# taz.de -- Ukrainische Offensive in Russland: „Atomare Erpressung“
       
       > In der russischen Region Kursk liegt auch das gleichnamige Atomkraftwerk.
       > Wollen die ukrainischen Truppen versuchen, es einzunehmen?
       
 (IMG) Bild: Drei russische Atomkraftwerke liegen nahe der Region, in die ukrainische Soldaten vorgedrungen sind, darunter das AKW Kursk
       
       [1][Während im Gebiet Kursk ukrainische Truppen stehen], debattiert man auf
       beiden Seiten über eine mögliche Einnahme des Atomkraftwerkes Kursk durch
       ukrainische Truppen. „Die ukrainische Armee nähert sich dem AKW Kursk: nur
       noch 45 Kilometer zum Kraftwerk“ titelt die ukrainische Plattform
       dialog.ua.
       
       Angesichts der unklaren Lage um das Atomkraftwerk herrsche in der Region
       Panik, berichtet das ukrainische Portal www.5.ua. Russland habe Verstärkung
       zum Schutz des Kraftwerkes nach Kurtschatow geschickt, wo sich das AKW
       befindet. Doch nur eine kleine Einheit der russischen Nationalgarde sei vor
       Ort, so das ukrainische Portal.
       
       Darüber, wie weit die ukrainischen Truppen auf russisches Territorium
       vorgedrungen sind, gibt es unterschiedliche Angaben. Die Moscow Times
       spricht unter Berufung auf russische Telegram-Kanäle von 20 Kilometern.
       Andere Quellen sprechen von 10 Kilometern. Derzeit werde das russische Dorf
       Anastasievka, das gerade mal 30 Kilometer vom Atomkraftwerk entfernt sei,
       beschossen. Unter den Mitarbeitern des AKW herrsche Panik, berichtet das
       ukrainische Portal 24tv.ua. Für einen derartigen Fall gebe es keine
       Verhaltensregeln und keine Einsatzpläne. Ständig höre man Sirenen, zitiert
       das Portal einen namentlich nicht genannten Mitarbeiter des Kraftwerkes.
       
       ## Nachrichten in Telegram-Channeln
       
       Prorussische Telegram-Kanäle räumen ukrainische Gebietsgewinne ein. So sei
       den Ukrainern nach Angaben des Kanals „Rybar“ gelungen, die Stadt Sudscha
       weitgehend unter Kontrolle zu bringen. Außerdem sei das ukrainische Militär
       in die Siedlung Mirni eingedrungen, kontrolliere aktuell die russischen
       Dörfer Kasachja Loknja, Bogdanowka, Knjaschni.
       
       Was man mit dem Angriff auf [2][das ukrainische AKW Saporischschja] erlebt
       habe, könne sich nun auch in Russland wiederholen, meint der russische
       Atomphysiker Andrej Oscharowski gegenüber der taz. AKWs stellten nun mal
       bei kriegerischen Kämpfen oder Terroranschlägen eine Gefahr dar.
       Oscharowski fürchtet nicht nur um das AKW Kursk. Auch die AKWs Rostow und
       Smolensk könne es treffen. „Und das wäre natürlich sehr schlimm.“
       
       Offiziellen russischen Darstellungen indes zufolge ist der ukrainische
       Vormarsch gestoppt. Dies meldet jedenfalls der Chef des russischen
       Generalstabs, Waleri Gerassimow. Die ukrainische Operation in der Region
       Kursk werde mit deren „Niederlage“ enden, so Gerassimow. Und der
       stellvertretende Gouverneur des Gebietes Kursk, Andrej Belostozkij,
       berichtet im russischen Fernsehen, dass der Feind nicht einen Meter
       vordringen könne. Derzeit würden die Saboteure und ihre Waffen vernichtet,
       so Belostozkij. So unterschiedlich wie die Sichtweisen und Nachrichten über
       den aktuellen Stand des ukrainischen Angriffs auf russisches Territorium
       sind auch die Einschätzungen eines möglichen Angriffs auf das AKW Kursk.
       
       In Kursk wird noch mit Reaktoren gearbeitet, die auch in Tschernobyl im
       Einsatz waren. Viktor Andrusiw, ein der Regierung nahestehender Aktivist
       und früherer Mitarbeiter im Wahlkampfteam von Wolodymyr Selenskyj, sieht
       mehrere Gründe für den Versuch, „das Gebiet Kursk zu befreien“. Doch der
       wichtigste ist für ihn das AKW. Offensichtlich wolle man das AKW Kursk
       erobern, um es dann gegen das von Russland besetzte AKW Saporischschja
       auszutauschen. Allerdings rechnet er dem Unterfangen nur wenige
       Erfolgschancen aus.
       
