# taz.de -- Polizeigewalt in Frankreich: Die Akte Traoré wird geschlossen
       
       > Noch immer sind die Umstände, unter denen Adama Traoré 2016 nach einer
       > Festnahme starb, ungeklärt. Der Verdacht liegt nahe, dass das so bleiben
       > soll.
       
 (IMG) Bild: Charismatische Sprecherin der Antirassismusbewegung in Frankreich: Assa Traoré
       
       Paris taz | Zu den Umständen des suspekten Tods von Adama Traoré kurz nach
       seiner Festnahme im Juli 2016 in Beaumont-sur-Oise nördlich von Paris soll
       es keinen Prozess geben. Die Ermittlung wegen des Verdachts der
       Beamtengewalt mit Todesfolge wird nach sieben Jahren zu den Akten gelegt.
       Das hat am Freitag die französische Justiz entschieden. Damit macht sie es
       sich in einem komplizierten Fall etwas zu leicht.
       
       Der 24-jährige Adama Traoré war zunächst Opfer einer Verwechslung, als ihn
       drei Gendarmen am 19. Juli 2016 nach einer kurzen Verfolgung festnahmen und
       zu einem Polizeiposten in Persan im Departement Oise brachten. Dem
       Vernehmen nach hatten sie es auf seinen von den Behörden wegen
       Erpressungsverdacht gesuchten Bruder Bagui abgesehen. An diesem Sommertag
       war es extrem heiß. Kann das allein erklären, warum Adama Traoré nach zwei
       Stunden in Gewahrsam tot aufgefunden wurde?
       
       In den vergangenen sieben Jahren lieferten gerichtsmedizinische Gutachten
       und Gegengutachten sehr unterschiedliche Versionen. Es bestand jedoch ein
       dringender Verdacht, dass Traoré bei der Festnahme zu Boden gedrückt wurde
       und dabei Atemnot bekam. [1][Er habe selber gesagt, er bekomme keine Luft],
       bestätigten die Beamten zunächst.
       
       In einer ersten Aussage hatten die Gendarmen erklärt, sie hätten sich zu
       dritt auf ihn geworfen, um ihn zu bändigen. Diese Aussage wurde später auf
       Druck der Anwälte dementiert und zurückgenommen.
       
       ## Berufung gegen den Beschluss
       
       Die Angehörigen und die Freunde von Adama Traoré sind empört. Da sie sich
       nicht mit diesem Ausgang der Untersuchung abfinden wollen, [2][haben sie
       für kommenden Dienstag eine Protestkundgebung angekündigt]. Ihr Anwalt will
       Berufung gegen den Gerichtsbeschluss einlegen. Für sie – und auch für die
       Antirassismusbewegung und andere Bürgerrechtler*innen – ist Adama
       Traoré ein Beispiel von Gewalt der Ordnungskräfte.
       
       Aber kein George Floyd. Dessen Tod 2020 in Minneapolis bei einer offenbar
       grundlosen, brutalen Festnahme hatte eine Gerichtsverhandlung und eine
       Verurteilung der beteiligten Polizisten nach sich gezogen.
       
       Hatte im Fall von Floyd ein Video besonders schockiert, ist es bei Traoré
       mehr der offensichtliche Versuch, eine für die Behörden peinliche Affäre
       möglichst schnell zu vertuschen.
       
       Die Anwälte der drei Gendarmen, die beim Ermittlungsverfahren den Status
       von bloßen „Zeugen“ hatten, freuen sich über die „Rehabilitierung“ ihrer
       Klienten. Die rassistische Rechte sieht darin eine Niederlage der
       „Woke“-Bewegung, die aus Adama Traoré eine Symbolfigur gemacht hatte.
       
       Seine Schwester Assa Traoré, bekanntestes Gesicht der Bewegung „Wahrheit
       für Adama“, ist zu einer charismatischen Sprecherin der
       Antirassismusbewegung in Frankreich geworden, aber auch die bevorzugte
       Zielscheibe der „Anti-Wokisten“.
       
       3 Sep 2023
       
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