# taz.de -- TV-Interview mit US-Präsident Joe Biden: Nur Gott kann ihn stoppen
       
       > Biden betont in einem Interview, dass er erneut kandidieren will. Er
       > verhaspelt sich, kann aber ansonsten ohne Teleprompter reden. Ob das
       > reicht?
       
 (IMG) Bild: Kann auch auf Leute zugehen: Joe Biden bei einem Wahlkmapfauftritt am Freitag
       
       Washington taz | US-Präsident Joe Biden hat in seinem ersten TV-Interview
       nach seiner schwachen Performance in der TV-Debatte gegen Donald Trump
       versichert, dass er körperlich und geistig in der Lage sein, das Land und
       die Welt auch für weiter vier Jahre zu führen. „Wenn ich es nicht in mir
       hätte, würde ich nicht erneut antreten“, sagte der 81 Jahre alte Biden
       energisch im Interview mit ABC News, das am Freitagabend ausgestrahlt
       wurde.
       
       Nach [1][dem Debakel in der TV-Debatte am 27. Juni] waren in der
       vergangenen Woche [2][immer mehr Stimmen laut geworden], die Bidens
       [3][erneute Kandidatur für das Präsidentenamt infrage gestellt] haben.
       Besonders beunruhigend für Bidens Team, ist es, dass selbst hochrangige
       demokratische Politiker und Spendengeber während der vergangenen Woche die
       Perspektive einer zweiten Biden-Amtszeit kritisch hinterfragt haben.
       
       Auch öffentliche Aufforderungen seine Kandidatur niederzulegen hat es
       gegeben. Biden selbst ist sich weiterhin sicher, dass er der beste Kandidat
       sei, um Ex-Präsident Trump im November zu besiegen.
       
       „Ich bin die am besten qualifizierte Person, ihn zu besiegen, und ich weiß,
       wie man Dinge umsetzt“, erklärte Biden während des 22-minütigen Interviews.
       
       ## Verhaspelt bei den Wahljahren
       
       Das TV-Interview mit dem amtierenden US-Präsidenten wurde am
       Freitagnachmittag Ortszeit im US-Bundesstaat Wisconsin aufgezeichnet und
       dann zur besten Sendezeit um acht Uhr am Abend ungeschnitten ausgestrahlt.
       Biden gab sich während des Interviews selbstsicher und zuversichtlich, doch
       er verhaspelte sich ab und an und verwechselte die Wahljahre 2020 und 2024
       mit dem Midterm-Wahljahr 2022.
       
       „Erinnere dich an 2024 – 2020, die ‚Rote Welle‘ war angekündigt“, sagte
       Biden auf die Frage nach seinen sinkenden Umfragewerten und ob er diesen
       Glauben schenke. Was er wirklich meinte, waren die amerikanischen Wahlen
       zur Hälfte seiner Amtszeit im Jahr 2022.
       
       Vor den Wahlen besagten Umfragen damals, dass es zu einer sogenannten
       „Roten Welle“ kommen könnte und Republikaner eine gute Chance hätten,
       sowohl die Mehrheit im Repräsentantenhaus als auch im Senat zu gewinnen. Am
       Ende geschah dies nicht und Demokraten behielten die Mehrheit im Senat. Es
       war sogar eines der besten Midterm-Resultate für die Partei eines
       Amtsinhabers in Jahrzehnten.
       
       Doch 2024 ist eben nicht 2022 und die aktuellen Umfragewerte verheißen
       nichts Gutes für Biden und die Demokraten. Seine Leistung im TV-Duell mit
       Trump schob er auf [4][nichts weiter als „Erschöpfung“] und eine „falsche
       Vorbereitung“. „Es war ein schlechter Abend. Es war jedoch kein Hinweis auf
       eine ernsthafte Erkrankung. Ich war erschöpft. Ich habe bei der
       Vorbereitung nicht auf meinen Instinkt gehört“, erklärte Biden.
       
       Obwohl namhafte US-Medien wie die New York Times, Washington Post und Wall
       Street Journal in den vergangenen Tagen über Unruhen unter Demokraten im
       US-Kongress berichtet haben, befürchtet Biden keine bevorstehende Meuterei.
       Er habe mit führenden Politikern seiner Partei gesprochen und kein
       einziger, so Biden, habe seinen Rückzug gefordert.
       
       ## Dialog mit Gott
       
       „Ich meine, wenn der allmächtige Gott herunterkäme und sagen würde: ‚Joe,
       steig aus dem Rennen aus‘, würde ich aus dem Rennen aussteigen“, sagte der
       Präsident über die Möglichkeit eines Rückzugs.
       
       Er nutze das Interview außerdem als eine Gelegenheit, für seine Politik zu
       werben, die, wie er sagte, über die vergangenen dreieinhalb Jahre
       zahlreiche Erfolge hervorgebracht hat. Gleichzeitig attackierte er Trumps
       Politik und dessen Charakter.
       
       „Der Mann ist ein geborener Lügner“, sagte Biden über seinen politischen
       Widersacher. Er habe während der Debatte über 20-mal gelogen.
       
       Für Biden war es ein positives Interview. Es hat gezeigt, dass er auch ohne
       Teleprompter noch in der Lage ist, seine Politik und seine persönliche
       Situation ohne große Probleme zu artikulieren. Ob er damit die Bedenken in
       der Bevölkerung bezüglich seines Gesundheitszustandes und seines Alters aus
       dem Weg räumen konnte, ist fraglich.
       
       Biden wird in den kommenden Tagen auf Wahlkampftour unterwegs sein, bevor
       er in der kommenden Woche die Staatschefs vieler Nato-Mitglieder zum Gipfel
       in der US-Hauptstadt willkommen heißt.
       
       Dort wird er Donnerstag auch eine mit Spannung erwartete Pressekonferenz
       geben. Die Fragen über seine Kandidatur gehen derweil weiter und Fehltritte
       jeglicher Art kann sich Biden nur wenige Monate vor der Wahl fast nicht
       mehr erlauben.
       
       6 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Hansjürgen Mai
       
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