# taz.de -- Mitgliederboom in Sportvereinen: Fein im Verein
       
       > Nach dem Coronatrauma stürmen die Menschen förmlich die Sportvereine. Der
       > Sportbund vermeldet Rekordzahlen. Über 28 Millionen sind es bereits.
       
 (IMG) Bild: Zuwächse auch im Baseball: Nachwuchskraft am Schlag
       
       Corona hat die Menschen verändert. In vielerlei Hinsicht. Sie haben nun
       auch ein etwas anderes, wacheres Verhältnis zu ihrem Körper. Der stand fast
       drei Jahre unter besonderer Beobachtung, und viele haben nicht selten
       obsessiv versucht, sich gesund zu erhalten, was schwierig war, wenn der
       normale Sportbetrieb im Verein nicht mehr möglich war, weil diese oder jene
       Verordnung galt.
       
       In anderen Worten: Die Menschen haben in dieser schwierigen Zeit den Wert
       des Sports wieder für sich entdeckt. Das mag für die individuelle Bewegung
       gelten, aber auch für den institutionalisierten Sport, [1][der in den
       Coronajahren einen Alarm nach dem anderen schlug] und fast nur negative
       Zahlen präsentierte.
       
       Das ist nun anders. Der Deutsche Olympische Sportbund DOSB meldet Erfolge.
       Über 28 Millionen Menschen sind hierzulande in Klubs oder Vereinen
       eingeschrieben und treiben in der Gemeinschaft Sport. Konkret sind es nun
       28,76 Millionen Mitgliedschaften, gut 890.000 (3,2 Prozent) mehr als im
       Vorjahr.
       
       Seit 2023 ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen und überhaupt sind noch
       nie so viele Menschen seit 1954 in Sportvereinen aktiv gewesen. Corona hat
       sich für den DOSB also als Motor erwiesen. Man geht wieder in den Verein.
       Die Presseagenturen schreiben, der Vereinssport habe „ein starkes Comeback
       hingelegt“.
       
       ## Wider den Trend: Eisschnelllauf
       
       Er wirkt möglicherweise nicht mehr so verstaubt wie noch vor vier, fünf
       Jahren. Der Wert der Gemeinschaft ist gestiegen, man verausgabt sich nun
       wieder gern im Kollektiv, schätzt den Schnack und das Bier danach. Dass
       diese Erkenntnis erst in einer drastischen Phase von Verbot und Gängelung
       reifte, ist ziemlich schade und so sind es [2][gerade Kinder und
       Jugendliche, die nun in die Vereine streben].
       
       Auch das ist nur allzu verständlich, litten doch sie besonders unter
       Vereinzelung infolge von Lockdown und Schulschließung. Die Zuwächse bei den
       Jungen liegen teilweise im zweistelligen Bereich, auch die Mittelalten
       machen wieder deutlich mehr Sport im Verein.
       
       [3][In der sogenannten Bestandserhebung des DOSB] ist nachzulesen, dass sie
       alle nun sehr gern zum Wellenreiten gehen, in den Dart-Verein, zum Billard
       und Cheerleading, Kickboxen, Basketball, Eishockey oder Tanzen. Fast
       überall geht die Zahl der Mitgliedschaften nach oben, nur zwei Sportarten
       stemmen sich gegen den Trend: Eisschnelllauf und Skibob.
       
       [4][Während das Skibobfahren als nichtolympische Disziplin] eh am Rande
       steht, ist der olympische Eisschnelllauf, früher verlässlicher Zulieferer
       von Olympiamedaillen, seit Jahren in der Krise – unabhängig von Corona. Die
       Krise konnte mitnichten vom Präsidenten der DESG, der Deutschen
       Eisschnelllauf und Shorttrack Gemeinschaft, gebremst werden. Im Gegenteil.
       Seit Matthias Große im Amt ist, verlassen den eigentlich schönen Sport mehr
       Athletinnen und Athleten als hinzukommen: 2023 verlor die DESG 381 Sportler
       (15,81 Prozent), im Folgejahr 6 (0,3 Prozent). Der Sportbund sollte genauer
       hinschauen, was dort schiefläuft und insbesondere auf Finanztransparenz
       drängen.
       
       Dadurch wird die Gesamtbilanz des DOSB natürlich nicht windschief, nein,
       und da Corona nicht nur eine kleine, ephemere Episode war, sondern
       buchstäblich unter die Haut ging, dürfte sich der Trend fortsetzen. Der
       Mensch als geselliges Wesen will sich vergemeinschaften und damit er das
       bis ins hohe Alter tun kann, treibt er nun mal Sport. Der Verein, und das
       soll jetzt bitte nicht verquast oder nach Funktionärsprosa klingen, ist
       dafür nicht der schlechteste Ort.
       
       3 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.deutschlandfunk.de/vereinsentwicklung-deutschland-corona-100.html
 (DIR) [2] https://www.helmholtz.de/newsroom/artikel/bewegungsmangel-bedroht-die-kindliche-gesundheit/
 (DIR) [3] https://cdn.dosb.de/user_upload/www.dosb.de/uber_uns/Bestandserhebung/DOSB-Bestandserhebung_2024.pdf
 (DIR) [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Skibob
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Press-Schlag
 (DIR) DOSB
 (DIR) Sportvereine
 (DIR) Sportvereine
 (DIR) Sport
 (DIR) Kolumne Olympyada-yada-yada
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Engagement in Vereinen: Was passiert, wenn keiner richtig mitmachen will
       
       Für Vereine ist es bedrohlich, wenn niemand mehr verbindlich sein will. Das
       ist fatal, denn sie sind so etwas wie eine kleine Demokratie.
       
 (DIR) Hamburger Verein Sportspaß in der Krise: Zu wenig App, Look and Feel
       
       Hamburgs großer Freizeitsportverein „Sportspaß“ schreibt rote Zahlen. Der
       Klub kommt bei jungen Menschen nicht an – die greift ein Berliner Start-up
       ab.
       
 (DIR) Medaillenspiegel Olympische Spiele: Das Goldlöckchenmodell
       
       Normalerweise führt den Medaillenspiegel an, wer am meisten Goldmedaillen
       hat. Eine andere Betrachtung ist möglicherweise fairer.
       
 (DIR) Deutsche Olympiaträume: Und noch ein Anlauf
       
       In Paris hinterlegt Innenministerin Faeser den Wunsch des deutschen Sports,
       2040 auch in die tolle olympische Bilderproduktion einzusteigen.
       
 (DIR) Erster DDR-Olympiasieger: Der boxende Maschinenschlosser
       
       Wolfgang Behrendt holte das erste Olympiagold für die DDR, doch bekannt
       wurde der heute 88-jährige Berliner als Sportfotograf.