# taz.de -- Pionierin aus dem Nahen Osten: Politische Wellen einer Schwimmerin
       
       > Nada Al-Bedwawi steht als erste Schwimmerin aus den Vereinigten
       > Arabischen Emiraten bei Olympia für politischen Wandel. Den treibt sie
       > nun weiter an.
       
 (IMG) Bild: Die Schwimmerin Nada Albedwawi als Fahnenträgerin Saudi-Arabiens in Rio 2016
       
       Nada Al-Bedwawi ist 18 Jahre alt, als sie auf dem Gipfel steht. Bei den
       Olympischen Spielen von Rio trägt die Teenagerin bei der
       Eröffnungszeremonie die Flagge der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE);
       als erste Schwimmerin überhaupt tritt sie für die Emirate an. In den
       patriarchalen Gesellschaften der Golfstaaten [1][erfahren Frauen lange Zeit
       einen der radikalsten Ausschlüsse] im Sport. Bis in die 2000er schicken
       viele der Staaten nur Männer zu den Weltspielen.
       
       Erst als das IOC auf gesellschaftlichen Druck hin fordernder wird, ordnen
       [2][die Herrscherhäuser einen Wandel an]: Sheikha Maitha, Tochter des
       Herrschers von Dubai, nimmt 2008 als erste Frau für die VAE im Taekwondo an
       Olympia teil. Die Unterstützung durch mächtige Frauen sei wichtig, wird
       Nada Al-Bedwawi später sagen. Dass Al-Bedwawi im Schwimmen antritt – einer
       Disziplin, die Reaktionären ein besonderer Dorn im Auge ist –, macht ihren
       Auftritt zu einem mehrfach emanzipatorischen Moment. Sie selbst („Ich war
       echt glücklich und echt schockiert, nach Rio zu kommen“) ist nervös: Im
       Vorjahr hatten die Emirate erstmals zwei Schwimmerinnen zu einer WM
       gesandt, eine davon Nada Al-Bedwawi.
       
       Die junge und eloquente Frau, die ohne Hidschab schwimmt, ist ein
       willkommenes Marketingwerkzeug, aber auch durchaus Ausweis einer sich real
       wandelnden Gesellschaft. Ähnlich wie bei Alia Al-Shamsi, mit der sie bei
       der WM debütierte, weiß Nada Al-Bedwawi ihre Familie hinter sich, das ist
       neu. „Ohne meine Familie wäre ich nirgendwo.“
       
       Es ist Nadas Mutter, die sie am meisten fördert. „Sie hat mich immer
       ermutigt, vor allem dann, wenn ich dachte, ich schaffe es nicht. Sie hat
       gesagt: Du kannst das, Nada.“ Die aus Abu Dhabi stammende Al-Bedwawi
       beginnt erst mit 14 mit ernstem Schwimmtraining, aus eigenem Antrieb. Ihr
       Trainer sagt ihr, für Leistungssport sei sie zu spät dran. El-Bedwawi aber
       träumt von Olympia. Die Widerstände in der Heimat kritisiert sie offen:
       „Frauen werden weniger gefördert als Männer. Ich musste viele Hindernisse
       überwinden, um auf das heutige Niveau zu kommen.“
       
       ## Forderung nach mehr Förderung
       
       Und so ist Nada Al-Bedwawi auch eine, die den politisch gewollten Wandel
       weiter antreibt – und an seinen Versprechen misst. Es brauche mehr
       Schwimmwettbewerbe für Frauen, fordert sie, Schulschwimmen für Mädchen,
       aber auch eine Kampagne unter Müttern, damit sie ihre Töchter zum Schwimmen
       schicken.
       
       Auf 50 Metern Freistil in Rio scheidet die Spätberufene, die nur dank einer
       Wild Card herkam, absehbar chancenlos aus, aber sie sieht das realistisch.
       „Die anderen Länder sind schon so lange dabei, wir sollten uns nicht mit
       ihnen vergleichen. Wir bereiten zukünftigen Schwimmerinnen den Weg.“
       Tatsächlich schicken die VAE seitdem regelmäßig vor allem sehr junge
       Schwimmerinnen ins Rennen. Doch weiter liegt vieles im Argen.
       
       Nada Al-Bedwawi wollte [3][zu den Spielen nach Tokio]. Stattdessen
       studierte sie Medizin, eine Zeit lang trainierte sie gar nicht. Es ist mehr
       als bloß ein persönlicher Fall. „Wir sind immer noch nicht an dem Punkt, wo
       die Unis helfen, Studium und Sport zu verbinden“, sagte sie in einem
       Interview 2020. Ihr habe die Zeit für Spitzensport gefehlt. Nach Angaben
       der Tageszeitung The National fehle es an Budgets und Programmen, um Frauen
       nachhaltige Schwimmkarrieren zu ermöglichen.
       
       Auch Alia Al-Shamsi schwimmt nicht mehr auf Spitzenniveau – sie studiert in
       Großbritannien. Nada Al-Bedwawi hat in Rio, wo sie ihre persönliche
       Bestzeit schwamm, indes andere Schwimmerinnen kennengelernt. Sie fühlte
       sich da weniger einsam als schwimmende Frau, sagt sie, und sah, welche
       Förderung es anderswo gibt. „Es braucht Bemühen, um eine
       Olympiateilnehmerin auszubilden. Man kann mir nicht einfach ein Schwimmbad
       und einen Badeanzug geben und sagen: Auf geht’s, werde Olympionikin.“ Sie
       will helfen, das zu ändern.
       
       23 Nov 2023
       
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