# taz.de -- Die Wahrheit: Wasser marsch! Vielleicht!
       
       > Ein Brand. Die gesamte Stadt ist auf den Beinen. Die Feuerwehr greift
       > ein. Oder doch nicht. Erst einmal gibt es Verhandlungen mit allen
       > Beteiligten.
       
 (IMG) Bild: Im Idealfall wird der Brand nach kurzer Zeit gelöscht. Aber es kann auch ganz anders kommen
       
       „Wir haben eine Einigung!“ Als Oberbrandmeister Rolf Degenschmidt um vier
       Uhr früh vor die Presse tritt, sieht man ihm die Erschöpfung, aber auch die
       Erleichterung an. „Die Verhandlungen waren hart“, berichtet er, „und wir
       standen mehrfach kurz davor, abzubrechen und einfach die 112 zu wählen.
       Aber am Ende haben wir uns zusammengerauft. Die wichtigste Nachricht: Wir
       sind und bleiben handlungsfähig. Und wir können den Einsatz jetzt konkret
       vorbereiten.“
       
       Eine junge Reporterin ruft dazwischen: „Aber wieso hat das so lange
       gedauert? Das Haus brennt schließlich seit gestern Abend.“ Gönnerhaft
       wendet Degenschmidt sich ihr zu. „Wir haben die Lage vollkommen unter
       Kontrolle. Und es war noch nie gut, etwas zu überstürzen.“
       
       Eine weitere Frage schallt durch den Raum: „Aber wird der Schaden nicht
       immer größer?“ Mit mühsamer Beherrschung antwortet der Oberbrandmeister:
       „Junger Mann, das Thema Brandschutz sollten Sie wirklich den Profis
       überlassen. Und diese Profis müssen sich jetzt um die erforderlichen
       Maßnahmen kümmern. Schließlich liegt das Thema Feuer uns allen am Herzen.
       Richtig verstandene Feuerbekämpfung nützt vor allem kommenden Generationen.
       Aber alles in Maßen.“
       
       Als nächstes tritt die Vorsitzende der Handwerkerinnung vor die Mikrofone.
       Sie wirkt hochzufrieden. „Sie sehen mich glücklich. Den wirtschaftlichen
       Notwendigkeiten wird Rechnung getragen. Und das ist eine gute Nachricht für
       die gesamte Stadt. Wirtschaft ist zwar nicht alles, aber ohne Wirtschaft
       ist alles nichts.“
       
       ## Zukunft ohne Zukunft
       
       Frage: „Haben Sie nicht auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung? Da
       brennt gerade ein Haus ab! Und die Zukunft einer Familie!“
       
       „Unserer Verantwortung werden wir selbstverständlich gerecht. Wir sperren
       uns keineswegs gegen angemessenes Löschen. Und ich darf Sie daran erinnern,
       dass man abgebrannte Häuser wieder aufbauen kann. Schöner, größer,
       moderner. Dafür stehen unsere Handwerksbetriebe, die so dringend auf
       Aufträge angewiesen sind, um die Arbeitsplätze zu erhalten.“
       
       Schließlich kommt der Bürgermeister. Er wirkt bedrückt. „Ich hätte gerne
       einen früheren Löschbeginn gesehen. Aber die Gespräche mit den Anwohnern
       waren hart. Sie wiesen erstens auf die unzumutbare Ruhestörung durch
       nächtliches Löschen hin. Und zweitens auf die positiven Helligkeits- und
       Wärmeeffekte des Feuers auf ihre eigenen Häuser. Einige wollten sogar, dass
       wir noch Öl ins Feuer gießen, damit es bei ihnen drei oder vier Grad wärmer
       wird. Aber wir haben durchgesetzt, dass 1,5 Grad das Ziel bleiben. Wichtig
       war uns auch, den Eltern gerecht zu werden. Ihre Kinder haben teilweise
       noch nie ein brennendes Haus gesehen. Ein solches Once-in-a-Life-Erlebnis
       dürfen wir ihnen nicht vorenthalten. Sobald sie ausgeschlafen und
       gefrühstückt haben, sollen sie sich das Feuer noch ansehen können.“
       
       „Aber was sagen denn die Versicherungen?“ Der Bürgermeister zuckt mit den
       Achseln: „Ist denen egal. Bei Löschkompromissen zahlen sie grundsätzlich
       gar nichts. Das ist bitter für die Hauseigentümer. Aber man wird eben nie
       alle zufriedenstellen können. Und nun lade ich Sie ganz herzlich ein zu
       neun Uhr am Brandort. Bei Schnittchen und heißem Kaffee wird ab neun Uhr
       gelöscht.“
       
       16 Jul 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Oliver Domzalski
       
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