# taz.de -- Spanischer Fußballpräsident tritt zurück: Nur ein Kopf einer Hydra
       
       > Rubiales tritt nach langem Zaudern vom Amt des spanischen
       > Fußballpräsidenten zurück. Der Druck des Weltverbands dürfte entscheidend
       > gewesen sein.
       
 (IMG) Bild: Was habe ich denn getan? Der übergriffige Rubiales inszeniert sich nach wie vor als Opfer
       
       Víctor Mollejo griff sich obszön ans Gemächt. Einmal, zweimal, dreimal. Der
       Zweitligastürmer von Real Saragossa hatte am Sonntag ein Tor geschossen und
       zitierte im Jubel darüber [1][den spanischen Fußballchef Luis Rubiales und
       dessen Geste] auf der Ehrentribüne beim WM-Finale. Was Mollejo in dem
       Moment nicht wissen konnte: Seine Solidaritätsbekundung, – wenn es eine
       gewesen sein soll –, verfing nicht mehr. Rubiales bereitete zur der Zeit
       seinen Rücktritt vor.
       
       Es war seit Stunden dunkel geworden, als er ihn dem Verband mitteilte und
       über ein Kommuniqué öffentlich machte. „Es ist evident, dass ich nicht in
       mein Amt zurückkehren kann“, schrieb er. In der Tat sah das die übrige Welt
       schon so, seit er die einzige Chance auf eine aufrichtige Entschuldigung
       für seinen Kuss auf den Mund von Weltmeisterin Jenni Hermoso direkt im
       Anschluss an das WM-Finale verpasst hatte und stattdessen reihenweise
       Verbalausfälle und Manipulationsversuche vom Stapel ließ.
       
       Spätestens aber, seit er sich fünf Tage später in einer infamen Rede vor
       seinen Verbandsclaqueuren zum Opfer von „falschem Feminismus, einer großen
       Plage in diesem Land“ stilisierte. Bereits danach hatte ihn die Fifa für
       drei Monate suspendiert.
       
       Der unmissverständlichen Haltung des Weltverbandes ist es zuvorderst
       geschuldet, dass dem Funktionärsdesperado doch Einhalt geboten wurde. Wo
       [2][die spanische Politik] wegen eines Urteils des nationalen
       Sportverwaltungsgerichts nicht eingreifen durfte, wo der spanische
       Fußballverband zu einer Selbstreinigung außerstande war, wo aus dem
       europäischen Verband Uefa, dessen Vize Rubiales war, nichts kam, – da
       brachte ihn die Fifa zu Fall, indem sie nicht nur ein dauerhaftes
       Amtsenthebungsverfahren initiierte, sondern Spanien auch die
       Chancenlosigkeit seiner WM-Kandidatur für 2030 für den Fall eines
       Festhaltens an Rubiales verdeutlichte.
       
       ## Sorge vor nächstem Rubiales
       
       Sein Freund Aleksander Ceferin, Uefa-Chef, soll ihm in dieser Hinsicht
       zuletzt noch mal die Augen geöffnet haben. „Es gibt faktische Kräfte, die
       meine Rückkehr verhindern werden“, musste Rubiales sich eingestehen, zumal
       nachdem die Staatsanwaltschaft vorige Woche ein Strafverfahren gegen ihn
       beantragt hatte.
       
       Von Einsicht oder gar Reue konnte in seinem Kommuniqué indes keine Rede
       sein. Man darf abwarten, ob es sie zu sehen geben wird, wenn im Lauf der
       Woche das exklusive Interview ausgestrahlt werden soll, das Rubiales am
       Sonntag dem englischen Journalisten Piers Morgan gab. Das gilt aber als
       unwahrscheinlich. Morgan dürfte nämlich kaum eine zufällige Wahl gewesen
       sein. Der Moderator, bei dem auch Cristiano Ronaldo vorige Saison seinen
       Bruch mit Manchester United einleitete, gilt in seiner Heimat als
       ausgewiesener Chauvinist.
       
       Derweil versicherte in Spanien der Sportstaatssekretär Víctor Francos:
       „Jetzt geht der Fall Rubiales erst richtig los.“ Die Regierung will sich
       per Gesetzesnovellen den notorisch korrupten und durchweg
       männerkontrollierten Fußballverband vorknöpfen, bevor der in den spätestens
       2024 anstehenden Wahlen den nächsten Rubiales installiert. [3][Ein Kopf der
       Hydra] ist abgeschlagen, aber wie viel weitere werden wachsen? Die
       Nationalspielerinnen bleiben so skeptisch, dass sie auch nach der
       Entlassung von Trainer Jorge Vilda vorige Woche ihren Auswahlboykott
       aufrechterhielten.
       
       Im Zusammenspiel verdeutlichten ein Torjubel und eine weltweit erwartete
       Demission am Sonntagabend zweierlei: Spaniens Fußball ist seinen
       bekanntesten Macho nun los. Aber er hat noch einen langen Weg vor sich, um
       auch die Kultur zu vertreiben, für die Rubiales stand.
       
       11 Sep 2023
       
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