# taz.de -- Deutsche Eishockey-Meisterschaft: Wie Fischtown rockt
       
       > Knapper könnte es im DEL-Finale nicht sein. 2:1 führen die Eisbären
       > Berlin. Doch Bremerhaven macht die Serie weiterhin spannend.
       
 (IMG) Bild: Mit Schal und Nationalhymne in den Kampf: Vor dem 3. Finalspiel in Bremerhaven am Sonntag
       
       Verloren haben sie, aber die [1][Fischtown Pinguins] aus [2][Bremerhaven]
       haben dennoch wieder Geschichte geschrieben! Ihr allererstes
       [3][Halbfinale], dann direkt das Finale – und nun legten sie gemeinsam mit
       ihren Gegnern aus Berlin das längste Finalspiel der [4][Deutschen Eishockey
       Liga] (DEL) hin. Nach fast 100 Minuten Spielzeit schossen die [5][Eisbären
       Berlin] am Sonntag das Tor zum 2:1-Sieg und zur 2:1-Führung in der
       laufenden Best-of-Seven-Serie um die Meisterschaft.
       
       „Berlin war in der ersten Overtime schon besser“, sagt ein Fischtown-Fan
       nach Abpfiff des Heimspiels in Bremerhaven. „Aber das sind für mich Helden.
       Dass die überhaupt so lange mit so einer Mannschaft mithalten können.“ So
       eine Mannschaft: Damit meint er die Eisbären, Rekordmeister aus der
       Hauptstadt, die ihren zehnten Titel holen wollen. Ihnen gegenüber stehen
       die [6][Pinguins] aus der Kleinstadt an der Nordsee.
       
       Erst seit 2016 spielen sie in der DEL, haben den kleinsten Etat der Liga,
       sind bislang immer im Viertelfinale der Playoffs ausgeschieden. Doch dieses
       Jahr haben sie schon den Noch-Meister München rausgeworfen. Während der
       regulären Saison entschied Fischtown sogar drei der vier Partien gegen
       Berlin für sich, war am Ende Tabellenführer.
       
       Die Inszenierung in der Eisarena Bremerhaven passt zur Geschichte des
       aufstrebenden Außenseiters, die Fischtown erzählen will: Zum Lied „Hoch im
       Norden“ werden vor Spielbeginn Zeitlupen-Aufnahmen von Spielszenen, vom
       Hafen der Stadt oder von der Eisarena gezeigt. Dann wird das Licht gedimmt,
       zu dramatischer Musik erscheinen historische Bilder mit einem jungen Alfred
       Prey, langjähriger Manager der Pinguins, der jetzt in seiner letzten Saison
       ist, und schließlich ein Pinguin, der – natürlich in Zeitlupe – aus dem
       Meer springt und übers Eis zu fliegen scheint.
       
       Die Lautstärke ist meist ohrenbetäubend – außer nach dem 1:0 für Berlin im
       ersten Drittel. Das Spiel am Sonntag lebt vom Kampf, der Spannung.
       Qualitativ ist es wohl eher die schwächste Begegnung bislang. Im zweiten
       Drittel gelingt Bremerhaven der Ausgleich, benötigt dazu aber eine doppelte
       Überzahl. Nach drei Dritteln und einem Spielstand von 1:1 folgt die
       Verlängerung: Wer zuerst trifft, gewinnt.
       
       ## „Dieses Jahr sind wir dran“
       
       „Ihr könnt Geschichte schreiben“, dröhnt es aus den Lautsprechern. Beide
       Fanblöcke geben keinen Moment Ruhe, auch die restlichen Fans klatschen,
       schreien und stehen die meiste Zeit, obwohl vielen die Erschöpfung ins
       Gesicht geschrieben steht – etwa vier Stunden nachdem sie die Eisarena
       betreten haben. Der Imbiss mit Wurst und Pommes hat längst zugemacht.
       Insgesamt schauen gut 4.500 Menschen zu.
       
       Schon um 14 Uhr, eineinhalb Stunden vor Spielbeginn, stehen die Fans vor
       dem Eingang der Eisarena. Männer, Frauen, Jugendliche, Familien.
       „Fantastisch, total anders“, beschreibt eine Frau die Saison. Sie steht mit
       zwei anderen Erwachsenen zusammen, schon seit 15 Jahren sind die drei
       gebürtigen Bremerhavener dabei, haben Dauerkarten. „Man ist so euphorisch.“
       Woran sie den Erfolg festmacht? „Es sind ja nicht mehr viele neue Spieler
       dazugekommen. Die sind eingespielt, kennen sich. Dieses Jahr sind wir
       dran.“
       
       Das sehen auch einige Berliner Fans so. „Bremerhaven hat eine super Saison
       gespielt. Sie wären verdient Meister.“ Was trotzdem für Berlin spricht?
       „Die Erfahrung. Viel mehr wahrscheinlich nicht.“ Und die Atmosphäre, sagt
       ein Berliner Fan: „Das war super, die Stimmung, die Fans.“
       
       ## Prügeln wie Kleinkinder
       
       Super sind sie wirklich, die Fans, auch darin, Gegner und Schiris
       auszubuhen und anzuschreien. Auch die Spieler sind aggressiv, gerade gegen
       Ende gibt es einige Auseinandersetzungen. Eine handfeste Prügelei haben die
       beiden Teams bislang aber nicht aufs Eis gelegt. So eine gab es beim
       fünften Spiel der Playoff-Serie Berlin gegen Straubing: Während zwei
       Spieler mit Fäusten aufeinander einschlugen, spielte der Hallen-DJ das
       Intro von „Eye of the Tiger“, das Publikum johlte.
       
       Eishockey: Das ist der Sport, in dem das irgendwie normal ist, wenn sich
       Spieler wie Kleinkinder prügeln und im Schwitzkasten halten, bis die
       Eltern, also die Schiris, sie wieder auseinanderklamüsern. Aber auch der
       Sport, bei dem man aufgrund des selbstverständlichen Tempos manchmal
       vergisst, dass sich das beeindruckend schnelle Spektakel auf Schlittschuhen
       abspielt.
       
       22 Apr 2024
       
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 (DIR) Alina Götz
       
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