# taz.de -- Mahnmal für Sinti und Roma repariert: Verletzungen sind geblieben
       
       > Das Mahnmal für die im Nationalsozialismus aus Flensburg deportierten
       > Sinti und Roma war im Mai zerstört worden. Nun wurde es wieder
       > aufgestellt.
       
 (IMG) Bild: Künftig mit ein paar Kratzern: Stele mit den Namen deportierten Sinti und Roma
       
       Rendsburg taz | Ende Mai hatten Unbekannte in Flensburg ein Mahnmal für
       Sinti und Roma umgestürzt, die während der NS-Zeit aus der Stadt deportiert
       wurden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch. Am Mittwoch ist der
       Gedenkort neu eingeweiht worden.
       
       Vor genau einem Jahr, am 25. September 2023, war die kleine Gedenkstätte
       auf dem Gelände der Waldorfschule Flensburg eröffnet worden. Auf der
       zentralen Stele sind die Namen von 44 Personen eingraviert, die 1940 aus
       Flensburg in das Zwangsarbeitslager Belzec geschickt wurden. Vorher hatten
       die Sinti-Familien bereits ihre Wohnungen in der Stadt räumen müssen, um in
       Baracken auf dem Gelände der heutigen Schule zu ziehen. Dort hatten sie
       mehrere Jahre gehaust, bevor sie in die Deportationsbusse steigen mussten.
       
       Die Geschichte war in der Stadt lange nicht breit diskutiert worden. Eine
       Projektgruppe, der mehrere Lehrkräfte angehören, setzte sich dafür ein, den
       Gedenkort zu schaffen.
       
       Am Morgen des 29. Mai fanden Schüler:innen der Waldorfschule die Stele
       hinter der Turnhalle. Das Steinpflaster des Platzes war aufgerissen worden.
       „Es muss gegen zwei Uhr nachts passiert sein“, glaubt Achim Langer, der die
       Stele schuf und Mitglied der Projektgruppe ist. Vermutlich seien die
       Täter:innen gestört worden, so dass sie die Stele liegenließen: „Unser
       Glück, so konnten wir sie reparieren.“
       
       Die Stadt Flensburg übernahm rund 4.000 Euro und damit den größten Teil der
       Kosten. „Dass das so selbstverständlich klappte, hat uns sehr gefreut“,
       sagt Langer. Gefreut habe er sich auch über die bundesweiten Reaktionen,
       die nach Berichten in der taz und anderen Medien rasch einsetzten, sagt
       Langer. Für die Schüler:innen, die nach der Tat empört und entsetzt gewesen
       seien, habe es eine Infoveranstaltung gegeben.
       
       Dass die Jugendlichen den Anschlag auf das Mahnmal so einhellig verurteilt
       hätten, sieht auch Simone Lange mit Freude. Die ehemalige Flensburger
       SPD-Oberbürgermeisterin ist Schirmherrin des Mahnmals. „Bei den jüngsten
       Wahlen war erschreckend, wie viele junge Leute rechte Parteien gewählt
       haben“, sagt Lange. „Daher ist es schön zu erleben, wie die
       Schüler:innen in Flensburg reagiert haben.“ Sie seien von Anfang an in
       die Planungen rund um das Mahnmal einbezogen gewesen: „Erinnerungskultur
       lebt davon, dass sie breit wurzelt.“ Auch die bundesweite Anteilnahme habe
       gutgetan: „Das zeigt, dass es eine starke Mehrheitsbevölkerung gibt, die
       gegen solche Taten zusammensteht.“
       
       Für die Nachfahr:innen der Holocaust-Überlebenden sei es wichtig, dass
       das Mahnmal wieder aufgestellt wird, sagt Kelly Laubinger,
       Geschäftsführerin der Sinti Union Schleswig-Holstein: „Wir begrüßen das
       ausdrücklich.“ Laubinger hatte nach dem Anschlag auf das Mahnmal gemeinsam
       mit der Jesidin Sahar Alias Baba Sheikh eine Gedenkveranstaltung in
       Flensburg organisiert, zu der rund 130 Menschen kamen. „Das trug zu unserer
       emotionalen Stärkung und Heilung bei“, sagt Laubinger.
       
       ## Der Kampf um Anerkennung geht weiter
       
       Dennoch sei der Kampf um Sichtbarkeit, Anerkennung und Respekt für Sinti
       und Roma noch längst nicht vorbei: Vor ein Mahnmal in Neumünster, wo die
       Sinti Union ihren Sitz hat, warfen Unbekannte mehrfach Müll. Laubinger
       sorgt sich auch um das zentrale Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma
       in Berlin, unter dem eine S-Bahn-Linie gebaut werden soll. Der Schutz von
       Gedenkstätten sei keine Nebensache, betont sie.
       
       Für die Projektgruppe und die Schirmherrin sei es von Anfang an das Ziel
       gewesen, die Stele wieder aufzustellen, sagt Lange. Nach der Reparatur
       seien absichtlich einige Kratzer auf dem Metall geblieben „Es geht darum,
       die Verletzungen zu zeigen.“
       
       Die Polizei hatte nach der Tat Ermittlungen aufgenommen, inzwischen liegt
       der Fall bei der Staatsanwaltschaft. Der Gedenkort wird künftig von Kameras
       überwacht.
       
       28 Sep 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geißlinger
       
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