# taz.de -- Deutschland gegen Spanien: Neue Leichtigkeit des Seins
       
       > Das DFB-Team hat erreicht, was vor wenigen Monaten unvorstellbar schien.
       > Mit Kroos und Rodri treffen die größten Mittelfeldstrategen aufeinander.
       
 (IMG) Bild: So schlimm sieht's doch gar nicht aus: Toni Kroos mit Robert Andrich
       
       Im Lichte der güldenen Gegenwart kommt die dunkle Vergangenheit nur noch
       selten zum Vorschein. Denn bereits zum jetzigen Zeitpunkt hat das DFB-Team
       etwas erreicht, was vor wenigen Monaten [1][nach konstant desolaten
       Auftritten] vielen unverstellbar erschien. Das Minimalziel sei erreicht,
       stellt Toni Kroos vor der Viertelpartie gegen Spanien fest. Er bemerkte,
       dass man unabhängig vom Ausgang dieser EM „im Nachgang nicht mehr von einer
       Katastrophe sprechen kann“.
       
       Noch scheinen in Deutschland schlechte Resultate der DFB-Elf eher
       kollektives Entsetzen zu erzeugen als [2][gute Wahlergebnisse der AfD]. Ein
       immenser Druck lastete auf der Elf des Gastgebers. Insofern kann die neue
       Unabhängigkeit und Leichtigkeit, die sich die Fußballer durch den schwer
       erkämpften Sieg gegen Dänemark geschaffen haben, nicht hoch genug
       eingeschätzt werden.
       
       „Ich glaube, dass der Glaube in der Mannschaft jetzt schon extrem gewachsen
       ist in den letzten Monaten, weil wir auch die Erlebnisse dafür hatten“,
       sagte Kroos. Er verwies auf das Schlüsselerlebnis im März, als man im
       Testspiel gegen starke Niederländer die Partie drehen konnte, und eben auf
       die jüngsten schwierigen Phasen bei dieser EM gegen Ungarn, die Schweiz und
       Dänemark, die allesamt erfolgreich bewältigt wurden. Im Kurzzeitgedächtnis
       haben sich nun jede Menge „gute emotionale Momente“, wie das Bundestrainer
       Julian Nagelsmann nennt, angehäuft.
       
       Das spiegelt sich auch auf den täglichen Pressekonferenzen wieder. Diese
       Woche wurde mitunter eifrig geflachst und gewitzelt. Die emotionale Kraft
       und Widerständigkeit wird man gegen Spanien, die wegen ihrer bislang
       gezeigten Leistungen und ihrer größeren Variabilität im Kader als Favorit
       gelten dürfen, gut gebrauchen können.
       
       ## In der Mitte entschieden
       
       [3][Der Dribbelstärke und Geschwindigkeit der jungen spanischen
       Außenstürmer Nico Williams (21) und Lamine Yamal (16)] können die
       Außenverteidiger Joshua Kimmich und voraussichtlich David Raum kaum allein
       begegnen. Zumal Kimmich im direkten Duell gegen Williams erhebliche
       Temponachteile haben dürfte.
       
       Das ausschlaggebende Kräftemessen wird nach der Vorstellung von Toni Kroos
       allerdings in seinem Arbeitsbereich ausgetragen. Grundsätzlich, erklärte
       er, würden solche Spiele immer in der Mitte entschieden. „Wer da ein
       gewisses Übergewicht bekommt, die Duelle gewinnt, in der Lage ist, das
       Spiel mehr zu kontrollieren, hat in meinen Augen immer die bessere Chance,
       das Spiel zu gewinnen.“
       
       ## Duell der Strategen
       
       Mit Kroos und Rodri treffen hierbei die wohl größten Mittelfeldstrategen
       dieses Turniers aufeinander. So klingt es fast schon nach einer maßlosem
       Untertreibung, wenn Toni Kroos sagt: „Man kann sich insgesamt auf ein
       relativ interessantes Spiel freuen, sagt mir mein Gefühl.“
       
       Von der Begegnung mit dem starken Kontrahenten verspricht sich der
       34-Jährige auch eventuelle Vorteile. Im Verlaufe des Turniers haben die
       Gegner immer stärker versucht, mit einer engen Bewachung von Kroos auch den
       gesamten deutschen Spielfluss auszuschalten. In Spanien wird dem gebürtigen
       Greifswalder, der [4][gerade bei Real Madrid tränenreich verabschiedet
       wurde], zwar möglicherweise der größte Respekt entgegengebracht, doch
       dieser weiß, dass deren Nationalspieler „in erster Linie darauf schauen,
       was sie tun. Sie kommen eher über den eigenen Fußball, über die eigene
       Feinheit.“
       
       Sollte es also dem deutschen Team gelingen, sich nicht vom spanischen
       Übergewicht erdrücken zu lassen, ergeben sich manche Freiheiten. So
       treffen sie das erste Mal in diesem Turnier auf eine Abwehrkette, die mit
       vier statt mit fünf Spielern besetzt ist. Für die kreativen Offensivkräfte
       wie Jamal Musiala, İlkay Gündoğan oder Kai Havertz könnten sich dadurch
       mehr Räume ergeben.
       
       Für Toni Kroos hat diese Partie gegen seine Wahlheimat noch eine
       zusätzliche besondere Dimension. Mit dieser EM, so hat er angekündigt, wird
       seine Karriere enden. Es könnte also auch noch seine letzte Partie als
       Profifußballer sein. Bei seinem Auftritt am Donnerstag auf der
       Pressekonferenz war das eines der großen Themen. Wie sehr ihn dieser
       Umstand beschäftige, wollte dann am Ende auch noch mal ein spanischer
       Journalist wissen. Kroos sagte: „Das stört mich nicht, das ist eher eine
       Motivation.“
       
       5 Jul 2024
       
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