# taz.de -- Derby zwischen Braunschweig und Hannover: Wie Silvester im April
       
       > In Braunschweig schossen Fans mit Pyros aufs Fußballfeld und in den
       > Familienblock. Das 0:0 hilft in der Zweiten Liga keinem richtig weiter.
       
 (IMG) Bild: Egal, wohin sie fliegen: Fans beider Lager haben gute neue Argumente für Geisterspiele geliefert
       
       Braunschweig taz | Wer an diesem Sonntag zufällig an der Hamburger Straße
       in Braunschweig vorbeikommt, wähnt sich wahrscheinlich im falschen Film,
       für den 1. Mai ist es schließlich noch ein bisschen früh: Polizei so weit
       das Auge reicht, Reiterstaffeln haben Aufstellung genommen, Wasserwerfer
       stehen bereit. Die Hauptwege rund um das Stadion sind abgesperrt. Über
       1.000 Beamte sind im Einsatz.
       
       Als Heimfan bekommt man die Auswärtsbesucher nicht zu Gesicht, erst im
       Stadion, wo striktes Alkoholverbot herrscht, sieht man sie in der weit
       entfernten Gästekurve. Und dafür gibt es gute Gründe.
       
       Die Feindschaft zwischen Hannover und Braunschweig währt seit
       Jahrhunderten. Einst ging es um Machtspiele am königlichen Hofe und
       Vorrechte der verschiedenen Adelslinien, später um die Vergabe der
       niedersächsischen Landeshauptstadt oder einen Platz in der neu gegründeten
       Bundesliga. Immer wähnte sich eine Stadt benachteiligt.
       
       Heute wird diese Rivalität – fast ausschließlich – im Fußball ausgelebt. In
       der Woche vor dem Derby fuhren 21 Postautos mit dem Eintracht-Logo durch
       Hannover, Produkt einer nächtlichen Sprühaktion. In der Braunschweiger City
       dagegen tauchte ein riesiges Banner zur Lobpreisung des Nachbarclubs auf.
       Wenigstens kamen diesmal keine lebenden oder toten Tiere zum Einsatz.
       
       Und es gibt einen gemeinsamen Feind: die niedersächsische
       [1][Innenministerin Daniela Behrens (SPD)], die bei diesem Derby im Stadion
       anwesend sein soll und schon im Vorfeld mit dem Ausschluss von Gästefans
       oder Geisterspielen gedroht hatte, falls es [2][wieder zu Ausschreitungen]
       kommt. Da sie sich bislang beharrlich weigert, mit Fanorganisationen zu
       sprechen, hat sie sich den Zorn beider Lager zugezogen. Zu einer
       gemeinsamen Fanaktion kommt es trotzdem nicht. Ganz im Gegenteil.
       
       Beide Kurven haben Silvester in diesem Jahr vorverlegt. Böller, Rauchtöpfe,
       Raketen, fast über das ganze Spiel hinweg. Dabei spielt keine Rolle, was
       auf dem Feld gerade passiert; ob die Glitzerraketen beim Gegner oder dem
       eigenen Team vor den Füßen landen.
       
       Eklig wird es, als aus dem Gästeblock Leuchtgeschosse in den heimischen
       Familienblock fliegen, wo auch Kinder sitzen. Die Eintrachtler bedenken
       ihre eigenen Ordner indes mit Böllern, deren Lautstärke an eine Handgranate
       heranreicht. Die Rücksichtslosigkeit und Dummheit scheint trotz aller
       Appelle im Vorfeld unendlich.
       
       Man könnte fast vergessen, dass es „nur“ um Sport geht. Dabei ist allein
       die Konstellation brisant: 96 braucht dringend drei Punkte, um im
       Aufstiegsrennen zu bleiben. Die Eintracht benötigt den Sieg, um sich von
       den Abstiegsplätzen zu entfernen. Der Auftritt beider Mannschaften lässt
       das allerdings nicht vermuten. Ängstlich, passiv, ohne Feuer agieren die
       Kontrahenten – zumindest auf dem Platz. Viele Fehlpässe, Geplänkel im
       Mittelfeld, Chancen sind meist Zufallsprodukte.
       
       Am Ende steht ein 0:0, mit dem die Eintracht wahrscheinlich eher leben
       kann. Dank des besseren Torverhältnisses schiebt sie sich auf den rettenden
       15. Rang – eine Platzierung, die noch vor Monaten undenkbar schien.
       
       ## Trainer und Sportdirektor mussten gehen
       
       Die Verpflichtung von Trainer Jens Härtel zu Saisonbeginn hatte sich als
       Fehler erwiesen. Der wurde nach nur einem Sieg aus zehn Spielen im Oktober
       mit seiner Freistellung und der Entlassung von Sportdirektor Peter Vollmann
       korrigiert. Von den vergangenen zehn Spielen gewann die Eintracht immerhin
       drei und holte zwei Unentschieden. Immer noch keine traumhafte Statistik,
       konstante Ergebnisse fehlen. Für diesen Kader ist es aber wohl das Maximum,
       das man herausholen kann.
       
       Erst mit der Verpflichtung von Trainer Daniel Scherning wurde die
       Braunschweiger Eintracht wieder wach, wurde aus einer Ansammlung von
       Spielern ein Kollektiv. Scherning, als Spieler hauptsächlich in Regional-
       und Oberligen unterwegs, hat einen Hebel gefunden, der zumindest die
       Ligazugehörigkeit sichern könnte.
       
       14 Apr 2024
       
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 (DIR) Marc Halupczok
       
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