       ## Vormarsch für „atomare Erpressung“?
       
       Auch der russische Politologe Sergej Markow geht davon aus, die Ukraine
       wolle das AKW erobern, um es auszutauschen. Dmitry Rogosin, Senator der von
       Russland annektierten Region Saporischschja, ist sich sicher: Die
       ukrainische Armee sei nach Russland eingedrungen, weil sie zum AKW Kursk
       wollte, um dann mit diesem eine „atomare Erpressung“ vorzunehmen.
       
       Ganz anders sieht dies der ehemalige Mitarbeiter des ukrainischen
       Inlandsgeheimdienstes SBU, Iwan Stupak. Die Ukraine werde das AKW Kursk
       nicht angreifen, einfach deswegen, weil ein Angriff auf das AKW keinen Sinn
       ergebe, erklärte er gegenüber dem Kanal „Kyjiw 24“. „Wir sind doch keine
       Atomterroristen.“
       
       Andere russische Militärblogger bezweifeln, dass es der Ukraine überhaupt
       möglich sein könne, das Kernkraftwerk Kursk zu erobern. So glaubt der
       russische Blogger Juri Podoljaka nicht, dass sich die Ukraine auf so ein
       Abenteuer einlassen werde. Und dem stimmt der prorussische Kanal „Zwei
       Majore“ zu. Hundert Kilometer auf der Straße zum Kraftwerk vorzudringen sei
       ein Ding der Unmöglichkeit, meint ein Alexej Schiwow.
       
       8 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Offensive-des-ukrainischen-Militaers/!6028853
 (DIR) [2] /Buergermeister-ueber-AKW-in-Saporischschja/!6023989
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Clasen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) AKW
 (DIR) Russland
 (DIR) Ukraine
 (DIR) GNS
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Krieg in der Ukraine: Brand in Tschernobyl-Schutzzone
       
       Die ukrainische Feuerwehr versucht seit Tagen vergeblich, der Flammen Herr
       zu werden. Laut Ministerium liegt die radioaktive Belastung im Normbereich.
       
 (DIR) Russland nach der Offensive in Kursk: War was?
       
       Putin spielt den ukrainischen Vorstoß in der Region Kursk herunter. Und
       auch die meisten Russ*innen zeigen sich gleichgültig.
       
 (DIR) Brand im AKW Saporischschja: Das Atomkraftwerk-Schattenboxen
       
       Der Brand im AKW Saporischschja sollte unabhängig aufgeklärt werden. Die
       Lehre daraus ist allerdings schon klar: der Ausbau erneuerbarer
       Alternativen.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russland evakuiert mehrere Regionen
       
       Russland hat nach ukrainischen Angriffen in einer zweiten Region
       Evakuierungen angeordnet. 121.000 Menschen sollen die Region Kursk
       verlassen haben.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russischer Jet über Ostsee
       
       Ein russischer Seeaufklärer wurde über dem Ostsee-Raum gesichtet,
       Abfangjäger sind gestartet. Über 76.000 Menschen sollen aus dem Gebiet
       Kursk evakuiert worden sein.
       
 (DIR) Ukrainischer Einmarsch in Russland: Nationaler Notstand im Gebiet Kursk
       
       Die Offensive ukrainischer Truppen auf russischem Territorium geht weiter.
       Die Meldungen zum Kampfgeschehen sind widersprüchlich.
       
 (DIR) Russland beschießt Supermarkt: Tote bei Angriff in Ostukraine
       
       Mindestens zehn Menschen sterben bei einem russischen Raketenangriff. Der
       ukrainische Präsident Selenskyj verspricht, Russland zur Rechenschaft zu
       ziehen.
       
 (DIR) Offensive des ukrainischen Militärs: „Den Feind destabilisieren“
       
       Ukrainische Streitkräfte greifen die westrussische Grenzregion Kursk an.
       Dass auch ein Kernkraftwerk umkämpft sein könnte, sorgt Anwohner.
       
 (DIR) Bürgermeister über AKW in Saporischschja: „Das sind keine Fachkräfte“
       
       Das ukrainische AKW werde seit der russischen Besatzung nicht gut betreut,
       warnt Bürgermeister Orlow. Die Versorgung der Menschen sei schlecht.
       
 (DIR) Stromversorgung in der Ukraine: Zwischen AKWs und Blackout
       
       Die Stromversorgung in der Ukraine wird fragiler. Im Winter sind große
       Ausfälle zu erwarten. Umweltschützer fordern einen Strategiewechsel.