# taz.de -- St. Paulis Heimniederlage gegen Mainz: Lernen unter Druck
       
       > Der FC St. Pauli verliert auch gegen Mainz 05 deutlich. Gerade mit Teams,
       > die am ehesten auf Augenhöhe sein sollten, tun sich die Hamburger schwer.
       
 (IMG) Bild: Blieb mit seinen Torabschlüssen glücklos: St. Paulis Kapitän Jackson Irvine
       
       Hamburg taz | Das Wort „lernen“ gebrauchte [1][St. Paulis Trainer Alexander
       Blessin] nach der 0:3-Niederlage gegen Mainz 05 bestimmt zehnmal in zehn
       Minuten, nicht selten in Verbindung mit dem Adjektiv „schnellstmöglich“.
       Die Rheinhessen hatten den Hamburgern im ausverkauften Millerntorstadion
       eine Lehrstunde in Sachen Effizienz erteilt. Aus drei Chancen hatten sie
       drei Tore gemacht und St. Pauli damit den Stecker gezogen.
       
       Zu den ersten beiden Treffern hatte St. Pauli den Gegner förmlich
       eingeladen. „Da haben wir schöne Geschenke verteilt“, meinte Blessin,
       nachdem ausgerechnet die Erfolgsgaranten der vergangenen Wochen gepatzt
       hatten: Keeper Nikola Vasilj, in der Vorwoche in Freiburg mit einem
       gehaltenen Elfmeter noch der Matchwinner, war zögerlich aus seinem Tor
       gelaufen und hatte sich von Jonathan Burkardt zum 0:1 überlupfen lassen;
       der gerade erstmals in die schwedische Nationalelf berufene Abwehrchef Eric
       Smith hatte mit einem schlimmen Fehlpass das 0:2 durch Armindo Sieb
       eingeleitet.
       
       Da war eine Viertelstunde gespielt und St. Paulis Matchplan im Eimer. Dass
       seine Spieler danach mutig weitermachten und den Mainzern optisch in allen
       Belangen überlegen schienen, daraus wollte Blessin später Hoffnung
       schöpfen. Dass das in der zweiten Halbzeit kaum mehr der Fall war, gab er
       jedoch unumwunden zu. Und daraus kann man Ernüchterung ableiten.
       
       St. Pauli schien gerade in der Ersten Bundesliga angekommen zu sein: Am
       Millerntor war vor zwei Wochen der erste Punktgewinn ausgerechnet gegen die
       Intimfeinde von RB Leipzig gelungen und die St. Paulianer hatten sich
       hinterher ärgern müssen, gegen den Champions-League-Teilnehmer nicht
       gewonnen zu haben.
       
       ## Trainer Blessin handelte gegen seine Überzeugung
       
       Das gelang dann eine Woche später mit einem 3:0 beim SC Freiburg zumindest
       vom Ergebnis her auf eindrucksvolle Weise, auch wenn St. Pauli davon
       profitierte, dass die Freiburger den ihnen zugesprochenen Elfmeter nicht
       nutzen konnten und ihnen ein Tor wegen Abseits aberkannt wurde.
       
       In Freiburg hatte Blessin, der auf den [2][nach Brighton abgewanderten
       Aufstiegstrainer Fabian Hürzeler] gefolgt war, erstmals gewissermaßen gegen
       seine Überzeugung gehandelt: Von Beginn an brachte er die Flügelzange aus
       Elias Saad und Oladapo Afolayan zum Einsatz. Die beiden nahmen die
       Freiburger ähnlich auseinander wie in der Vorsaison das Gros der
       Zweitliga-Teams, schossen auch alle drei Tore selbst.
       
       Dem war eine lange Debatte vorangegangen. Blessin bevorzugt eine
       defensivere Grundordnung mit einer Doppelspitze und ließ die Flügelstürmer
       meist lange außen vor. In Freiburg schien es, als hätte er sich der Macht
       des Faktischen gebeugt; einfach die Spieler rangelassen, die die größte
       individuelle Klasse mitbringen – und auch sie dazu gebracht, defensiv für
       alle anderen mitzuackern.
       
       Gegen Mainz nun der Rückschlag, der ernste Zweifel an der
       Bundesligatauglichkeit des Kaders sät: Die Systemumstellung scheint
       verpufft zu sein, Saad und Afolayan liefen sich häufig fest, spielten
       manche Flanke eine Spur zu spät – und defensiv wies St. Pauli bedenkliche
       Lücken auf.
       
       Bedenklich auch, dass das Team sich vor allem mit den bescheideneren
       Mannschaften der Liga schwertut. Intern sieht man sich neben
       [3][Mitaufsteiger Holstein Kiel] am ehesten mit Bochum, Augsburg, Mainz und
       Heidenheim auf Augenhöhe. Gegen drei dieser Teams hat es jetzt schon klare
       Niederlagen gesetzt, zwei davon vor dem euphorisierten Publikum am
       Millerntor, das gegen Mainz auch schon deutlich stiller wurde als zuletzt
       gegen Leipzig.
       
       Auf St. Pauli müssen sie sich nun fragen, wo eigentlich die Punkte
       herkommen sollen, um den direkten Wiederabstieg zu vermeiden. Blessin hat
       recht: Die Mannschaft muss aus ihren Fehlern lernen, und zwar
       schnellstmöglich. Ob die anstehende Länderspielpause dafür eine gute
       Gelegenheit ist, scheint fraglich: Ein Großteil des Teams wird physisch wie
       mental ganz woanders sein. Den Daheimgebliebenen wird es schlimmstenfalls
       ergehen wie dem Coach. Der bekannte, er werde die Niederlage jetzt zwei
       Wochen lang mit sich rumschleppen. Anders als den Sieg in Freiburg: „Das
       war nur ein Tag.“
       
       6 Oct 2024
       
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 (DIR) Jan Kahlcke
       
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