# taz.de -- Macrons Taktieren vor der Stichwahl: Den Weg zurück verbaut
       
       > Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gilt als
       > Sowohl-als-auch-und-zugleich-Politiker. Der Ausgang der Stichwahl scheint
       > ihn nichts mehr anzugehen.
       
 (IMG) Bild: Emmanuel Macron am Tag der Bastille: Gab es da womöglich einen verborgenen Plan, der für uns einfache Gemüter nicht sofort erkennbar ist?
       
       Sorgenvoll fragt man sich in Frankreich, aber auch im benachbarten Europa,
       [1][was Präsident Emmanuel Macron sich gedacht haben mag], als er wie aus
       einem großen Ärger über seine Niederlage bei der Wahl der EU-Abgeordneten
       die Nationalversammlung auflöste und seinen verdutzten Landsleuten
       Neuwahlen anordnete. Denn es ist offensichtlich, dass dies für ihn so
       ziemlich der ungünstigste Moment war, um alles aufs Spiel zu setzen.
       
       Gab es da womöglich einen verborgenen Plan, der für uns einfache Gemüter
       nicht sofort erkennbar ist? Vergeblich sucht man auch in den Zeitungen und
       Analysen von Experten der französischen Politik eine rationale oder
       wenigstens plausibel erscheinende Erklärung. „Der Wahlpoker vom 9. Juni mit
       der Ankündigung der Auflösung (der Nationalversammlung) ist eine totale
       Pleite“, konstatiert ein Leitartikel von Le Monde, in dem alle [2][noch
       möglichen Optionen abgewogen werden, die Macron nach den Stichwahlen vom
       Sonntag] haben wird.
       
       Seit der ersten Runde hat der Präsident nichts zu seiner Rechtfertigung
       gesagt. Als ob ihn das jetzt alles gar nichts mehr angehen würde. In einer
       publizierten kurzen Mitteilung wünschte er zwar eine „breite nationale“
       Einheit der demokratischen Kräfte, die „klar“ hinter der Republik stehen.
       Doch wie meistens mit diesem Sowohl-als-auch-und-zugleich-Politiker ist
       nichts klar, vor allem nicht die Antwort auf die entscheidende Frage, wen
       er zu den aufrechten Demokraten zählt und wen nicht.
       
       Im Vorfeld der ersten Wahlrunde hatte er aus einer sehr kurzfristigen
       [3][taktischen Überlegung] die Linke pauschal als „antiparlamentarisch“ und
       „antisemitisch“ verleumdet. Indem er seine Landsleute in dieser exzessiven
       Weise vor der Wahlunion seiner linken Gegner warnte, hat er sich selber den
       Weg zurück in die politische Rationalität verbaut. Denn mit welcher
       Legitimität und Glaubwürdigkeit kann er jetzt, bloß ein paar Tage danach,
       die ihm verbliebenen Anhänger des Macronismus zu einer Abwehrfront mit
       dieser verteufelten Linken gegen die extreme Rechte aufrufen?
       
       Und dann auch noch: [4][Wie sollen die Franzosen und Französinnen ihrem
       Staatschef vertrauen,] der laut der Verfassung das letzte Bollwerk der
       Demokratie ist, in seinem scheinbar unüberlegten Handeln aber Voraussicht
       nach einen monumentalen und geradezu grotesk anmutenden Irrtum begangen
       hat?
       
       3 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Vor-Stichwahl-in-Frankreich/!6021492
 (DIR) [2] /Frankreichs-politisches-System/!6017953
 (DIR) [3] /Parlamentswahlen-in-Frankreich/!6017963
 (DIR) [4] /Parlamentswahl-in-Frankreich/!6017908
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Schwerpunkt Rassemblement National
 (DIR) Stichwahl
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Parlamentswahl in Frankreich: Macrons gescheiterte Querfront
       
       Einst wurde Macrons Bewegungs-Partei als Revolution gefeiert. Nun wird
       klar: Sie hat die demokratische Mitte nicht geeint, sondern
       auseinandergetrieben.
       
 (DIR) Vor Stichwahl in Frankreich: Hoffen auf republikanische Disziplin
       
       207 Kandidaten, die für die Stichwahl in Frankreich qualifiziert wären,
       haben verzichtet. Sie wollen damit einen Sieg der extremen Rechten
       verhindern.
       
 (DIR) Ökonom über Wahlen in Frankreich: „Profit fließt auch in Autokratien“
       
       Frankreichs Rechte will die Finanzmärkte nicht verunsichern, sagt Ökonom
       Sebastian Dullien. Trotzdem wird es für die EU schwierig, wenn sie
       regieren.
       
 (DIR) Frankreich-Wahl im Deutschland: Exil-Franzosen ticken anders
       
       Die Kandidatin des linken Nouveau Front Populaire bekommt in Berlin im
       ersten Wahlgang über 50 Prozent. Aber reicht das für die Stichwahl am
       Sonntag?