# taz.de -- Erneuerbare Energien brechen Rekord: Strombringende Weihnachtszeit
       
       > Erneuerbare haben an den Feiertagen bis zu 124 Prozent des Strombedarfs
       > gedeckt. Im Großhandel muss man beim Verkauf immer öfter Geld drauflegen.
       
 (IMG) Bild: Windkraftanlagen produzierten über die Feiertage ordentlich Strom
       
       Freiburg taz | Das Sturmtief „Zoltan“ hat Deutschland an den
       Weihnachtsfeiertagen zeitweise einen hohen Überschuss an Strom beschert. In
       den frühen Morgenstunden des 25. Dezember deckten die [1][erneuerbaren
       Energien] bis zu 124 Prozent des aktuellen Bedarfs. Alleine die
       [2][Windkraft] erzeugte zeitweise mehr Strom als benötigt. Entsprechend
       wertlos war dieser in vielen Stunden am Strommarkt: Während insgesamt 52
       Stunden an den Weihnachtstagen war der Strompreis an der Börse negativ oder
       gleich null.
       
       Negative Strompreise kommen dann zustande, wenn entweder Windkraftanlagen
       oder Photovoltaikanlagen – mitunter beide zusammen – so viel Strom
       erzeugen, dass dieser nicht mehr sinnvoll genutzt werden kann. Dann werden
       Abnehmer des Stroms im [3][Großhandel] dafür bezahlt. Vor allem bei
       geringer Stromnachfrage am Wochenende und an Feiertagen können die Preise
       weit ins Minus fallen. Der Tiefstwert bisher im Jahr 2023 lag bei minus 50
       Cent je Kilowattstunde. Das war am 2. Juli um 14 Uhr, einem sonnigen
       Sonntag.
       
       Die Zahl der Stunden, in denen der Strom am Spotmarkt der Börse wertlos
       ist, weil es mehr als genug gibt, steigt seit Jahren. 2023 hat mit
       inzwischen 306 Stunden mit Preisen von null oder darunter bereits den
       Spitzenwert aus dem Coronajahr 2020, der bei 302 solcher Stunden gelegen
       hatte, überschritten. Im Sommer war die Photovoltaik die Ursache der
       Stromüberschüsse.
       
       In den Monaten Mai bis August 2023 wurden 132 Stunden gezählt, in denen
       noch Geld dazu bekam, wer im Großhandel Strom abnahm. Das war mit Abstand
       die höchste Anzahl, die es bisher in einem Sommer gab. Das Marktgeschehen
       belegt damit, dass es zunehmend an Speichern fehlt – denn gäbe es diese
       ausreichend, wären Prämien für den Verbrauch von überschüssigem Strom kaum
       denkbar.
       
       Mit dem weiteren Ausbau der Photovoltaik und der Windkraft dürfte die Zahl
       der Stunden, in denen Strom wertlos ist, noch erheblich zunehmen. „Je nach
       Szenario könnte es im Jahr 2034 bis zu 2.000 Stunden mit Preisen kleiner
       oder gleich null Euro geben“, sagt Tobias Kurth, Strommarktanalyst bei der
       Berliner Beratungsfirma Energy Brainpool. Das wären im Mittel fünf bis
       sechs Stunden am Tag.
       
       ## Bittere Kürzungen
       
       Für die Anlagenbetreiber könnte das bitter werden, denn gemäß dem
       Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird bei negativen Preisen schrittweise
       die Vergütung gestrichen. Aktuell erfolgt das erst, wenn die Preise
       mindestens vier Stunden am Stück negativ sind. Dieser Zeitraum wird für
       Neuanlagen im Jahr 2024 auf nur noch drei und ab 2026 auf zwei Stunden
       gekürzt. Ab 2027 gibt es in Zeiten negativer Preise für Neuanlagen
       grundsätzlich keine Vergütung mehr.
       
       Dazu kommt, dass die wegfallende Vergütung für Wind- und Solarstrom
       (Anlagen mit weniger als 400 Kilowatt sind von der Regel ausgenommen)
       einschneidender ist, als es im ersten Moment erscheinen mag. Denn
       naturgemäß sind jene Stunden, in denen es künftig keine Vergütung mehr
       gibt, auch jene, in denen die Anlagen am meisten produzieren.
       
       Solaranlagen werden dann an sonnigen Hochsommertagen immer häufiger aus der
       Vergütung fallen, Windkraftanlagen bei starkem Wind. Wissenschaftler
       sprechen längst von der „Kannibalisierung erneuerbarer Energien“. Denn jede
       weitere Anlage, die ans Netz geht, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der
       Strompreis in sonnigen beziehungsweise windreichen Stunden ins Negative
       fällt und damit auch anderen Anlagen die Vergütung streitig macht. Daran
       werden nur ausreichende Speicher etwas ändern können.
       
       26 Dec 2023
       
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