# taz.de -- Kitastreik und Pager-Explosion: The bare minimum
       
       > Unsere Autorin blickt auf die Woche zurück und ärgert sich über mangelnde
       > Kinderbetreuung und dass Israel das Recht auf Selbstverteidigung
       > abgesprochen wird.
       
 (IMG) Bild: Erzieher* innen brauchen mehr als das Minimun
       
       In Berlin können die landeseigenen Kitas im Prinzip seit Freitag
       unbefristet bestreikt werden. Wenn es dazu kommt, wären 28.000 Kinder in
       den 280 Kitas der fünf kommunalen Eigenbetriebe betroffen.
       
       Wahrscheinlich ziemlich doof für die Eltern dieser Kinder, obwohl es ja vor
       allem um ihre Interessen geht. Denn: Die Erzieher:innen wollen nicht
       etwa mehr Geld (Gott bewahre), sondern kleinere Kita-Gruppen und also einen
       besseren Betreuungsschlüssel. Also wirklich the bare minimum, um ihre
       eigene psychische und physische Gesundheit und die der ihnen anvertrauten
       Kinder zu bewahren.
       
       Wer gibt schon gern sein Kind an völlig überlastete Betreuer:innen ab,
       die, so einer der Streikenden, die Kinder nur noch „aufbewahren“. Ich
       finde: Die betroffenen Eltern sollten den Streik direkt und unbefristet
       weitergeben an ihre Arbeitgeber, vielleicht kommen die dann endlich mal auf
       die Idee, dass eine kostenlose Betriebskita und – so es die Arbeit zulässt
       – unbefristetes Homeoffice zu einem normalen, modernen Arbeitsumfeld
       gehört.
       
       ## Der Süden hat andere Probleme
       
       Warum mich der Streik in Berlin überhaupt interessiert, wo ich doch in
       Baden-Württemberg lebe? Hier haben wir andere „Probleme“, zum Beispiel
       keine kostenlosen Betreuungsplätze und oftmals kürzere reguläre
       Öffnungszeiten, buhu.
       
       Dafür sind die Erzieher:innen zumindest in unserem Kindergarten
       tiefenentspannt und gut gelaunt, was auch nicht verwundert: Jede:r betreut
       im Schnitt fünf, nicht zehn Kinder. Und, ehrlich gesagt, ist mir das mit
       den kürzeren Öffnungszeiten hier eh ganz recht, auch wenn es als
       emanzipierte und arbeitende Frau uncool ist, das zu sagen.
       
       Denn klar würde ich gern mehr arbeiten (mehr Kohle, mehr intellektueller
       Input) und klar vermisse ich, was früher mein bare minimum war: ein ganzes
       Wochenende im Berghain oder ein ganzes Wochenende im Bett, je nach Laune.
       
       Allerdings war mein bare minimum, also mein größter Wunsch damals auch: ein
       Kind. Warum also jetzt jammern über das, was ich wollte: Zeit mit meinem
       Kind? Tanzen, schlafen und arbeiten kann ich noch mit 70. Auch das könnten
       sich Staat und Start-ups mal überlegen: Dass Leute vielleicht durchaus
       bereit wären, sehr viel länger als bis 65 zu arbeiten, wenn sie in der
       Mitte ihres Lebens ein bisschen Zeit zum Leben hätten.
       
       An diesem Freitagmorgen habe ich also lange über das Allernötigste
       nachgedacht. In Deutschland hängt der Standard dafür ziemlich tief, das hat
       der Sanierungsplan der Bahn gezeigt. Nötig ist anscheinend kein guter,
       bezahlbarer Bahnverkehr, sondern vor allem Rentabilität (surprise!).
       
       Zum Glück ist das bare minimum ja sehr wandelbar. Vielleicht tut sich bei
       der Bahn ja auch noch was, geistig.
       
       ## Wie mit Terroristen umgehen?
       
       Wie wandelbar, das hat der absolut gezielte Pager-Angriff auf die
       Terroristen der Hisbollah diese Woche gezeigt: Hieß es vor zehn Monaten
       noch, „natürlich“ habe Israel ein Recht auf Selbstverteidigung, nur sollen
       dabei keine Zivilisten sterben, ist es jetzt, wenn mit nie da gewesener
       Präzision Terroristen angegriffen werden, auch wieder nicht recht. Und, ja:
       es war ein Akt der Selbstverteidigung. Die Hisbollah hat Israel am 7.
       Oktober 2023 den Krieg erklärt und feuert seitdem Raketen, Tausende weiter
       sind auf Israel gerichtet.
       
       Was wäre denn das Notwendige, aber für die Kritiker:innen gerade noch
       Zumutbare: freundliche Ansprache, etwa „Lieber Herr Nasrallah, bitte lassen
       Sie die Waffen fallen …“?
       
       Keine Frage, jedes tote Kind ist eines zu viel. Große Besorgnis um die
       Kinder des Libanons und Gazas hätte man aber seit Jahrzehnten haben können,
       so lange schon, wie sie mit den islamofaschistischen Ideologien von Hamas
       und Hisbollah infiziert und teilweise zu Kindersoldaten gemacht werden. Das
       wäre das bare minimum an internationalem Interesse gewesen. Dass es nur
       einen Aufschrei gibt, wenn Israel sich gegen das Ergebnis dieser
       Terror-Ideologie wehrt, hat einen einfachen Grund, der heißt:
       Antisemitismus. Den zu bekämpfen, wäre – zumindest in Deutschland – the
       bare minimum.
       
       22 Sep 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ariane Lemme
       
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