# taz.de -- Prozess um Gruppenvergewaltigung: Tageshell, aber Tat bleibt dunkel
       
       > Im Prozess um eine mutmaßliche Gruppenvergewaltigung führt der Richter
       > ein möglicherweise entlastendes Video vor. Anwälte zweifeln Haftgründe
       > an.
       
 (IMG) Bild: Blick in den Görlitzer Park. Ein Prozess soll klären, was dort in einer Juninacht 2023 passiert – oder nicht passiert – ist
       
       BERLIN taz | Mehrmals lässt der Richter das Video abspielen. Und gibt dabei
       Hinweise, worauf es sich zu achten lohnt: „Die Lichtverhältnisse“, sagt er.
       Und: „Die anwesenden Personen. Die Hautfarben. Die Bekleidung.“ Das Video
       ist nur sieben Sekunden lang. Es ist Teil der Beweisaufnahme im Prozess um
       eine mutmaßliche Gruppenvergewaltigung im Görlitzer Park. Laut Anwalt des
       Angeklagten D. stellt es „eine Wende“ in diesem Prozess dar: Es soll den
       Beweis erbringen, dass sein Mandant unschuldig ist und die Aussagen der
       Zeugen zumindest zweifelhaft.
       
       Angeklagt sind D. und zwei weitere Tatverdächtige wegen besonders schwerer
       Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren Raubs.
       Sie sollen im vergangenen Juni im Görlitzer Park ein Ehepaar ausgeraubt,
       die Frau vergewaltigt und den Mann verprügelt haben. [1][D. streitet die
       Vorwürfe ab], die anderen beiden Tatverdächtigen haben sich bisher nicht
       geäußert.
       
       Im Video sind keine Gesichter zu erkennen. Die Sequenz zeigt einen
       Schwarzen Mann von hinten, vor ihm kniet eine weiße, nackte Frau, in einer
       Art Gebüsch, augenscheinlich haben sie Oralverkehr. Hinter der Frau steht
       wohl noch eine weitere Person. Man hört Vögel zwitschern und leise Musik.
       Und undeutliche Wörter, schwer zu verstehen, aber möglicherweise sagt
       jemand am Anfang: „Nimm sie, bitte.“ Gegen Ende berührt sich die Frau
       selbst. [2][Im Video ist es taghell].
       
       „Äußerungen des Missfallens“ seien in dem Video „nicht vernehmbar“, erklärt
       Anke Heimann, ebenfalls Verteidigerin des Angeklagten D. bei der
       Beweisaufnahme am Donnerstag. Nach diesem Video gebe es keine Anhaltspunkte
       für eine „Gruppenvergewaltigung mit einer in der Anklage dargestellten
       Dynamik“. Das Video widerspreche den Aussagen der mutmaßlich vergewaltigten
       Frau und ihres Ehemanns.
       
       ## Gericht soll Haft prüfen
       
       Beide hätten der Polizei nichts davon gesagt, dass die Frau vor der
       „angegebenen Gruppenvergewaltigung“ mit mindestens zwei Männern
       einvernehmlichen Sex gehabt habe. Die Anwältin sagt, das Gericht sei
       verpflichtet, zu prüfen, ob die „Voraussetzungen für eine
       Untersuchungshaft“ für D. noch vorliegen. Der Staatsanwalt widerspricht.
       Das Video sei extrem kurz, seine Aussage begrenzt. „Haftverschonung“ sei
       bei der „Heftigkeit des Vorwurfs“ nicht möglich.
       
       Aus diesen sieben Sekunden ließe sich nicht der ganze Tathergang ableiten,
       hatte auch der Anwalt der Zeugin und Nebenklägerin bereits beim
       Prozessauftakt gesagt. Das war auch der Tag, [3][an dem bekannt geworden
       war, dass es dieses Video] gibt. Seine Mandantin sei inzwischen
       zurückgekehrt in ihr Herkunftsland Georgien. Sie habe ihm aber zugesichert,
       dass sie zum nächsten Prozesstag im Februar kommen und wohl auch aussagen
       werde, sagt er nach der Beweisaufnahme.
       
       Mutmaßlichen Opfern von Vergewaltigung soll eigentlich erspart werden,
       wieder und wieder zu der Tat vernommen zu werden. Daher gibt es das
       Instrument der „richterlichen Videovernehmung“, die im Prozess anstelle von
       einer Zeugenaussage abgespielt werden kann. Seine Mandantin sei bisher nur
       von der Polizei vernommen worden, sagt der Anwalt. Die Voraussetzungen für
       eine Videovernehmung seien vor ihrer Ausreise nicht gegeben gewesen.
       
       Das Video soll am 21. Juni 2023 um 4.51 Uhr aufgenommen worden sein. Gegen
       5 Uhr sollen die Angeschuldigten und weitere Unbekannte das Ehepaar laut
       Anklage gemeinschaftlich angegriffen, ausgeraubt und die Frau mehrfach
       vergewaltigt haben. Es war wohl ein Anwohner, der die Polizei rief, weil er
       Hilfeschreie hörte. Im Polizeiwagen soll die Frau dann gesagt haben, dass
       sie vergewaltigt worden sei.
       
       25 Jan 2024
       
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