# taz.de -- Eishockey-WM in Prag und Ostrava: Stimmung an der Zapfsäule
       
       > Tschechien spielt sich wieder einmal zum Weltmeister-Titel: Es siegt 2:0
       > über die Schweiz. Und beweist: Eine offensive Verteidigung gewinnt
       > Turniere.
       
 (IMG) Bild: Ziel erreicht: Tschechische Spieler bejubeln den WM-Titel
       
       Es heißt: Verteidigen gewinnt Spiele. Bei der 87. [1][Eishockey-WM] in
       Tschechien ist der Gastgeber im Finale gegen die Schweiz – wie auch schon
       im Viertelfinale gegen die USA – ohne Gegentor geblieben. Und verdient
       Weltmeister geworden, zum 13. Mal in der Geschichte.
       
       Mit dem hochklassigen Tor zum 1:0 von David Pastrnak zehn Minuten vor
       Spielende, ein Direktschuss über den rechten Schoner des im gesamten
       Turnier überragend spielenden Leonardo Genoni, war das Finale entschieden
       und die Euphorie nicht zu stoppen – nicht im Stadion und nicht beim Public
       Viewing vor der Arena in Prag.
       
       Als der Schweizer Trainer, Patrick Fischer, Genoni zwei Minuten vor Schluss
       vom Eis nahm, um die Überzahl zu forcieren, traf David Kampf ins leere Tor
       zum 2:0-Endstand. Mit einer Fangquote von über 94 Prozent kann Genoni sich
       mit dem Titel „Bester Torhüter des Turniers“ schmücken. Dicht gefolgt
       hinter ihm ist der Tscheche Lukas Dostal mit 93,90 Prozent. Verteidigung
       gewinnt Turniere.
       
       Tschechien ist mit 797.000 Besuchern in den Arenen von Prag und Ostrava ein
       erstklassiger Gastgeber gewesen, von dem Deutschland für die WM 2027 in
       Mannheim und Düsseldorf einiges lernen kann. Vor den Arenen auf dem
       Fanfestgelände war eine ausgelassene Stimmung mit vollem
       Entertainmentprogramm und vollen Urquell-Zapfsäulen.
       
       In Tschechien hat Eishockey einen hohen Stellenwert. Mit knapp 10,5
       Millionen Einwohnern und 109.000 Eishockeyspielern ist die Qualität der
       Ausbildung und die Auswahl an Weltklassespielern hoch. Zum Vergleich, in
       Deutschland sind 22.000 Spieler aktiv.
       
       ## Der Einfluss der NHL
       
       Mit dem Ende der WM geht die Eishockeysaison in Europa in die Sommerpause.
       Jedes Jahr stellt sich die Frage, ob die WM auch wirklich eine vollwertige
       WM ist, weil mal mehr und mal weniger Spieler [2][aus der
       nordamerikanischen Profiliga NHL] mitspielen. Immer wieder hapert es unter
       anderen mit den Versicherungen der NHL-Teams, die ihre Spieler nicht zur WM
       schicken, sondern lieber schonen wollen. Für die Olympischen Spiele 2026 in
       Mailand und Cortina d’Ampezzo wird die NHL ihr Personal 2026 freigeben.
       Zudem veranstaltet die NHL 2025 wieder den World Cup of Hockey – ihr
       eigenes Länderturnier. Und 2027 findet die Weltmeisterschaft wieder in
       Deutschland statt.
       
       Keine schlechte Ausgangslage. Die [3][Deutsche Eishockey-Liga (DEL)] hat
       die meisten Zuschauer in Europa, und auch auf den Bildschirmen wächst die
       Liga: Magenta Sport und DF1 übertragen die meisten Spiele. Pro7 und „ran“
       senden NHL-Spiele live und intensivieren die Berichterstattung vor und nach
       dem Spiel.
       
       Und die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB)? Hat noch nie so viele
       Tore bei einer WM geschossen wie diesmal. 35 waren es. Die neue
       Offensivkraft drückt sich in der höchsten Toreffizienz und dem besten
       Powerplay des Turniers aus.
       
       Es fehlten aber der verletzte Noebels von den Eisbären Berlin sowie Moritz
       Seider, „NHL Rookie of Year 2023“ und vor einem Jahr eine Schlüsselfigur
       beim Gewinn der Vize-WM. Auch Tim Stützle von den Ottawa Senators sowie
       Leon Draisaitl fehlten. Der Superstar Draisaitl spielt noch im Western
       Conference Final mit den Oilers.
       
       ## Lehren für Deutschland
       
       Dass die Schweiz derart stark geworden ist – die 2018, 2021 und 2023
       jeweils gegen Deutschland ausgeschieden war –, liegt an ihrer
       Defensivkraft. Und an einem Genoni zwischen den Pfosten.
       
       Eigentlich ist hierzulande mit dem umfassenden Entwicklungskonzept
       PowerPlay 2026 das Ziel des DEB, bis dahin eine Medaille zu gewinnen, schon
       früh erreicht worden: Silber bei Olympia, [4][Silber bei der WM 2023]. Doch
       es fehlen leider Eisflächen sowie größere Einnahmen aus den
       TV-Übertragungen. Insgesamt können die DEL und der DEB noch mehr in die
       Vermarktung und Sichtbarkeit investieren.
       
       28 May 2024
       
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