# taz.de -- Explosion in der türkischen Hauptstadt: Anschlag zum Ende der Sommerpause
       
       > Bei einer Explosion nahe des türkischen Innenministeriums sterben die
       > mutmaßlichen Attentäter. Vieles deutet auf einen Anschlag mit
       > Symbolcharakter hin.
       
 (IMG) Bild: Polizisten und Soldaten am Explosionsort in Ankara am 1. Oktober
       
       Istanbul taz | In der türkischen Hauptstadt Ankara hat es am Sonntagmorgen
       nach Angaben der Polizei einen Selbstmordanschlag gegeben. Dazu sei ein
       ziviles Fahrzeug genutzt worden. Einer der Attentäter habe sich in
       unmittelbarer Nähe des Innenministeriums in die Luft gesprengt, der andere
       sei bei einem Schusswechsel mit der Polizei getötet worden. Zwei Beamte
       wurden dabei leicht verletzt. Auf einem Video bei X, vormals Twitter, ist
       zu sehen, wie eine Person ein Auto verlässt und auf ein Gebäude zurennt.
       Dann gibt es eine Explosion.
       
       Über das Motiv und das eigentliche Ziel des Anschlags gab es zunächst keine
       genaueren Informationen. Brisant wird die Geschichte vor allem durch den
       Ort, an dem die angeblichen Attentäter gestoppt wurden. Die Explosion fand
       vor dem Eingang des Innenministeriums statt – in unmittelbarer Nähe des
       Parlaments. Möglicherweise war also dieser Ort das eigentliche Ziel des
       Anschlags. Dort kamen am 1. Oktober die Abgeordneten aus der
       parlamentarischen Sommerpause zurück.
       
       Die Explosion ereignete sich gegen halb zehn Uhr Ortszeit, die erste
       Versammlung begann aber erst am späten Mittag. Die Explosion kann ersten
       Einschätzungen zufolge also kaum Parlamentarier zum Ziel gehabt haben. Zum
       Zeitpunkt der Explosion an einem Sonntag sind in Ankara außerdem kaum
       Passanten und auch keine Politiker oder Staatsleute unterwegs. All das
       könnte auf einen Anschlag hindeuten, der vor allem Symbolcharakter haben
       sollte.
       
       Staatspräsident [1][Recep Tayyip Erdoğan] verurteilte die Tat in seiner
       Rede am späten Mittag: „Die Terroristen konnten ihre Ziele nicht erreichen,
       und das werden sie auch nie.“ Parlamentspräsident Numan Kurtulmuş
       verkündete im Fernsehen, man werde sich von Terroristen nicht einschüchtern
       lassen.
       
       ## Verschiedenen Spekulationen zu möglichen Tätern
       
       Ob es sich überhaupt um einen Terroranschlag gehandelt hat – und wenn ja,
       wer die möglichen Attentäter waren –, ist bislang noch unklar. Anschläge
       solcher Art werden in der Türkei zumeist der kurdischen PKK zugeschrieben.
       Im letzten Jahr hatte es einen tödlichen Anschlag in Istanbul gegeben, für
       den die [2][PKK] verantwortlich gewesen sein soll. Es gibt aber noch
       keinerlei Hinweise oder gar Bekenntnisse der möglichen Täter. Auch Erdoğan
       äußerte in seiner Rede zur Parlamentseröffnung keinerlei Beschuldigungen
       gegen eine bestimmte Gruppe.
       
       Auf der To-do-Liste des Parlaments nach der Pause stehen unter anderem die
       Abstimmung über den [3][Nato-Beitritt Schwedens] sowie der Umgang mit
       Militäreinsätzen im Irak und in Syrien – Themen, die die Spekulationen über
       den mutmaßlichen Anschlag anheizen.
       
       Eine innenpolitische Variante der Spekulationen, die etwa die Halk
       TV-Journalistin Seyhan Avşar auf X teilt: Die Bombe sein von einer
       Terrorgruppe gezündet worden. Die Aktion diene dazu, den Innenminister
       einzuschüchtern. Der Hintergrund dazu ist: Seit den Präsidentschaftswahlen
       im Mai gibt es einen neuen Innenminister in der Türkei. Ihm wird die
       Verbindung zu kriminellen Banden vorgeworfen, was ihnen unter dem neuen
       Innenminister nun nicht mehr möglich sein soll.
       
       2 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Russisch-tuerkische-Gespraeche-in-Sotschi/!5955068
 (DIR) [2] /Devrim-Akcada-wird-nicht-ausgeliefert/!5962831
 (DIR) [3] /Tuerkei-gewaehrt-Nato-Beitritt-Schwedens/!5943545
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
 (DIR) Marion Sendker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Türkei
 (DIR) Schwerpunkt AKP
 (DIR) Anschlag
 (DIR) PKK
 (DIR) Ankara
 (DIR) Türkei
 (DIR) Türkei
 (DIR) Clubszene
 (DIR) Imam
 (DIR) Schweden
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Reaktion auf Anschlag in Ankara: Großrazzia gegen Kurden
       
       Nach dem Anschlag in Ankara nimmt die Türkei fast 1.000 Personen fest. Den
       meisten wird lediglich Waffenbesitz oder -schmuggel vorgeworfen.
       
 (DIR) Nach dem Anschlag in Ankara: In der Wiederholungsschleife
       
       Nach Jahren kocht die gewaltsame Konfrontation zwischen PKK und AKP-Staat
       wieder hoch. Dabei sind Kurden wie Türken dieser Kämpfe müde.
       
 (DIR) DJ Ipek über Politik und Partys: „Sie waren wie eine Kernexplosion“
       
       DJ Ipek verbindet türkisch-anatolischen Folk mit elektronischer Musik und
       hat damit seit Jahrzehnten Erfolg. Jetzt hat sie ein Album herausgebracht.
       
 (DIR) Interview mit Imam Ender Cetin: „Der Rechtsruck macht uns Sorgen“
       
       Ender Cetin ist einer der ersten Absolventen des Osnabrücker Islamkollegs
       Deutschland. Er nennt es einen Wendepunkt der muslimischen Geschichte.
       
 (DIR) Kampf gegen Bandenkriminalität: Schwedens schwarzer September
       
       Militär soll Polizei bei Bekämpfung der Gangkriminalität unterstützen.
       Türkei verweigert Auslieferung einer zentralen Person des Bandenkrieges.