# taz.de -- Die Wahrheit: Um die klare Ecke gedacht
       
       > Die Metaphysik des Kantholzes: Zum 300. Geburtstag alles über den
       > Königsberger Heim- und Handwerkergott Immanuel Kant.
       
 (IMG) Bild: Bis zur Epoche der Aufklärung konnten ausschließlich Rund- und keine Knthlzr gedrechselt werden
       
       Immanuel Kant würde in diesem Jahr seinen 300. Geburtstag feiern.
       Selbstverständlich war er auch als Philosoph recht erfolgreich, aber
       richtig bekannt sollte der Königsberger auf der Weltbühne erst durch die
       umwälzende Erfindung des Kantholzes werden. Besonders die junge
       aufstrebende Heimwerkergemeinde des 18. und 19. Jahrhunderts sollte Kant
       dafür hymnisch verehren.
       
       Die weniger handwerklich- und baumarktorientierten Leser und Leserinnen
       werden fragen, was ist eigentlich ein Kantholz und wozu ist es gut? Zu
       Recht! Denn vor dem holzaffinen Visionär Kant waren auf dem Holzmarkt nur
       ganz einfache Rundhölzer bekannt, die sich leidlich zu gröberen Holzhäusern
       zusammenfügen ließen, durch deren grobe Ritzen allerdings der Wind pfiff.
       
       Kant jedoch war schon früh für sein viereckiges Denken bekannt und erkannte
       intuitiv, dass sich eckige Hölzer weitaus besser zu einem stabilen Ganzen
       zusammenfügen lassen und erfand so das viereckige Kantholz, eine Revolution
       auf dem damaligen Heimwerkermarkt!
       
       Als erstes legte der Meister fest, dass seine Kanthölzer als Schnittholz
       ein Mindestmaß von sechs Zentimetern Dicke aufweisen sollten. Jedes Maß
       darunter könnte man allenfalls als billiges Bauschnittholz auf den Baumarkt
       bringen, legte Kant fest. Er gab seinem Schnittholz die DIN-Norm 68252 –
       und siehe, es war gut so. In seiner Kritik der praktischen
       Holzschneidevernunft definierte er auch gleich, dass ein Kantholz ab 20
       Zentimeter Querschnittseite schlicht „Balken“ genannt werden sollte.
       
       Die rasch wachsende Gemeinde der Kantianer folgte diesen ehernen Gesetzen
       ehrfürchtig, Kritiker wie Schnittholz-Schelling sprachen dagegen abfällig
       von normiertem Denken und verbohrter Brett-vor-dem Kopf-Mentalität. Kant
       war das egal, wichtig war ihm hingegen die Unterscheidung von sägerohem,
       frischem und luftgetrocknetem Holz, und er mahnte früh: „Sägeroh macht nur
       den Pfuscher froh! Wenn man nämlich den Schnitt, also die Spuren der
       Sägeblätter sieht. Dagegen wohl dem, der trockenes Holz erwirbt und
       verbastelt und hobelt, dass die Späne fliegen.“ Gut gemahnt, Meister!
       
       Was der ausgewiesene Kantianer Kantholz nennt, wird von Abweichlern,
       Renegaten und anderen Holzbanausen Bohle, Diele oder Latte genannt. Doch
       unangefochten steht der stolze Begriff Kantholz über diesen
       Weichholzbegriffen. Spätestens mit seiner „Metaphysik des Kantholzes“
       hobelte der kluge Königsberger alle faulen Fachbegriffe fort. Der Begriff
       „klare Kante“ geht übrigens nicht, wie allgemein behauptet, auf den
       seinerzeitigen SPD-Chef Franz Müntefering, sondern auf den Meister aus
       Königsberg zurück.
       
       Kant wurde zwar als einsilbig kritisiert, was auch zutraf, aber wenn er
       dann einmal etwas zum Besten gab, sollte er gewöhnlich den Nagel auf den
       Klotzkopf treffen. Das bekannteste geflügelte Wort des versierten
       Kantholzphilosophen ist sicherlich „Sapere aude lignum“. Mit anderen
       Worten, „Habe den Mut dich deines Kantholzes zu bedienen.“ Manchmal kann
       Philosophie richtig weh tun.
       
       18 Jun 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kriki
       
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