# taz.de -- Die Wahrheit: Ja! Ja! Neuja!
       
       > Zwischen Weihnachten und Neujahr darf keine Wäsche gewaschen werden,
       > besagt ein Aberglaube. Und was geschieht, wenn die Regel nicht beachtet
       > wird?
       
 (IMG) Bild: Das Palituch war einst modisch bei jungen Leuten
       
       Mit zunehmendem Lebensalter sinkt die Bedeutung belärmter Festtage.
       Insbesondere Silvester gefällt uns Altchen nicht mehr, ist es doch nichts
       als die ständige Mahnung, dass unsere Uhr abläuft. Apropos: War nicht vor
       vier Wochen gerade erst Silvester?
       
       Also nichts wie weg, ehe [1][die Klimakleber] zurück aus dem
       Weihnachtsurlaub sind, [2][die Bauern] mit ihren Abgasschleudern die
       Straßen blockieren und [3][Claus Weselsky] alle ICEs mit einer Mischung aus
       Gewerkschaftsrhetorik und Sekundenkleber anhält. Ja, woanders ist auch
       Silvester, aber es tut weniger weh als zu Hause.
       
       Dieses alberne Fest ist mit einer Menge überflüssiger Bräuche belastet.
       Einen davon lernte ich erst spät kennen: Zwischen Weihnachten und Neujahr
       darf keine Wäsche gewaschen werden, weil es Unglück bringt. Für
       Hausarbeitsvermeidung bin ich jederzeit zu haben, aber mehr so
       grundsätzlich. Ich glaube zum Beispiel, dass „Zwischen Weihnachten und
       Neujahr vom Sofa aufstehen“ ein No-Go ist. Solange ich sitze, richte ich
       keinen Schaden an. Allerdings komme ich so auch nirgendwohin, also verließ
       ich kurz nach Weihnachten doch das Wohnzimmer und warf die Waschmaschine
       an.
       
       Am Urlaubsort verkündete im Café eine Frau am Nachbartisch, dass sie von
       dem ganzen Wäschequatsch gar nichts halte. Dann murmelte sie mit
       Verschwörerstimme: „Aber am 31. 12. ist bei mir alles in den Schränken
       verstaut!“ Jetzt wurde ich nervös, 300 Kilometer von meiner heimischen
       Wäscheleine entfernt, auf der noch einige Stücke im Wind schwankten. Würde
       alles gutgehen?
       
       Am letzten Tag des Jahres kaufte ich mir am berühmten, aber sehr kalten Kap
       Arkona eine neue Wollmütze. Dann ging es weiter zum Süßigkeitenstand, wo
       ich mit einer unbedachten Bewegung die Einfüllschaufel aus den gebrannten
       Mandeln katapultierte, samt diverser Mandeln, und vor Schreck einen Schritt
       zurücktrat. Hinter mir jaulte es ausdauernd, aber ich brauchte noch etwas
       Zeit, um zu verstehen, dass ich mich gemütlich auf einem Dackelschwanz
       eingerichtet hatte. Am nächsten Tag entdeckte ich mein Wollmützenmodell
       woanders zum halben Preis. Ganz schön viel Pech für ein paar Klamotten auf
       der Leine. Der Hund hatte seine Wäsche wahrscheinlich auch nicht abgehängt.
       
       Aber es war noch nicht vorbei. Auf der Heimreise versuchte ich, den
       Liebsten und mich mit einem gewagten Überholmanöver vor weiteren Silvestern
       zu bewahren, was sonst gar nicht meine Art ist. Der Platz zwischen Lkw und
       Gegenverkehr hatte genau die Größe der beiden Handtücher, die zu Hause
       hingen. Als wir wider Erwarten dort doch heil ankamen, erfuhr ich, dass
       inzwischen eine Freundin aus dem Hochwasser evakuiert werden musste, das
       vermutlich am 28. 12. von meiner Waschmaschine ausging. Leute, es tut mir
       so leid! Aber ich werde es in diesem Jahr wieder tun, denn wir Alten
       vergessen schnell.
       
       10 Jan 2024
       
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