# taz.de -- Krieg gegen die Ukraine: Moskau und der Winter drohen
       
       > Auch ohne weitere Waffen aus dem Westen hat Russland ein Problem. Seine
       > Angriffe auf die Ukraine gehen trotzdem weiter.
       
 (IMG) Bild: US-Außen- minister Antony Blinken (rechts) und der britische Außenminister David Lammy (links) auf dem Weg nach Kyjiw
       
       Kyjiw taz | Wenn am Kyjiwer Hauptbahnhof der Zugang zu Gleis 1 von der
       Polizei gesperrt ist und dahinter sportliche Männer mit Sonnenbrillen
       schwarze Limousinen bewachen, wissen die Einheimischen, dass prominenter
       Politikerbesuch in der ukrainischen Hauptstadt eintrifft.
       
       Am Mittwochmorgen war es mal wieder so weit. Wann genau und wer kommt,
       wurde wie üblich nicht bekannt gegeben. Taxifahrer Ruslan ist ratlos: die
       Absperrungen vermasseln ihm buchstäblich die Tour. Ampeln sind
       ausgeschaltet, Polizisten regeln den Verkehr von Hand. „Muss wichtig sein“,
       mutmaßt er und wischt auf seiner Navigations-App herum. „Genau weiß man das
       immer erst hinterher.“
       
       Tatsächlich kamen mit US-Außenminister Antony Blinken und seinem britischen
       Amtskollegen David Lammy hochrangige Besucher nach Kyjiw. Anlass war das
       Crimea Forum, eine Veranstaltung, die die von Russland besetzte Krim und
       ihre Befreiung in den Fokus rücken soll.
       
       Doch in den ukrainischen Medien stellte man sich vor allem die Frage, ob
       die Abgesandten der beiden wichtigen Verbündeten vielleicht etwas
       Nützliches für die Ukraine in ihrem Verteidigungskrieg mitbringen würden.
       
       ## Bittere Kommentare
       
       Es ging um die Frage, ob das angegriffene Land endlich auch weitreichende
       Waffen aus dem Westen gegen russisches Territorium einsetzen kann.
       [1][Bisher gibt es eine entsprechende Freigabe nur zur Abwehr des
       russischen Angriffs auf die Region Charkiw.] Doch die meisten der Angriffe
       auf ukrainische Städte und die Energieinfrastruktur gehen von Stützpunkten
       auf russischem Territorium aus. Kommentatoren in den sozialen Medien
       fragten schon bitter, welche Restriktionen denn für den Einsatz iranischer
       und nordkoreanischer Waffen gelten würden, die Russland gegen die Ukraine
       einsetzt.
       
       Konkret geht es um den Einsatz der Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow
       aus britischer Produktion. London würde der Ukraine das gern ermöglichen,
       allerdings nicht ohne Zustimmung aus Washington. In der ukrainischen
       Regierung wünscht man darüber hinaus die Freigabe auch für amerikanische
       Atamcs-Raketen. Die wären mit ihrer Streumunition ideal um geparkte Jets
       und Helikopter auf russischen Militärflugplätzen zu zerstören.
       
       Vermutlich werden die USA und Großbritannien nach einem Treffen von
       US-Präsident Joe Biden mit dem britischen Premier Keir Starmer am
       Freitagabend eine Entscheidung verkünden.
       
       In Moskau ist man sich sicher, dass die Entscheidung für eine Freigabe
       längst gefallen sei. Offenbar nimmt man die Frage im Kreml wichtig.
       Machthaber Wladimir Putin meldete sich persönlich zu Wort. Der Westen würde
       direkt mit Russland kämpfen, falls er der Ukraine erlaube, russisches
       Territorium mit Langstreckenraketen aus seiner Produktion anzugreifen. Die
       Angesprochenen zeigten sich allerdings wenig beeindruckt.
       
       Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) verwies darauf, dass der
       Einsatz durch das Völkerrecht gedeckt sei. Polens Ministerpräsident Donald
       Tusk sagte, Putins Drohungen zeigten eher die schwierige Lage, in der sich
       das russische Militär an der Front befinde. Möglicherweise lässt die
       Wirkung russischer Drohungen auch nach, weil Moskau ähnliches bei jeder
       Diskussion über Waffenlieferungen in den vergangenen zweieinhalb Jahren
       gesagt hatte.
       
       ## Russischer Vorstoß verlangsamt sich
       
       Die Lage an der Front ist derweil unübersichtlich: [2][In der russischen
       Region Kursk, in die die ukrainische Armee Anfang August eingerückt war,
       hat offenbar eine russische Offensive begonnen]. Doch es gibt auch berichte
       von ukrainischen Vorstößen. Im Donbas scheint sich der russische Vorstoß
       auf Pokrowsk zu verlangsamen.
       
       Wenn es um weitreichende Waffen geht, entwickelt sich für Russland
       zunehmend ein Problem – auch ohne westliche Systeme: So hatte es in dieser
       Woche den wohl bisher größten ukrainischen Drohnenangriff auf Russland
       gegeben. Unter anderem die Region Moskau wurde attackiert. Die dortigen
       Flughäfen mussten geschlossen werden. Selbst die 2000 Kilometer entfernte
       Polarregion Murmansk meldete, drei ukrainische Drohnen abgeschossen zu
       haben. Russlands Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur gehen
       unterdessen weiter. Die Luftwaffe hat nach eigenen Angaben 24 von 26
       Drohnen in der Nacht zum Freitag abgeschossen.
       
       Das ukrainische Energieministerium meldete, die Energieinfrastruktur in der
       Region Iwano-Frankiwsk sei beschädigt worden. Bereits jetzt ist klar, dass
       das Land im Winter mit erheblichen Schwierigkeiten bei der
       Energieversorgung zu kämpfen haben wird. Die Schätzungen reichen täglich 12
       bis 18 Stunden ohne Strom. Da dieser für den Betrieb von Pumpen nötig ist,
       könne die Blackouts auch Wasser- und Wärmeversorgung beeinträchtigt sein.
       
       13 Sep 2024
       
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