# taz.de -- Melania Trumps Memoiren: Pro-Melania, nicht pro-Choice
       
       > Republikaner sind gegen Abtreibung – und verlieren damit bei Frauen. Was
       > dagegen hilft? Eine Ex-First Lady, die nun Abtreibungsrechte verteidigt.
       
 (IMG) Bild: Was zählt? Melania Trump lässt die Phantasie sprießen
       
       Große Aufregung! Melania Trump verkündet in ihren Memoiren, die einen Monat
       nach der US-Wahl erscheinen sollen, sie sei „pro-choice“, unterstütze also
       das Recht auf Abtreibung.
       
       Medien in den USA und Deutschland produzierten daraufhin atemlose
       Schlagzeilen über den Werbespot der Frau des Ex-Präsidenten für ihr neues
       Buch (gedreht im Stil eines Calvin Klein Parfüm-Promo-Shoots): Im
       Halbdunkel haucht Melania Trump in Schwarz-Weiß ein paar Worte zum Thema
       körperliche Selbstbestimmung der Frau in die Kamera. In ihrem Buch schreibt
       sie: „Das Grundrecht einer Frau auf individuelle Freiheit, auf ihr eigenes
       Leben, gibt ihr die Befugnis, ihre Schwangerschaft abzubrechen, wenn sie es
       wünscht.“
       
       Was steckt dahinter? Hängt der Haussegen im Hause Trump schief, wird sie
       jetzt zur Ikone der Pro-Choice Bewegung? Wohl kaum. Die Beweggründe für
       Melania Trump dürften anders aussehen: Dass ihr Werbespot ausgerechnet
       jetzt ausgestrahlt wird, knapp einen Monat vor der Präsidentschaftswahl,
       ist relevant – denn die Republikaner haben ein Frauenproblem.
       
       [1][Eine Mehrheit US-amerikanischer Frauen lehnt ihre Abtreibungspolitik
       ab.] Sogar 35 Prozent Republikanischer Frauen in Bundesstaaten, wo
       Abtreibung verboten ist, [2][sind für den landesweiten Schutz von
       Abtreibung.] Und die beinahe täglichen, schrecklichen Schlagzeilen von
       Frauen, die auf Krankenhaus-Parkplätzen zu verbluten drohen oder wegen
       Abtreibungsverboten elendig sterben, tun ihr Übriges.
       
       ## Immer wieder Roe v. Wad
       
       Donald Trump ist verantwortlich für die rechtskonservative Mehrheit am
       Obersten Gerichtshof, die im Sommer 2022 das Grundsatzurteil im Fall Roe v.
       Wade von 1973 gekippt hatte – woraufhin in Republikanisch regierten
       Bundesstaaten drakonische Abtreibungsverbote in Kraft traten, die seitdem
       teilweise noch verschärft wurden.
       
       Das Parteiprogramm der Republikaner beinhaltet die Etablierung von Föten
       als Rechtspersonen, was Abtreibung landesweit zu Mord erklären würde. Ihre
       Verbündeten vom [3][„Project 2025“] unter Führung der Heritage Foundation
       wollen ein landesweites Abtreibungsverbot durch die Anwendung eines
       Gesetzes aus dem 19. Jahrhundert durchsetzen (praktisch – dafür braucht’s
       nämlich keine Mehrheit im Kongress, nur einen willigen Präsidenten und
       seinen Justizminister sowie einen Obersten Gerichtshof).
       
       Melania Trumps „Überraschungs-Statement“ soll Trumps Image in Sachen
       Abtreibung „weicher“ wirken lassen, empathischer – auch wenn ihre Aussage
       keinerlei Auswirkung auf die Politik ihres Mannes hat. Sie ist nicht die
       einzige, die vor die Kameras geht, um so zu tun, als seien Trump und seine
       Partei keine Gefahr für Frauen und Schwangere – jetzt müssen weibliche
       Verwandte von republikanischen Politikern ran.
       
       Der Republikanische Stratege Whit Ayres sagte der New York Times: „In den
       meisten Bezirken und Staaten sind mehr Frauen als Männer als Wähler
       registriert. Es macht Sinn, dass die Republikaner versuchen, Frauen
       anzusprechen, insbesondere angesichts der Relevanz des Themas Abtreibung“.
       
       ## „Dreckiger“ Wahlkampf
       
       Der frühere Gouverneur Larry Hogan, der jetzt in Maryland für den Senat
       kandidiert, schickt in einem Werbespot seine Stieftochter vor. Die
       verkündet, Hogan sei gar nicht „anti-Frau“ – „nichts könnte weiter von der
       Wahrheit entfernt sein“. Demokraten hatten ihn wegen seiner dokumentierten
       Gegnerschaft zu Abtreibung angegriffen – jetzt nennt er sich „pro-choice“,
       auch wenn er noch 2022 Veto gegen ein Gesetz eingelegt hat, das die
       Ausweitung von Abtreibungsversorgung in Maryland gesichert hätte.
       
       Der Republikaner Eric Hovde kandidiert gegen die amtierende Demokratische
       Senatorin von Wisconsin Tammy Baldwin – und schickt in einem Werbespot
       seine Ehefrau Sharon Hovde vor, die klagt, Baldwins Wahlkampf sei
       „dreckig“.
       
       Baldwins Team hatte einen Werbespot ausgestrahlt, in dem auf Hovdes
       Bemerkung von 2012 verwiesen wurde, als er im Senatswahlkampf verkündete:
       „Wir müssen die Regierungspolitik stoppen, die diejenigen belohnt, die
       außereheliche Kinder bekommen.“ Sharon Hovde versichert, dass ihr Ehemann
       Empathie für Frauen habe: „Eric sah die Schwierigkeiten, die ich hatte, um
       mir eine Kinderbetreuung leisten zu können“, sagte sie. „Das hat ihn dazu
       inspiriert, alleinerziehenden Müttern hier in Wisconsin zu helfen“.
       
       Melania Trump dürfte es vor allem um eines gehen: Bücher zu verkaufen. Die
       US-Journalistin Jessica Valenti fasst es so zusammen: „In einem Moment
       undenkbaren Leids vertickt sie ein 40 Dollar teures Buch auf dem Rücken
       toter Frauen (250 Dollar, wenn man es signiert mit Extra-Bildern haben
       will)“. Klingt ganz nach der Frau, die auf dem Weg zu einem Lager von
       Flüchtlingskindern, die von ihren Eltern getrennt worden waren, eine Jacke
       mit der Aufschrift „I really don’t care, do u?“ trug.
       
       Melania Trump ist nicht pro-choice, sie ist pro-Melania. Auf eine
       Interviewanfrage von CNN ließ ihr Buchverlag antworten, Mrs. Trump werde
       sich für 250.000 Dollar vom Sender interviewen lassen. Egal was ihre
       Beweggründe sind, ob Soft Launch einer Scheidung oder doch der Versuch,
       noch einmal First Lady zu werden – Melania Trump hat nur eines im Sinn:
       sich selbst.
       
       7 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Recht-auf-Abtreibung-im-US-Wahlkampf/!6023650
 (DIR) [2] https://www.washingtonpost.com/politics/2024/10/04/republicans-abortion-2024-election/
 (DIR) [3] /Politikwissenschaftler-ueber-Black-Vote/!6035968
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annika Brockschmidt
       
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