# taz.de -- Prozess gegen Querdenken-Gründer: Ups, wo sind die Spenden hin?
       
       > Querdenker-Gründer Michael Ballweg schweigt an seinem ersten Prozesstag
       > vor Gericht. Die mediale Aufmerksamkeit aber scheint ihm sehr recht zu
       > sein.
       
 (IMG) Bild: Der „Querdenken“-Initiator Michael Ballweg steht wegen versuchten Betrugs vor Gericht
       
       Stuttgart/taz | [1][Michael Ballweg] ist sichtlich bewegt – von sich selbst
       und der Aufmerksamkeit, die ihm nach langer Zeit wieder zuteilwird: Der
       Prozessauftakt sei ein „wichtiger Tag für Deutschland“ gewesen, er gehe
       durch den Strafprozess als „leuchtendes Vorbild“.
       
       Das erklärt der Gründer der Bewegung „Querdenker 711“ am ersten Prozesstag
       nicht dem Gericht, sondern der Öffentlichkeit in der anschließenden
       improvisierten Pressekonferenz. Im Saal schweigt der 49-jährige, der noch
       im Gefängnis Interviews gegeben und bei den Ermittlungen Aussagen gemacht
       hatte. So wird es ein relativ kurzer erster Prozesstag am Stuttgarter
       Landgericht im Betrugsverfahren gegen den Kopf der Querdenker, der in der
       Corona-Zeit zwischen 2020 und 2022 zeitweise Zehntausende zu [2][Protesten
       gegen die Coronamaßnahmen] mobilisieren konnte.
       
       Versuchten Betrug in 9450 Fällen sowie fünffache Steuerhinterziehung, wirft
       die Staatsanwaltschaft Ballweg vor und fordert, über eine Million Euro bei
       ihm einzuziehen. Schon nach den ersten Demonstrationen soll er im Mai 2020
       auf der Webseite seiner Bewegung um Schenkungen von höchstens „19.999 Euro“
       gebeten haben. Spendenquittungen könne er dafür nicht ausstellen. Das Geld,
       stand dort laut Staatsanwaltschaft zu lesen, solle unmittelbar der Bewegung
       zugutekommen. Er selbst wie sein Team arbeiteten „zu hundert Prozent
       ehrenamtlich“, sogar seine Reisekosten zahle er selbst. In Wirklichkeit
       habe Ballweg in der Zeit mindestens 575.329 Euro auf diverse private Konten
       und eine von ihm gegründete Familienstiftung, die seine Frau und Kinder
       begünstigt, umgeleitet haben. Kontrolle gab es keine, auf das Konto der
       Bewegung habe er als einziger Zugriff gehabt. Immer wieder habe er
       beteuert, daran zu arbeiten, die Bewegung als Verein gemeinnützig zu
       machen. Die Staatsanwaltschaft erklärt, dazu keine ernsthaften
       Anstrengungen gefunden zu haben.
       
       Zu den Vorwürfen will sich Ballweg bis auf Weiteres vor Gericht nicht
       äußern, obwohl, wie sein Anwalt sagt, er ein „großes Interesse“ daran habe,
       dass die Vorwürfe aus der Welt kommen. Das Gericht hatte zwei Tage für
       seine Einlassungen eingeplant. Aber selbst das erwartete
       Eröffnungs-Statement von Ballwegs Verteidiger Reinhard Löffler fällt aus.
       Es geht an diesem Tag offenbar mehr um die Rechtfertigung vor der
       Öffentlichkeit als darum, das Gericht von der Unschuld des Mandanten zu
       überzeugen.
       
       ## Ballweg hat kein Konto mehr
       
       Im Rechtsanwaltsteam von Ballweg führt außerhalb des Gerichtssaals
       Alexander Christ das Wort. Der Berliner Anwalt hat selbst ein Buch mit dem
       Titel „Corona-Staat“ geschrieben. Er nennt die Anklageschrift vor den
       Mikrofonen ein „Erzählwerk“, das als Anklage nicht tauge. Er sehe sowohl
       faktische Fehler als auch Fehler in der rechtlichen Würdigung, erklärt
       Christ. Dabei hat er kein Verteidigungsmandat. Das haben, so stellt es das
       Gericht zu Beginn der Verhandlung ausdrücklich fest, die drei anderen
       Anwälte. Sie schweigen jedoch vor den Kameras. Man fragt sich auch, wer
       dieses Anwaltsteam, zu dem auch der Querdenker-Jurist Ralf Ludwig gehört,
       eigentlich bezahlt. Ballweg selbst jedenfalls sagt, er bekomme aufgrund der
       Vorwürfe kein Bankkonto mehr.
       
       So groß die Medienaufmerksamkeit von Fernsehen bis zum Wutbürger-Medium
       Nius am ersten Prozesstag ist, so verhältnismäßig wenige von Ballwegs
       Unterstützern sind in den Gerichtssaal gekommen. Möglicherweise auch
       deshalb, weil der harte Kern der 9.500 Spender als potenzielle Zeugen im
       Prozess nicht dabei sein dürfen.
       
       33 Prozesstage bis weit ins nächste Jahr hat das Gericht angesetzt, der
       Prozess wird wohl sehr kleinteilig untersuchen, welche Kontenbewegungen
       rechtens waren, und mit welchem Vorsatz Ballweg sie getätigt haben könnte.
       Die Staatsanwaltschaft gibt zu, dass viele Spender, die als Zeugen befragt
       wurden, sich nicht getäuscht fühlen. Für die juristische Würdigung ist das
       aber nicht relevant.
       
       2 Oct 2024
       
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