# taz.de -- Wie alles begann …
       
       > Was war eigentlich vor Genossenschaft und Stiftung? Die Anfänge von Konny
       > Gellenbeck in der taz waren Abo-Abteilung und Knastabos
       
       Von Kalle Ruch
       
       Mitte der 1980er Jahre kam Konny Gellenbeck zur taz. Es war das Jahrzehnt
       nach dem „Deutschen Herbst“, in dem neue Initiativen und soziale Bewegungen
       die Gesellschaft verändern wollten. Greenpeace kam nach Deutschland, die
       Grünen traten als Partei an und wurden in Parlamente gewählt. Insbesondere
       der Kampf gegen die Atomkraft gab der täglich linken radikalen
       Tageszeitung, wie sie sich selbst beschrieb, Rückenwind. Durch den GAU im
       AKW Tschernobyl stieg die Zahl der taz-Abonnements in unerwartete Höhen,
       und es schien lohnenswert, sich um die Zukunft der taz zu kümmern.
       
       Konny kam von einer Bank, und ihr erster Arbeitsplatz in der taz war in der
       Abo-Abteilung. Die Abo-Abteilung und mit ihr Konny engagierten sich für die
       Stärkung der Selbstverwaltung mit egalitären Hierarchien. Die taz war
       damals ein Kollektiv, in dem oft über die Bedingungen der Arbeit diskutiert
       wurde.Viele Arbeiten, die heute an Dienstleister ausgelagert sind, etwa das
       Putzen, wurden damals von den Mitarbeitenden erledigt – oder auch nicht. So
       wurden Rechnungen für die vielen neuen Abos jede Woche von der
       Abo-Abteilung gedruckt und mit Briefumschlägen auf den großen
       Redaktionskonferenztisch der ehemaligen Kommune 1 gelegt, in der Hoffnung,
       dass die RedakteurInnen sich ihrer annehmen und sie eintüten würden.
       
       Man kann sich vorstellen, dass das nicht so gut klappte.
       
       Die Abo-Abteilung war erste Anlaufstelle für neue LeserInnen und sorgte für
       eine korrekte Belieferung und Abrechnung der Abonnements, die bei der taz
       den größten Anteil vom Umsatz ausmachten. Besondere LeserInnen waren
       Menschen in Gefängnissen, davon gab es in diesen Zeiten heftiger
       gesellschaftlicher Auseinandersetzungen auch aus dem linken Milieu
       reichlich. Konnys Engagement für „Knastabos“ führte bald zur Gründung eines
       gemeinnützigen Vereins „Freiabonnements für Gefangene e. V.“, der auch
       heute noch existiert und Menschen in Gefängnissen mit der taz und anderen
       Publikationen unterstützt.
       
       Die 1980er Jahre endeten für die taz mit einen Umzug ins alte Berliner
       Zeitungsviertel und dem Fall der Mauer, wenige Straßenecken vom neuen
       Verlagshaus entfernt. Der Euphorie folgte der Katzenjammer. Berlins
       Subventionen wurden gekürzt, Preise stiegen und der magere taz-Einheitslohn
       reichte zum Leben nicht mehr aus. Das Kollektiv taz musste handeln, und
       nach heftigen Auseinandersetzungen entschieden sich die tazlerInnen nicht
       für den Einstieg von Investoren oder großen Verlagen, sondern für die
       Gründung einer taz-Genossenschaft.
       
       Dass diese Genossenschaft die taz nicht nur gerettet hat, sondern auf lange
       Sicht eine dauerhafte Erfolgsgeschichte wurde, ist vor allem Konny zu
       verdanken. Nach dem Anfangserfolg der Genossenschaft kam eine Phase der
       Stagnation der Geschäfte – bis Konny ein engagiertes Genossenschaftsteam
       entwickelte und es damit schaffte, über ein Vierteljahrhundert eine solide
       Eigenkapitalbasis der taz aufzubauen. Mehr als 23.000 GenossInnen halten
       über 23 Millionen Euro Genossenschaftskapital. Zur Finanzierung des
       taz-Neubaus in der Friedrichstraße motivierte Konny die GenossInnen, sich
       in kürzester Zeit mit weiteren 7 Millionen Euro stillen Einlagen zu
       beteiligen, das Geld war selbstverständlich in der geplanten Frist
       zusammen.
       
       Aber Geld allein ist nicht alles. Hinter der taz stehen heute tausende
       EigentümerInnen, die in Zeiten der Transformation medialer Geschäftsmodelle
       durch die nachhaltige Kommunikation des Genossenschaftsteams jederzeit in
       der Lage und bereit sind, die taz aktiv zu unterstützen.
       
       Konny wäre nicht Konny, wenn sie sich damit zufriedengegeben hätte. Es
       musste noch etwas dazukommen. Dazu lieferte Jochen Rädecker von der Agentur
       Strichpunkt die Leitidee: „taz tut gut!“
       
       Neben dem Journalismus unter der Marke taz und dem Unternehmen
       taz-Genossenschaft gibt es seit 15 Jahren als drittes Standbein die von der
       Genossenschaft gegründete gemeinnützige taz Panter Stiftung, mit der die
       taz vieles von dem weitergeben kann, was sie in Jahrzehnten an Solidarität
       erfahren hat. „Solidarische Methode“ nannte es Klaudia Wick, ehemalige
       Chefredakteurin der taz und eine langjährige Ratgeberin von Konny.
       
       Konnys Wirken und Werben für die taz-Genossenschaft hat die
       Genossenschaftsidee, dieses Weltkulturerbe, in neuen Kreisen populär
       gemacht. Heute gibt es bunte und grüne Genossenschaften in vielen
       Bereichen, der Fußballbundesligist FC St. Pauli bringt gerade eine an den
       Start, und auch Schalke 04 will einen solchen Weg gehen.
       
       Am wichtigsten für die taz ist aber die Kraft der Genossenschaft nach
       innen. Nach den heftigen Auseinandersetzungen bei der Gründung der
       taz-Genossenschaft haben sich auch die, die diesen Weg damals falsch
       fanden, längst damit versöhnt.
       
       Auch das ist zuallererst Konnys Verdienst – Danke dafür, Konny.
       
       Kalle Ruch ist Co-Gründer der taz, war Geschäftsführer bis 2019,
       mitentscheidend für die Gründung der taz-Genossenschaft und
       hauptverantwortlich für den Bau des neuen taz-Hauses in der Berliner
       Friedrichstraße.
       
       5 Dec 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kalle Ruch
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA