | Das [1][Ende des Assad-Regimes in Syrien] erzeugt Probleme
       für Russlands Präsenz in Afrika. Die russische Marinebasis in Tartus an der
       syrischen Mittelmeerküste und die russische Luftwaffenbasis Hmeimim nahe
       der Stadt Lattakia waren nicht nur die Ausgangspunkte der russischen
       Militärintervention zur Unterstützung Assads in Syrien während des
       Bürgerkrieges.
       
       Sie waren auch Drehkreuze zur Versorgung russischer Militärkontingente in
       [2][Libyen], den Sahelstaaten [3][Mali], [4][Niger] und [5][Burkina Faso],
       [6][Sudan] und der Zentralafrikanischen Republik, die dort erst als private
       Sicherheitsfirma „Wagner“ präsent waren und heute, seit der formellen
       Auflösung Wagners, als russisches „Afrikakorps“. Darauf weist die
       Politologin Nina Wilen hin, Direktorin des Afrikaprogramms des führenden
       Brüsseler außenpolitischen Thinktanks Egmont Institute.
       
       Es gibt widersprüchliche Angaben darüber, ob Russland im „neuen Syrien“
       militärisch präsent bleiben will oder nicht. Doch Satellitenaufnahmen der
       US-Firma Maxar, die 2022 als erste den [7][russischen Einmarsch in der
       Ukraine] nachwiesen, belegen einen Teilabzug der russischen Marine aus
       Tartus, zumindest in internationale Gewässer. Russische Truppen haben in
       Syrien mehrere Basen aufgegeben.
       
       Der syrische Hafen Tartus ermöglicht es der russischen Marine, dauerhaft im
       Mittelmeer stationiert zu bleiben, ohne regelmäßig zur Versorgung ins
       Schwarze Meer zurückkehren zu müssen und damit auf das Passieren des
       Bosporus angewiesen zu sein. Anfang vergangener Woche war die Marinebasis
       nach US-Berichten komplett leer.
       
       ## Logistische Drehscheibe
       
       Die syrische Luftwaffenbasis Hmeimin, auf einem ehemaligen zivilen
       Flughafen eingerichtet, diente 2020 zum Transit von russischen
       Mig-29-Kampfflugzeugen nach Libyen auf die zentrallibysche Luftwaffenbasis
       Jufra im Gebiet, das der von Moskau unterstützte Marschall Chalifa Haftar
       kontrolliert, wie Satellitenaufnahmen des US-Afrikakommandos Africom
       belegten. Russische Kampfflugzeuge gelangten auch aus Syrien ins
       ostlibysche Bengasi und al-Watiya. Anton Mardasov, Militärexperte des
       russischen Rates für Internationale Angelegenheiten in Moskau, bestätigt
       auch die Rolle von Jufra als logistische Drehscheibe für Russland in
       Richtung Sudan und Zentralafrikanische Republik.
       
       In Ostlibyen sind nach Angaben des US-amerikanischen Institute for the
       Study of War 1.800 russische Kämpfer stationiert, dazu kommen Kontingente
       in den von russlandfreundlichen Militärregierungen regierten Sahelstaaten
       Mali, Niger und Burkina Faso – bis zu 2.000 in Mali und mehrere Hundert in
       den anderen beiden Ländern. In Malis Hauptstadt Bamako ist eine russische
       Militärbasis entstanden, in Niger sind russische Militärangehörige in die
       von den USA aufgegebenen Militärbasen eingerückt. Es hat Berichte über
       russische Militärausbilder in Burkina Faso und Tschad gegeben. Am ältesten
       ist die russische Militärpräsenz in der Zentralafrikanischen Republik, seit
       2018.
       
       Die Frage stellt sich nun, wie Russland seine Basen in Afrika versorgen
       kann, wenn Syrien ausfällt. Die kürzeste Meeresroute führt durch den
       Bosporus und ist wegen des Ukrainekrieges für Kriegsschiffe gesperrt.
       
       Flugzeuge aus Russland müssen Umwege über die iranischen und saudischen
       Lufträume nehmen. Alle Routen werden jetzt teurer. Nach Angaben
       französischer Militärexperten verhandelt Russland seit einem Jahr mit dem
       ostlibyschen Machthaber Haftar über eine Marinebasis an Libyens östlicher
       Mittelmeerküste, von Bengasi und Tobruk ist die Rede.
       
       ## Diskussionen zu Abkommen aufgenommen
       
       Die jahrelang auf Eis gelegte Umsetzung eines Abkommen zwischen Russland
       und Sudans Militärmachthaber al-Burhan über eine russische militärische
       Nutzung von Port Sudan am Roten Meer aus dem Jahr 2019 wird seit einigen
       Monaten ebenfalls wieder diskutiert.
       
       Ähnliche Diskussionen gibt es mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi,
       der sich von Russland ein Atomkraftwerk in Daba’a nördlich von Kairo bauen
       lässt. Seit 2017 nutzt Russland die nordwestägyptische Luftwaffenbasis Sidi
       Barrani nahe der libyschen Grenze zur Versorgung des russischen Afrikakorps
       in Libyen.
       
       16 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Schwerpunkt-Syrien/!t5007613
 (DIR) [2] /Libyen/!t5008603
 (DIR) [3] /Mali/!t5007483
 (DIR) [4] /Niger/!t5007878
 (DIR) [5] /Burkina-Faso/!t5007879
 (DIR) [6] /Sudan/!t5010699
 (DIR) [7] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) François Misser
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Russland
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Libyen
 (DIR) GNS
 (DIR) Baschar al-Assad
 (DIR) Sahelzone
 (DIR) Wladimir Putin
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Mali
 (DIR) Russland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Der Fall von Assad in Syrien: Eine Blamage für Putin
       
       In Syrien hat sich fast jeder geirrt: Putin, Assad, der Westen und die
       Ukrainer. So geht Moskau mit den neuen Machtverhältnissen um.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Ukraine laut Geheimdienst für Anschlag verantwortlich
       
       Ein russischer General wird in Moskau bei einer Explosion getötet. Russland
       spricht von Terror. Geheimdienstkreise in Kyjiw sprechen von
       Spezialeinsatz.
       
 (DIR) Umwälzungen in Syrien: Aufstieg und Fall der Familie Assad
       
       Zwischen Sozialismus und Islamismus regierte ein krimineller Clan mehr als
       50 Jahre in Syrien. Ein Stück Weltgeschichte.
       
 (DIR) Vorwürfe gegen die Ukraine: Malis Militärjunta mit Moskau
       
       Mali bricht die Beziehungen zur Ukraine ab. Hintergrund: Der Tod russischer
       Wagner-Kämpfer bei einem Rebellenhinterhalt.
       
 (DIR) Wagner-Nachfolger in Afrika: Afrikahilfe auf russische Art
       
       Wagner war nur ein Vorspiel: „Afrikakorps“ heißt Russlands neue Einheit,
       die Moskaus Interessen dort durchsetzen soll. Der Deal: Waffen gegen Gold.