# taz.de -- Neonazi-Kampftrainings in Berlin: Pankows Kampf gegen rechte Räume
       
       > Militante Neonazis trainieren seit Jahren in Pankow in bezirklichen
       > Sportanlagen. Der Skandal beschäftigt auch die
       > Bezirksverordnetenversammlung.
       
 (IMG) Bild: Neonazis des Dritten Wegs machen sich auch in Berlin immer mehr breit
       
       Berlin taz | Kurz nach Feierabend und brütend heiß – nicht unbedingt
       Idealbedingungen für eine Demonstration. Dennoch hatten sich am
       Mittwochabend etwa 100 Menschen vor Beginn der
       Bezirksverordnetenversammlung Pankow an der Fröbelstraße in Prenzlauer Berg
       versammelt. Ein paar kleine Banner, eine Box, aus der antifaschistischer
       Hip-Hop dröhnte, drei kurze Redebeiträge. Ihre Forderung: der sofortige
       Stopp von Trainingsmöglichkeiten für Neonazis auf Sportplätzen des Bezirks.
       
       „Die trainieren da ja kein Tischtennis“, sagte ein Redner. Tatsächlich geht
       es um Kampfsport. Dafür treffen sich Anhänger der militanten Neonazi-Partei
       Der Dritte Weg und ihrer Jugendorganisation, der Nationalrevolutionären
       Jugend (NRJ), [1][regelmäßig im Sportkomplex Rennbahnstraße im Ortsteil
       Weißensee].
       
       Angeboten wird das Training vom Sportverein TSC Preußen 97. Der jetzige
       Nutzungsvertrag für eine Halle wurde dabei 2022 von der damaligen
       Bezirksstadträtin Dominique Krössin (Linke) bis 2027 verlängert. Wofür
       rechtsextreme Gruppierungen trainieren, [2][die schon mehrfach durch
       Gewalttaten aufgefallen sind,] sollte kein Geheimnis sein. Warum also lässt
       man sie die Sportanlagen weiter nutzen?
       
       Genau darum ging es auch den Demonstrierenden. Der Bezirk, so die
       Forderung, müsse den Nutzungsvertrag umgehend beenden. Aufgerufen wurde
       dann auch zu einer „kritischen Begleitung“ der BVV-Sitzung, bei der ein
       Antrag der Linksfraktion auf der Tagesordnung stand, mit dem
       Neonazi-Sportgruppen per Haus- und Nutzungsordnung von Pankower
       Sportkomplexen verbannt werden sollen. Die Demonstrierenden nahmen als
       Gäste im Saal Platz.
       
       ## Angst vor blindem Aktionismus
       
       Die Linken-Verordnete Jaana Stiller verwies bei der Gelegenheit auf die
       Dringlichkeit der Situation. Mit Blick auf den Schutz vor Hass und
       Menschenfeindlichkeit müsse das Bezirksamt endlich handeln. Vereine und
       Personal müssten geschult und ein Austausch zwischen Bezirksamt und den
       jeweiligen Vereinen hergestellt werden. Stillers Rede wurde mit lautem
       Beifall der Gäste bedacht. Es folgte ein Versuch der AfD, diese per Antrag
       entfernen zu lassen. Der Antrag scheiterte.
       
       Schnell zeichnete sich im weiteren Verlauf der Kern der Diskussion ab. Denn
       im Grunde waren sich die demokratischen Parteien einig: Nazis haben in
       öffentlichen Sporthallen nichts zu suchen. Aber wie genau das umgesetzt
       werden soll, darüber wurde nun hitzig diskutiert.
       
       Der zuständige Bezirksstadtrat Jörn Pasternack (CDU) zeigte sich
       verwundert. Schließlich sei die Haus- und Nutzungsordnung längst angepasst
       worden. Um wirklich etwas tun zu können, fehlten die rechtlichen
       Grundlagen, so Pasternack. Blinder Aktionismus würde zu peinlichem
       Zurückrudern führen. Zudem könne von „Hallen“ nicht die Rede sein – den
       Rechtsextremen stehe lediglich ein Raum von 19 Quadratmetern zur Verfügung.
       
       ## Zwischen Dringlichkeit und Ohnmacht
       
       In der Folge zerfaserte die Diskussion. Ein Änderungsantrag der
       Grünen-Fraktion, der darauf zielte, Personen den Eintritt zu Sportanlagen
       zu verbieten, die öffentlich verfassungsfeindliche Symbole zeigen, stieß
       auf wenig Begeisterung. Der Linken-Verordnete Maximilian Schirmer etwa
       hielt dagegen, dass das gegen Anhänger des Dritten Wegs und der NRJ nicht
       hilft – deren Parteikleidung ist nun mal nicht verboten.
       
       Ihn störe vor allem die Untätigkeit des Bezirksamts, sagte Schirmer,
       zugleich Landesvorsitzender der Linken. Man diskutiere seit zwei Jahren
       über das Thema – und dennoch bleibt das Problem bestehen. Man erteile dem
       Bezirksamt mit dem Antrag einen politischen Auftrag, sich um dieses Problem
       in allen Sportanlagen zu kümmern. Dafür gebe man dem Amt Rückendeckung,
       Dinge auszuprobieren.
       
       Denise Bittner von der CDU verurteilte zwar das „muskuläre
       Aufmunitionieren“ der Neonazis in öffentlichen Räumen, betonte aber die
       unbedingte Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage. Wie hitzig die Debatte zu
       diesem Zeitpunkt war, macht schlussendlich die Grünen-Verordnete Almuth
       Tharan deutlich: Eigentlich wollte ihre Fraktion für den Antrag stimmen,
       aber aufgrund des Tonfalls der Diskussion werde man das nun nicht mehr tun.
       
       Die AfD blieb derweil bei ihrem altbewährten Rezept: Sie provozierte den
       Vorsitzenden, die Gäste und alle anderen Parteien und gab sich dennoch als
       Opfer.
       
       Wie zur Versöhnung bemerkte Marc Lenkeit von der SPD, dass es ja abseits
       der Hausordnung noch weitere Mittel gegen die rechtsextremen Sportler gebe;
       das Hausrecht etwa oder eine frühzeitige Kündigung des Vertrags. Das würde
       sowieso in zukünftigen Sitzungen besprochen. Schließlich wurde der Antrag
       mit 22 Ja-Stimmen aus den Reihen der Linken, der SPD und dann doch wieder
       der Grünen angenommen. Aber was das im Detail heißt, werde in zukünftigen
       Versammlungen besprochen.
       
       5 Sep 2024
       
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