# taz.de -- Frankreichs Wahlsieger Neue Volksfront: Mehr Windkraft, mehr Wärmedämmung
       
       > Teure Wahlgeschenke und ehrgeizige Klimaziele: Was will Frankreichs Neue
       > Volksfront nach ihrem Sieg bei den Parlamentswahlen erreichen?
       
 (IMG) Bild: Die Neue Volksfront hat im Wahlkampf zahlreiche Wahlgeschenke versprochen: Anhänger:innen bei einer Kundgebung in Paris
       
       Paris afp | Vier Tage, vier Nächte und ein Stapel Pizzakartons – dann war
       das Wahlprogramm des links-grünen Bündnisses Neue Volksfront fertig. Dass
       sich Linkspopulisten, Sozialisten, Kommunisten und Grüne vor der Neuwahl so
       schnell auf ein Programm und gemeinsame Kandidaten einigen konnten, hatte
       viele überrascht, nicht zuletzt Frankreichs [1][Präsidenten Emmanuel
       Macron]. Dass das Bündnis nun auch noch die Parlamentswahl gewonnen hat,
       hatte kaum jemand vorausgesehen.
       
       Der – auch intern umstrittene – Linkspopulist [2][Jean-Luc Mélenchon]
       kündigte bereits an, „nur unser Programm, und zwar das gesamte Programm“
       umsetzen zu wollen. Das dürfte kaum möglich sein, denn das Bündnis ist mit
       etwa [3][180 Sitzen weit von einer absoluten Mehrheit entfernt, die bei 289
       von 577 Sitzen] liegt. Zudem enthält es einigen politischen Sprengstoff.
       Ein Überblick:
       
       Die Neue Volksfront hat im Wahlkampf zahlreiche Wahlgeschenke versprochen:
       eine Erhöhung des Mindestlohns von 1.400 auf 1.600 Euro pro Monat, die
       automatische Anpassung der Löhne an die Inflation, das Einfrieren der
       Preise für Energie, Treibstoff und Grundnahrungsmittel.
       
       Finanziert werden soll dies unter anderem durch eine wieder eingeführte
       Reichensteuer, die durch eine Klimaabgabe ergänzt werden soll. Die
       Erbschaftssteuer soll für Reiche erhöht werden. Außerdem soll es eine neue
       Steuer auf „Supergewinne“ geben. „Wir greifen denjenigen in die Taschen,
       die es sich leisten können“, hatte Sozialistenchef Olivier Faure gesagt.
       
       ## Rentenreform
       
       Die von Macron durchgesetzte Rentenreform, die das Rentenalter von 62 auf
       64 Jahre hinaufgesetzt hat, soll rückgängig gemacht werden. Das „gemeinsame
       Ziel“ von einer Rente mit 60 ist im Wahlprogramm festgeschrieben. Die
       Rentenreform ist ein Herzstück von Macrons Amtszeit; insbesondere auch in
       diesem Punkt dürften die Positionen für eine Zusammenarbeit mit dem
       bisherigen Regierungslager unvereinbar sein.
       
       ## International
       
       Das Vorgängerbündnis Nupes war auseinandergebrochen, weil die
       linkspopulistische Partei La France Insoumise die radikalislamische
       Palästinenserorganisation Hamas nicht als „terroristisch“ einstufen wollte.
       Im Wahlprogramm haben die Beteiligten sich geeinigt, zumindest den
       Hamas-Angriff vom 7. Oktober „terroristisch“ zu nennen. Die Neue Volksfront
       will umgehend den Staat Palästina anerkennen.
       
       Mit Blick auf die Ukraine soll die „Lieferung nötiger Waffen“ fortgesetzt
       werden. Die Neue Volksfront fordert außerdem den Einsatz von
       UN-Blauhelmsoldaten, um die Atomkraftwerke in der Ukraine zu schützen. Der
       EU-Stabilitätspakt und internationale Freihandelsabkommen sollen
       aufgekündigt werden.
       
       ## Umwelt und Klima/ Einwanderung
       
       Die Neue Volksfront geht in der Klimapolitik deutlich weiter als die
       anderen Lager. Ein neuer Klimaplan soll die Klimaneutralität bis 2050
       erreichen. Dafür sollen etwa erneuerbare Energien massiv ausgebaut werden,
       unter anderem Windparks vor der Küste. Allerdings ist das Thema Atomkraft
       im Wahlprogramm nicht erwähnt, da es intern umstritten bleibt.
       
       Der Bau großer Wasserreservoirs für die Landwirtschaft und der
       Autobahnausbau sollen vorerst eingefroren werden. Die Neue Volksfront will
       die Wärmedämmung von Wohnhäusern subventionieren. Bestimmte Insektengifte
       und sehr schwer abbaubare Chemikalien (PFAS) sollen verboten werden.
       
       Die Neue Volksfront will Klimaflüchtlinge anerkennen. Das unter Macron
       verabschiedete Einwanderungsgesetz soll abgeschafft werden. Einwanderer mit
       Jobs und Eltern von Schulkindern sollen Aufenthaltsgenehmigungen erhalten.
       
       ## Institutionen/ Soziales
       
       Die Parlamentswahl soll nicht mehr nach dem Mehrheitswahlrecht stattfinden,
       das kleinere Parteien benachteiligt, sondern nach dem Verhältniswahlrecht.
       Es soll die Möglichkeit einer Volksabstimmung auf Initiative der Bürger
       geben.
       
       Der Artikel 49.3, der die Verabschiedung von Gesetzen ohne Abstimmung in
       der Nationalversammlung ermöglicht, soll abgeschafft werden. Die Neue
       Volksfront will Mensa-Essen für Studierende für einen Euro anbieten.
       Schulkantinen, außerschulische Aktivitäten, Bücher und Hefte sollen
       kostenlos werden.
       
       Der testweise eingeführte nationale Pflichtdienst soll wieder abgeschafft
       werden. Unternehmen und Behörden sollen betroffenen Frauen arbeitsfreie
       Menstruationstage gewähren.
       
       8 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
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