# taz.de -- Die Wahrheit: Atemlos in Mettmann
       
       > Völker, schaut auf diese Kreisstadt! Eine Reise in die Vergangenheit ist
       > immer auch eine Reise in die Zukunft.
       
       Nicht in Bayern oder Berlin, sondern in Nordrhein-Westfalen werden die
       Bundestagswahlen entschieden. Denn da gibt es die meisten Einwohner, das
       lernte ich schon als Kind. Und weil der größte Kreis von NRW Mettmann
       heißt, ging ich dort durchaus mit Stolz zur Schule. Die Kommunalwerbung „ME
       = Mehr Erleben!“ gefiel mir auch gut. ME ist das Nummernschild, und
       KFZ-Zeichen waren wichtig. Immer wenn wir mit dem Autoquartett fertig
       waren, schrieben mein Bruder und ich alle Wagen vor dem Haus auf.
       Vielleicht hat er die Hefte noch.
       
       In der Regiobahn nach ME saß neulich ein Kind entgegen der Fahrtrichtung
       und rief: „Wenn man so sitzt, ist alles schon vorbei. Aber man sieht noch
       lange, was schon vorbei ist.“ Ein gelungener Auftakt zum Ehemaligen-Treffen
       in meiner alten Schule.
       
       Wie Geheimagenten murmelten wir auf dem Hof zur Begrüßung unsere Namen. Die
       meisten waren ihrem Style treu geblieben. Doch Körper ändern sich, während
       die tausendfach verlesenen Schülernamen im Hirn kleben bleiben wie die
       Schlager der Hitparaden. Bei den ersten Klängen machte es Klick, und wir
       sahen, was eigentlich vorbei war, krasser Blick entgegen der Fahrtrichtung.
       
       Ein frischer Direktor zeigte uns frische Gebäude. Es ist die einzige
       Konrad-Heresbach-Schule auf der Welt. K. H. war ein „früher Humanist“, der
       Mettmann sehr früh, nämlich 1503 im Alter von nur sieben Jahren, verließ.
       Wir hatten darauf ja bis zum 18. Lebensjahr warten müssen. Heutzutage gab
       es in der 6. Klasse Drohnen-Workshops, und spätestens dann fingen die
       Schüler und Schülerinnen an, ihre Abschlussfeier zu planen, erklärte der
       Direx.
       
       ## Popper poppen
       
       Wir waren da früher unkompliziert und eher mit der Entscheidung
       beschäftigt, ob wir Popper, Hippie, Punk oder doch besser Normalos sein
       wollten. Es war zudem die große Zeit des Tanzsports: Pogo, Klammerblues und
       Polonaise. Egal, Hauptsache, mehr erleben.
       
       Nach dem Rundgang durften wir uns in ein Klassenzimmer verziehen. Weitere
       Absprachen waren wie einst nicht nötig. Wir packten Chips, Luftschlangen,
       Cola- und Bierdosen aus. Raum so dunkel wie möglich. Lief wie geschmiert,
       so wie der Recorder mit den Supersongs „Eisgekühlter Bommerlunder“,
       „Atemlos durch die Nacht“ und „Samba Pa Ti“. Herrlich. Alles wie immer.
       
       In diesem Jahr haben wir uns nun erstmals auch für den Blotschenmarkt
       verabredet. So wird in ME der Weihnachtsmarkt genannt, weil die Menschen
       hier lange Zeit in riesigen Holzschuhen namens Blotschen umherliefen. In
       eben diesen wollen wir „Atemlos durch die Nacht“ auf der dortigen Bühne
       tanzen, zu Ehren der Konrad-Heresbach-Absolventin Kristina Bach, eigentlich
       Kerstin Bräuer, von der Komposition und Text sind.
       
       Ehrlich wahr. Helene Fischer hat das Lied nur übernommen, weil sie, so wie
       wir, unbedingt mal mehr erleben wollte. Hat dann ja auch geklappt. Leute,
       nicht nur wegen der anstehenden Wahlen im Februar, nein, schon jetzt:
       Schaut auf diese Stadt, Kreisstadt Mettmann!
       
       29 Nov 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudia Römer
       
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