# taz.de -- Start der Fällsaison: „Als Ultima Ratio die Polizei“
       
       > Der Herbst bringt Sägen: Baumschutzexperte Uwe Bahr vom BUND Berlin
       > erklärt, was im Falle des Fällens getan werden kann.
       
 (IMG) Bild: Der Herbst bringt fallende Blätter – und kreischende Sägen
       
       taz: Heute beginnt wieder die sogenannte Fällperiode. Viele BerlinerInnen
       werden dann aufgeschreckt, wenn Trupps mit Kettensägen anrücken, um Bäume
       in ihrer Straße, in der Grünanlage oder in ihrem Hof zu fällen. Was können
       sie dann tun? 
       
       Uwe Bahr: Ja, es kommt immer wieder vor, dass Anwohner in heftige
       Diskussionen mit den Mitarbeitern einer Baumpflegefirma geraten. Ich
       empfehle, die nett zu fragen, ob sie eine Fällgenehmigung dabeihaben. Dann
       kann es durchaus sein, dass sie die vorzeigen.
       
       taz: Müssen sie auf Nachfrage ihre Genehmigung vorlegen? 
       
       Bahr: Nein, müssen sie nicht, aber wenn man freundlich und ohne
       Vorverdächtigung fragt, werden sie das in aller Regel tun. Die wollen ja
       auch ihre Arbeit in Ruhe durchführen. Wenn sie nicht reagieren und Ihnen
       die Sache dubios vorkommt, sollten Sie beim zuständigen Amt nachfragen –
       das ist das Straßen- und Grünflächenamt bei Baumarbeiten im öffentlichen
       Bereich und das Umwelt- und Naturschutzamt, wenn es sich um ein privates
       Grundstück handelt.
       
       taz: Und die Ämter haben eine Auskunftspflicht? 
       
       Bahr: Laut Umweltinformationsgesetz hat jeder Bürger das Recht, Umweltdaten
       zu erfragen. Viele Menschen scheuen sich leider, beim Amt anzurufen. Da
       gibt es so eine Schwellenangst, die Sorge, dass man nicht ernst genommen
       wird und keine vernünftige Auskunft bekommt. Aber obwohl ich das auch schon
       erlebt habe, ist es nicht der Normalfall.
       
       taz: Und wenn ich das Amt nicht erreiche? 
       
       Bahr: Als ultima ratio können Sie die Polizei rufen, damit die den
       Sachverhalt klärt.
       
       taz: Muss denn für jede Fällung eine Genehmigung vorliegen? 
       
       Bahr: Nein, das kommt darauf an. Genehmigungspflichtig ist erst einmal die
       Fällung aller Bäume, die unter die Berliner Baumschutzverordnung fallen:
       Das sind grundsätzlich alle Laubgehölze, von den Obstbäumen allerdings nur
       Walnuss und Türkischer Baumhasel. Bei den Nadelbäumen ist lediglich die
       Waldkiefer geschützt. Außerdem gilt die Verordnung erst ab einem
       Stammumfang von 80 Zentimetern in einer Höhe von 1,30 Meter. Was untermaßig
       ist, kann ohne Genehmigung gefällt werden – das muss man wissen, da gibt es
       natürlich auch oft Irritationen.
       
       taz: Wird denn oft illegal gefällt? 
       
       Bahr: Es kommt auf jeden Fall vor, aber man muss das ja erst mal
       herausfinden. Wenn es niemandem auffällt, geht das einfach durch.
       
       taz: Informieren die Bezirksämter rechtzeitig darüber, wann und wo ein Baum
       gefällt werden soll? 
       
       Bahr: Treptow-Köpenick ist leider der einzige Bezirk, der damit vorbildlich
       transparent umgeht. Die kündigen das auf ihren Internetseiten an, mit
       Straße, Katasternummer, Baumart und dem Grund der Fällung. Die anderen
       Bezirke handhaben das unterschiedlich, es gibt da auch zum Teil Fälllisten,
       die aber oft nicht aktuell sind.
       
       taz: Die Fällperiode endet offiziell wieder am 1. März. Aber auch dann
       kommt es immer mal wieder zu Fällungen oder Schnittarbeiten, richtig? 
       
       Bahr: Das Bundesnaturschutzgesetz und die Berliner Baumschutzverordnung
       definieren Ausnahmen während der Vegetationsperiode. Einerseits natürlich
       zur Verkehrssicherung, also wenn etwa Gefahr droht, dass ein Baum umstürzt
       oder Äste abbrechen. Es gibt aber auch den sogenannten Fassadenrückschnitt
       – und der ist in der Vegetationsperiode sogar sinnvoll.
       
       taz: Warum? 
       
       Bahr: Der Baum kann Schnittwunden dann besser heilen. Wenn er Saftstrom
       hat, kann er die Substanzen, die er zu Wundheilung braucht, an diese Stelle
       transportieren und sie etwa gegen das Eindringen von Pilzsporen abschotten.
       Im Herbst oder Winter wäre das viel problematischer.
       
       1 Oct 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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