# taz.de -- DFB-Frauen in der Pflicht: Die nötige Lockerheit
       
       > In Frankreich geht es für die Deutschen um die Nations League: Schafft
       > die DFB-Elf den Sprung zu Olympia? Mindestens Dritte müssen sie werden.
       
 (IMG) Bild: Neue Hoffnung auf links: Sarai Linder aus Hoffenheim
       
       Für wen funkelt am Ende die Stadt der Lichter? Im Halbfinale der Nations
       League in Lyon trifft das Nationalteam von Horst Hrubesch auf Frankreich.
       Für Deutschland geht es um die Qualifikation für Olympia, die Französinnen
       sind als Gastgeberinnen qualifiziert, wollen aber mit der Nations League
       ihren ersten kontinentalen Titel gewinnen. Sollte Deutschland gewinnen,
       wäre die Olympiateilnahme klar. Bei einer Niederlage müsste das Spiel um
       Platz drei gegen Spanien oder die Niederlande gewonnen werden.
       
       „Ich denke, vor drei oder vier Monaten hätte keiner geglaubt, dass wir da
       stehen, wo wir jetzt sind. Ich glaube, dass wir in Lyon ein Spiel sehen
       werden, das auf Augenhöhe ist“, so Horst Hrubesch vor der Abreise aus
       Frankfurt. Tatsächlich war die Stimmung nach dem Gruppen-Aus bei der WM,
       der Auftaktniederlage gegen Dänemark und den nachfolgenden Entwicklungen
       rund um die ehemalige Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg im Keller.
       Ergebnistechnisch gab es danach nur noch einen Ausrutscher: Das letzte
       Gruppenspiel gegen Wales endete 0:0, das Team wirkte verkrampft, viel stand
       auf dem Spiel.
       
       Horst Hrubesch wird von allen Seiten gelobt, dem Team die nötige Lockerheit
       wiedergegeben zu haben. Die ist trotz der Wales-Partie bei den Spielerinnen
       auch spürbar. Ein Grund dafür ist neben allem herzerwärmenden Charisma
       auch, dass überspielt wirkende Akteurinnen konsequenter Pausen bekommen und
       stattdessen andere nominiert werden, die gut in Form sind.
       
       ## Linder und Endemann
       
       Eine Gewinnerin des letzten halben Jahres ist Hoffenheims Sarai Linder, die
       sich als linke Verteidigerin festgespielt hat. In der Offensive ist
       erstmals Vivien Endemann dabei, die eine unbekümmert erfolgreiche Saison
       spielt. Sie ist eine der schnellsten Spielerinnen der Bundesliga und könnte
       damit zum wichtigen Faktor werden.
       
       Schaut man darüber hinaus, fällt es jedoch mitunter schwer, den
       Stimmungsumschwung auch an konkreten Dingen auf dem Platz festzumachen,
       denn viel verändert hat sich an der Spielweise nicht. Hrubesch machte von
       Beginn seiner Interims-Tätigkeit klar, dass dies auch nicht seine Aufgabe
       sei. So bleibt größtenteils das Profil vergangener Tage: möglichst schnell
       umschalten, über die Flügel angreifen, Flanken auf Alexandra Popp.
       Probleme gegen tiefstehende Gegnerinnen. Schwierigkeiten, Konter zu
       verteidigen.
       
       Manches davon könnte auch über die Gastgeberinnen gesagt werden. Frankreich
       ist ähnlich wie Deutschland gegen schwächere Gegner gewohnt, viel in
       Ballbesitz zu sein, und legt darauf taktisch auch mehr Wert. Hervé Renards
       Teams haben häufig weit über 60 Prozent Ballbesitz. Die Französinnen sind
       geübt darin, daraus auch Gefahr zu erzeugen. Richtig gefährlich wird es bei
       Les Bleues aber immer noch vor allem dann, wenn es schnell über die Flügel
       geht und Marie-Antoinette Katoto oder Eugénie Le Sommer mit Flanken
       gefunden werden.
       
       ## „Für den Staff über Leichen gehen“
       
       Was Frankreich definitiv auch hat: Probleme mit gegnerischen Kontern. Es
       wird also um Kontrolle gerungen werden. Diese spannende Ausgangslage lockt
       (Stand Mittwoch) 25.000 Menschen ins Stadion von Olympique Lyon, dessen
       Kapazität bei 60.000 liegt. Der französische Verband hatte zunächst ein
       Kontingent von 30.000 freigegeben. Im Interview mit Le Parisien sagte
       Amandine Henry dazu: „Was muss man noch tun? Wir Spielerinnen geben alles.
       Es ist eine attraktive Partie, es ist ein schönes Stadion, eine schöne
       Stadt … Wenn man sich andere Länder ansieht, dort funktioniert es. Warum
       nicht bei uns?“
       
       Das einzige Nebenthema ist das nicht. Seit dem Wunsch der Ausleihe von
       Hervé Renard durch die Elfenbeinküste für den Afrika-Cup der Männer, die
       nur an einer finanziellen Einigung beider Verbände scheiterte, fokussieren
       sich die Schlagzeilen auf ihn. Laut L’Équipe heißt es aus dem Umfeld des
       Teams, dass einige Spielerinnen den Vorfall sehr kritisch sehen und die
       vormals gute Stimmung im Kader seitdem gedämpft sei.
       
       Auf einer Pressekonferenz einige Tage vor dem Spiel bemühte sich Selma
       Bacha, die Wogen zu glätten, und wählte dabei martialische Worte: „Als ich
       es mitbekommen habe, hat es mich ein wenig verletzt“, so Bacha, „aber ich
       wusste, dass er für die Nations League hier sein würde. Wir sind ihm
       jedenfalls nicht böse und bereit, für ihn und den Staff über Leichen zu
       gehen.“
       
       23 Feb 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annika Becker
       
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