# taz.de -- Sexueller Missbrauch in Irland: Als die Kindheit endete
       
       > Ein Bericht veröffentlicht 2.400 Fälle sexuellen Missbrauchs an
       > katholischen Schulen in Irland in den letzten 30 Jahren. Entschädigungen
       > gibt es nicht.
       
 (IMG) Bild: Für viele ein Ort des Schreckens: die katholische Kirche in Irland
       
       Dublin taz | Die Enthüllungen über Kindesmissbrauch in Irlands katholischen
       Einrichtungen nehmen kein Ende. Jetzt wurde ein Untersuchungsbericht der
       Oberstaatsanwältin Mary O’Toole veröffentlicht, der eine systematische
       Kultur des Missbrauchs in religiös geführten Schulen und Internaten im
       ganzen Land beschreibt. Es geht um fast 2.400 Fälle des sexuellen
       Missbrauchs in 308 Schulen, die von katholischen Orden betrieben werden und
       sich über einen Zeitraum von 30 Jahren erstrecken.
       
       Die tatsächliche Zahl sei wahrscheinlich viel höher, sagte O’Toole, da
       sexueller Missbrauch in der Kindheit oft nicht gemeldet wurde. Der Bericht
       enthält Einzelheiten zu Missbrauchsvorwürfen an Grund- und weiterführenden
       Schulen, und vor allem an Sonderschulen, wo 590 Anschuldigungen in 17
       Einrichtungen mit 190 mutmaßlichen Tätern registriert wurden. Von den des
       Missbrauchs Beschuldigten sind weniger als die Hälfte noch am Leben.
       
       O’Toole sagte, die Beschreibungen in ihrem 700-seitigen Bericht seien eine
       „erschütternde Lektüre“. Sie zollte den Überlebenden Anerkennung für ihren
       „Mut und ihre Tapferkeit“, sich zu melden. „Viele sagten, dass ihre
       Kindheit an dem Tag endete, an dem der Missbrauch begann“, sagte sie.
       
       Es ist freilich [1][nicht der erste erschütternde Bericht dieser Art] in
       Irland. Vor 19 Jahren wurde der erste Bericht über den Umgang der
       Kirchenbehörden mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern durch Geistliche
       veröffentlicht. Im Mai 2009 erschien der 2.600 Seiten umfassende
       Ryan-Bericht über den Missbrauch von Kindern und dessen Vertuschung in
       Waisenhäusern, Erziehungsanstalten und Industrieschulen, die von 18
       katholischen Ordensgemeinschaften betrieben wurden.
       
       ## Entsetzliches über die Vorgänge in Mutter-Kind-Heimen
       
       Im November 2009 wurde der Murphy-Bericht über die Vertuschung des
       sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester in der größten
       katholischen Diözese Irlands durch den Erzbischof von Dublin und leitende
       Geistliche der Erzdiözese veröffentlicht.
       
       Im Juli 2011 gab es den Cloyne-Bericht über die Vertuschung des klerikalen
       Missbrauchs von Kindern in einer im südirischen Cork gelegenen Diözese. Im
       Februar 2013 folgte ein Bericht über den Missbrauch von Frauen in den
       sogenannten Magdalenen-Wäschereien, die von vier Ordensgemeinschaften
       betrieben wurden. Alle vier verweigerten eine finanzielle Entschädigung.
       
       Im Januar 2021 wurde ein 3.000 Seiten starker [2][Bericht über die Mutter-
       und Babyheime veröffentlicht] – mit entsetzlichen Ergebnissen über die
       Behandlung von Frauen und Kindern in diesen Einrichtungen. Auch hier gab es
       bisher keine Entschädigung. O’Toole empfahl die Einrichtung einer weiteren
       Untersuchungskommission. Bildungsministerin Norma Foley erklärte am
       Dienstag, dass ein weiterer zu verfassender Bericht bis zu fünf Jahre
       dauern könnte. Zwischenberichte könnten allerdings dazu beitragen, den
       Wunsch der Überlebenden nach Rechenschaftspflicht zu erfüllen, sagte sie.
       
       Erklärungen des Bedauerns seitens der religiösen Orden seien „leere Worte“,
       wenn ihnen keine Wiedergutmachungsleistungen folgten, sagte
       [3][Premierminister Simon Harris]. Eine Entschädigung könne nicht warten,
       bis die Untersuchung abgeschlossen sei. Es gäbe einen schnelleren Weg: Die
       Kommission könnte die Vertreter der betreffenden Orden und die
       Schulbehörden verpflichten, unverzüglich offenzulegen, was den Kindern in
       ihrer Obhut widerfahren ist. Nach einem Gesetz von 2004 hätte sie dazu die
       Befugnis. Getan hat sie das noch nie.
       
       5 Sep 2024
       
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