# taz.de -- Stress bei den Grünen in Hessen: Rücktritt nach teurer Lobbyreise
       
       > Es kracht im für die Grünen wichtigen Landesverband Hessen: Die
       > Vorsitzende Anders wirft ihrer Partei Intransparenz und unzulässige
       > Zuwendungen vor.
       
 (IMG) Bild: Zurückgetreten: Hessens bisherige Grünen-Chefin Kathrin Anders
       
       Frankfurt am Main taz | Die Grünen-Co-Landesvorsitzende Kathrin Anders hat
       am Montag ihren sofortigen Rücktritt angekündigt. Die 42-jährige
       Politikerin aus Bad Vilbel habe „im Verlauf der letzten Wochen erkennen
       müssen, dass innerhalb unserer Partei Strukturen existieren, die nicht
       immer den Prinzipien von Transparenz, Offenheit und Respekt entsprechen“,
       begründete sie den Schritt. Entscheidungen würden häufig in kleinen Kreisen
       getroffen, wichtige Informationen bewusst zurückgehalten und Diskussionen
       liefen oft unsachlich ab.
       
       Auslöser für Anders’ Rücktritt waren die umstrittenen Auslandsreisen ihres
       Co-Landesvorsitzenden Andreas Ewald. Der hatte in diesem Jahr zwei
       Auslandsreisen unternommen, die Verdacht auf unzulässige Parteispenden
       weckten: Im Frühjahr nahm er an einem Programm teil, das vom
       US-Außenministerium finanziert wurde, und reiste zudem auf Einladung der
       proisraelischen Organisation European Leadership Network (Elnet) nach
       Israel. Die Kosten für beide Reisen beliefen sich auf 25.000 Euro. Anders
       kritisierte, dass diese Reisen nach dem Parteiengesetz als Spenden hätten
       deklariert werden müssen. Andernfalls drohten der Partei hohe Strafen.
       
       Der Landesvorstand hat in der letzten Woche noch Vorwürfe zurückgewiesen:
       Es habe sich um eine Privatreise gehandelt. Dazu stellten die Grünen den
       Schriftwechsel mit der Bundestagsverwaltung online, die um eine
       Einschätzung gebeten worden war. Die Bundestagsverwaltung hatte bestätigt,
       dass keine Bedenken gegen die parteienrechtliche Zulässigkeit der Reisen
       bestünden. „Unsere Partei hat durch die Fremdfinanzierung der Reisen keine
       Einnahme erzielt“, hieß es.
       
       Anders warf dem restlichen Vorstand jedoch mangelnde Transparenz vor:
       Wichtige Unterlagen wie detaillierte Kostenaufstellungen, Angaben zum Bezug
       zur politischen Tätigkeit und Details zur USA-Reise seien nicht vorgelegt
       worden. „Andreas Ewald hat diese Reisen in seiner Funktion als
       Landesvorsitzender absolviert“, so Anders. „Sie nun als Privatsache
       abzutun, ist grotesk und widerspricht den Tatsachen.“ Die [1][Frankfurter
       Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete], dass Ewald in der Korrespondenz mit
       dem US-Generalkonsulat explizit als Parteivorsitzender aufgeführt worden
       sei. In der Delegationsmappe sei er als „Chairman of Alliance 90/The Greens
       in the State of Hesse“ bezeichnet worden.
       
       ## Ewald will sein Amt erst nach den Wahlen aufgeben
       
       In ihrem Rücktrittsschreiben erinnerte Anders daran, dass Reisen, die als
       geldwerter Vorteil bewertet werden, Zuwendungen an die Partei darstellen
       könnten. „Solche Zuwendungen durch gemeinnützige Organisationen oder
       Staaten außerhalb der EU sind unzulässig“, so Anders. Deswegen könne sie
       die bei den Grünen aktuell „notwendige Veränderung und die
       Wiederherstellung des Vertrauens nicht vorantreiben“. Mit Blick auf
       Strafanzeigen gegen Vorstände und Prüfungen durch die Staatsanwaltschaft
       sehe sie sich nicht in der Lage, den Reformprozess mit der erforderlichen
       Glaubwürdigkeit zu führen.
       
       Anders und Ewald waren erst Anfang des Jahres als Landesvorsitzende gewählt
       worden. Der verbleibende Vorstand kündigte an, sich nun auf den
       Bundestagswahlkampf zu konzentrieren. Nach der Wahl will der Vorstand den
       Weg für neue Vorstandswahlen frei machen. Ewald will sein Amt dann aufgeben
       – könnte aber [2][als möglicher Nachrücker in den hessischen Landtag weich
       fallen]: Am kommenden Samstag werden die hessischen Grünen in Marburg ihre
       Landesliste aufstellen. Unter anderem sollen Omid Nouripour und Tarek
       Al-Wazir gute Listenplätze erhalten, Ewald könnte dann nachrücken.
       
       10 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/auslandsreisen-von-gruenen-chef-ewald-dokumente-belegen-taeuschungsversuch-110158517.html
 (DIR) [2] https://www.spiegel.de/politik/hessischer-gruenen-chef-ewald-will-sein-amt-erst-naechstes-jahr-aufgeben-a-5d991115-b0cb-4b10-9fe7-c4bcdfe5d1d7
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Yağmur Ekim Çay
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Grüne Hessen
 (DIR) Hessen
 (DIR) Bündnis 90/Die Grünen
 (DIR) Polizei Hessen
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
 (DIR) Grüne Europa
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Hessen beschließt Polizeigesetz: Kommissar KI ermittelt
       
       Hessens Regierung stattet Überwachungskameras mit Künstlicher Intelligenz
       aus und sieht sich als Vorreiter. Für die Opposition ist das ein Skandal.
       
 (DIR) Schwarz-Grün als Option nach der Wahl: Söder, sei still!
       
       Die CDU liegt in Wahlumfragen vorne. Sollte das so bleiben, wäre sie
       schlecht beraten, eine schwarz-grüne Koalition nicht in Erwägung zu ziehen.
       
 (DIR) Kongress Eupäischer Grüner in Irland: Europas Grüne lecken ihre Wunden
       
       Europas Grüne mussten bei den EU-Wahlen eine herbe Niederlage einstecken.
       Jetzt suchen sie nach neuen Ansätzen gegen Klimakrise und Rechtsruck.
       
 (DIR) Grüne in Baden-Württemberg: Stimmung besser als die Lage
       
       Die Grünen in Baden-Württemberg feiern pflichtschuldig ihren neuen
       Spitzenkandidaten Cem Özdemir. Er will Kretschmann als Ministerpräsident
       beerben.