# taz.de -- Science-Studie: Verschmutzte Luft stört Insekten
       
       > Der Duft der Blumen geht in der verschmutzten Luft verloren, wie Forscher
       > berichten. Bestäuber finden deswegen schwerer den Weg.
       
 (IMG) Bild: Weg zur Blume gefunden? Durch Luftverschmutzung wird das auch für Insekten, hier Bienen, immer schwieriger
       
       Washington dpa | Vor lauter Abgas riecht man gar nichts anderes mehr – das
       geht nicht nur Menschen in Großstädten so, sondern trifft einer Studie
       zufolge auch Insekten. [1][Luftschadstoffe] schränken mit ihrem Einfluss
       auf Duftstoffe womöglich die Bestäubung weltweit ein, wie ein
       Forschungsteam im Fachjournal Science berichtet. Viele
       [2][Pflanzenbestäuber] legen bei der Nahrungssuche angezogen von
       Blütendüften weite Strecken zurück.
       
       Nicht nur Lärm und [3][künstliches Licht] beeinflussen das Verhalten von
       Tieren, sondern auch vom Menschen freigesetzte Substanzen. Studien zuvor
       hätten bereits gezeigt, dass hohe Konzentrationen von Dieselabgasen oder
       bodennahem Ozon die Geruchserkennung von Insekten beeinträchtigen können,
       erläutert das Team um Joel Thornton und Jeffrey Riffell von der University
       of Washington. Oxidationsmittel wie Ozon (O3) und das Nitratradikal
       (NO3-Radikal) bauen demnach bestimmte Verbindungen ab, die lockenden
       Blumendüften zugrunde liegen.
       
       Die Forschenden untersuchten nun speziell die Auswirkungen von Ozon und dem
       NO3-Radikal auf die nächtliche Bestäubung der Nachtkerze (Oenothera
       pallida) durch Nachtfalter (Hyles, Manduca) im US-Bundesstaat Washington.
       Nachtkerzen verströmen demnach einen starken Blütenduft, der eine Vielzahl
       von Bestäubern anlockt. Etwa 300 Blüten wurden über insgesamt 200 Stunden
       hinweg beobachtet. Zudem wurden einzelne Komponenten des Duftes, ihre
       jeweilige Wirkung auf die Nachtfalter sowie ihr Abbau durch Ozon und das
       NO3-Radikal untersucht.
       
       ## Weniger Blütenbesuche
       
       Die Feldbeobachtungen und Laborexperimente des Teams zeigten, dass das
       NO3-Radikal – das in vielen Regionen nachts vorherrschende Oxidationsmittel
       – bestimmte Duftstoffe rasch abbaut. Betroffen seien insbesondere einzelne
       sogenannte Monoterpene, die auf die Falter besonders anziehend wirkten. Die
       Blüten seien in der Folge für die nachtaktiven Schmetterlinge kaum oder gar
       nicht mehr wahrnehmbar. Die Zahl der Blütenbesuche durch die Nachtfalter
       gehe um rund 70 Prozent zurück. In der Folge vermindere sich die
       Fruchtbildung der Nachtkerzen um etwa 30 Prozent.
       
       O3 hatte den Analysen zufolge in der Nacht einen geringeren Effekt als das
       NO3-Radikal. Ozon wird in Bodennähe tagsüber durch einen komplexen
       Mechanismus gebildet, an dem neben intensiver Sonneneinstrahlung vor allem
       Kohlenwasserstoffe und Stickoxide beteiligt sind. Das NO3-Radikal hingegen
       zerfällt unter dem Einfluss von Sonnenlicht. In der Nacht wiederum können
       aus der Reaktion von Ozon mit Stickstoffdioxid (NO2) hohe Mengen des
       NO3-Radikals entstehen.
       
       Das Team um Thornton und Riffell zeigte anhand eines globalen Modells auch,
       dass die O3- und NO3-Radikal-Belastung der Atmosphäre in vielen städtischen
       und stadtnahen Gebieten ausreicht, um die Entfernungen, über die Bestäuber
       Blüten wahrnehmen können, erheblich zu verringern.
       
       In bestimmten bevölkerten Regionen weltweit hätten sich die
       Dufterkennungsdistanzen seit der vorindustriellen Zeit teils wohl um 75
       Prozent oder mehr vermindert, schließt das Team aus modellierten
       Vergleichen. Luftschadstoffe könnten so Bestäubung und Erträge entscheidend
       beeinflussen, vermuten die Wissenschaftler.
       
       9 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Luftverschmutzung/!t5010133
 (DIR) [2] /Bienen/!t5017069
 (DIR) [3] /Forscher-ueber-Lichtverschmutzung/!5880129
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Umweltverschmutzung
 (DIR) Luftverschmutzung
 (DIR) Landwirtschaft
 (DIR) Insekten
 (DIR) Luftqualität
 (DIR) Zukunft
 (DIR) Luftqualität
 (DIR) Manja Schreiner
 (DIR) Zukunft
 (DIR) Licht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Abgaswerte in Osteuropa: Staaten verschleiern Luftverpestung
       
       Die Luftqualität in Osteuropa ist oft viel schlechter als offiziell
       angegeben, so eine Studie der Deutschen Umwelthilfe. Schuld sind
       Dieselabgase.
       
 (DIR) Luftqualität und Suizidrate: Saubere Luft gibt Lebensmut
       
       Eine Studie findet erstmals einen Zusammenhang zwischen weniger Feinstaub
       und dem Rückgang von Suizidraten. Wie lässt sich sowas überprüfen?
       
 (DIR) Neue Regelungen für Luftqualität: Luftige Standards in der EU
       
       Die neuen Regelungen in Brüssel gegen Luftverschmutzung sind umstritten.
       Der Industrie sind sie zu streng, Umweltschützern gehen sie nicht weit
       genug.
       
 (DIR) Aus für Tempo-30-Abschnitte: Bessere Luft mit Nebenwirkungen
       
       Laut Senatsverkehrsverwaltung ist die Rückkehr zu Tempo 50 an Hauptstraßen
       rechtlich geboten. Umwelt- und Mobilitätsverbände sehen das anders.
       
 (DIR) Filter und UV-Licht gegen Schadstoffe: Zeit für eine Luftveränderung
       
       Schlechte Raumluft lässt Menschen öfter krank werden und unkonzentrierter
       arbeiten. Hat die Coronapandemie geholfen, das Problem endlich anzugehen?
       
 (DIR) Forscher über Lichtverschmutzung: „Gerade ändert sich viel“
       
       Forscher Christopher Kyba erklärt, warum Zugvögel von Stromsparmaßnahmen
       profitieren. Und wie wir den Spaß an Licht neu entdecken können.