# taz.de -- Warnung von Ökonomen und Wirtschaft: Wegen AfD noch weniger Personal
       
       > Branchenverbände und Ökonomen befürchten: Die Wahlerfolge der extrem
       > rechten Partei in Sachsen und Thüringen könnten Fachkräfte vergraulen.
       
 (IMG) Bild: „Rechte Hetze schafft keine Arbeitsplätze“: Slogan eines Gegendemonstranten während einer AfD-Wahlkampfveranstaltung in Görlitz
       
       Berlin taz | Die [1][Wahlerfolge der AfD in Sachsen und Thüringen] könnten
       Wirtschaftswissenschaftlern und Branchenverbänden zufolge dringend
       benötigte Arbeitskräfte aus dem Ausland abschrecken. Der Fachkräftemängel
       würde sich möglicherweise verschärfen, sagte die Wirtschaftsweise Monika
       Schnitzer. „Unternehmensnachfolgen würden erschwert, gegebenenfalls könnte
       das zu Firmenaufgaben führen“, so die Vorsitzende des Sachverständigenrats
       Wirtschaft.
       
       Staatliche Institutionen, medizinische und Bildungseinrichtungen litten
       ebenfalls unter Fachkräftemangel und würden in diesem Fall ihre Leistungen
       weiter verringern müssen. Die beiden Bundesländer hätten seit der
       Wiedervereinigung bereits etwa 20 Prozent der Bevölkerung verloren.
       
       Einige Landkreise dürften in den kommenden Jahren noch weitere 20 bis 30
       Prozent weniger Erwerbsbevölkerung aufweisen. „Die Ablehnung von
       qualifizierter Zuwanderung ist an der Stelle das falsche Signal, denn sie
       wird Fachkräfte davon abhalten, diese Bundesländer als Option in Erwägung
       zu ziehen“, fügte Schnitzer mit Blick auf die AfD hinzu. Ähnlich äußerte
       sich der Chef des Ifo-Instituts in Dresden, Joachim Ragnitz.
       
       Dabei ist der Fachkräftemangel laut der Bundesagentur für Arbeit in
       Ostdeutschland schon jetzt größer als im Westen. Wesentlicher Grund sei die
       Abwanderungswelle junger Menschen nach der Wiedervereinigung, hatte
       Behördenchefin Andrea Nahles vergangene Woche erläutert.
       
       Deshalb sei die Bevölkerung im Osten überdurchschnittlich alt. In den
       kommenden Jahren gingen viele weitere Ältere in den Ruhestand, der
       Fachkräftenachwuchs fehle. Während die Beschäftigung in Westdeutschland
       noch wachse, sinke sie im Osten bereits.
       
       Vor allem die AfD stehe für Protektionismus und eine Abschottung von
       Europa, für weniger Zuwanderung von Fachkräften und eine geringere
       Offenheit und Vielfalt, kritisierte der Präsident des Deutschen Instituts
       für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, nach den Wahlen.
       
       „Vor allem junge, gut qualifizierte und hoch motivierte Bürgerinnen und
       Bürger werden die beiden Bundesländer verlassen und dorthin gehen, wo sie
       mehr Offenheit und Wertschätzung erfahren“, sagte der Ökonom. „Dies dürfte
       einen Anstieg der Insolvenzen und einen Exodus von Unternehmen zur Folge
       haben.“
       
       „Die geplanten Halbleiterfabriken in Sachsen werden wir ohne Fachkräfte aus
       dem Ausland nicht betreiben können“, ergänzte der Präsident des
       Digitalverbandes Bitkom, Ralf Wintergerst. „Solche Spitzenkräfte können
       ihren Arbeitsort frei wählen.“ Auch Dorothee Brakmann,
       Hauptgeschäftsführerin des Pharmaindustrieverbands Pharma Deutschland,
       warnte: „Investoren und Fachkräfte werden sich zweimal überlegen, ob sie in
       ein Umfeld investieren, das von internationaler Ausgrenzung und Abschottung
       geprägt ist.“
       
       In seltener Einigkeit zeigten sich sowohl Wirtschafts- als auch
       Umweltverbände besorgt, dass die Regierungsbildungen in Sachsen und
       Thüringen sehr lange dauern könnten. Sebastian König, Landesgeschäftsführer
       des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) Thüringen sagte der taz:
       „Konkret hängen viele Naturschutzvorhaben vom Landeshaushalt ab, und es ist
       zu befürchten, dass dieser noch auf sich warten lässt“. Dann könnten der
       BUND und andere Träger von Naturschutzprojekten in Bedrängnis geraten.
       
       Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
       (BDA), Rainer Dulger, forderte, die demokratischen Parteien müssten nun
       „Handlungsfähigkeit für Thüringen und Sachsen“ herstellen. (mit rtr, afp)
       
       2 Sep 2024
       
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