# taz.de -- Zuspitzung in der Causa Luis Rubiales: Unwürdiges Schauspiel
       
       > In der Kuss-Affäre glaubt Spaniens Fußballpräsident Luis Rubiales noch
       > immer, ungeschoren davonzukommen. Doch der Druck ist immens.
       
 (IMG) Bild: „Wurde nicht respektiert“: Jennifer Hermoso (r.) und Verbandspräsident Luis Rubiales
       
       Gleich fünf Mal hatte Luis Rubiales, der immer noch im Amt stehende
       Fußballpräsident, am Freitag vor einer erstaunlich großen Menge von
       Claqueuren erklärt, er werde nicht zurücktreten. [1][Habe er diese
       Hexenjagd verdient, fragte er rhetorisch in die Runde], er, der den Verband
       so gut geführt habe.
       
       Und außerdem sei es ja die Weltmeisterin Jennifer Hermoso gewesen, die
       zuerst den Körperkontakt gesucht habe. Die Offensivspielerin habe nach
       Darstellung von Rubiales ihn, den Funktionär, umarmt und hochgehoben.
       Rubiales will das Szenario zu der Frage angestachelt haben: „Ein Kuss?“
       Angeblich habe Hermoso bejaht. Und genau um diesen Übergriff geht es seit
       Tagen: Rubiales küsst Hermoso auf den Mund.
       
       In einer Umkehrung von Täter und Opfer ging der spanische Fußballverband am
       Freitagabend noch weiter: Er bezichtigte in einer offiziellen Erklärung
       Jennifer Hermoso der Lüge. Sogar mit einer Klage drohte der RFEF. Der
       Verband kündigte an, „geeignete rechtliche Schritte einzuleiten, um die
       Ehre des Präsidenten zu verteidigen“. Der Pressemitteilung waren vier Fotos
       beigefügt, die beweisen sollten, dass Rubiales’ Version stimme und die
       ganze Aufregung, die der Präsident „idiotisch“ findet, auf einer falschen
       Grundannahme basiere. RFEF und Rubiales versuchen eine Einvernehmlichkeit
       zu konstruieren, die Hermoso dementiert.
       
       Die 33-Jährige, die zuletzt in Mexiko ihr Geld verdiente bei CF Pachuca
       Femenil, stellte auf Instagram klar, wie sich die Sache aus ihrer Sicht
       verhalten habe: Rubiales’ Darstellung der Geschehnisse als quasi
       „unglücklicher Vorfall“ sei komplett falsch und fuße auf der üblichen
       manipulativen Verdrehung, auf die sich Rubiales so gut verstehe.
       
       Weder habe der von Rubiales angeführte Dialog stattgefunden noch sei sie
       jemals zu einem Kuss bereit gewesen, stellte Hermoso klar: „Ich habe mich
       verletzlich und als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten
       Handlung gefühlt, der ich nicht zugestimmt habe. Einfach ausgedrückt, ich
       wurde nicht respektiert“, schrieb Hermoso.
       
       ## Suspendierung durch die Fifa
       
       Die Unterstützung, die sie bekommt, wird derweil immer größer, ebenso wie
       die Absetzbewegungen von Rubiales, der die längste Zeit Präsident gewesen
       sein dürfte. Das Disziplinarkomitee des Fußballweltverbandes Fifa hat am
       Samstag den spanischen Verbandschef vorläufig gesperrt. Die Suspendierung
       gilt für den nationalen und internationalen Bereich, die Sperre greift ab
       sofort und für 90 Tage. Die Fifa hatte am Donnerstag ein Verfahren gegen
       Rubiales eingeleitet.
       
       Die Fifa forderte den 46-Jährigen zudem auf, selbst oder über Dritte keinen
       Kontakt zu Hermoso oder ihrem Umfeld aufzunehmen. Auch der Versuch einer
       Kontaktaufnahme solle unterbleiben. „Die Fifa bekräftigt ihr
       uneingeschränktes Bekenntnis zur Achtung der Integrität aller Personen und
       verurteilt deshalb jedes gegenteilige Verhalten aufs Schärfste“,
       unterstrich der Weltverband.
       
       Auch in Spanien formiert sich der Widerstand gegen den übergriffigen
       Funktionär zu einer undurchlässigen Phalanx. Alle Spielerinnen des
       spanischen Teams haben verkündet, sie würden so lange nicht mehr antreten,
       wie Rubiales noch im Amt sei. „Es macht uns sehr traurig, dass ein derart
       inakzeptables Verhalten den größten sportlichen Erfolg des spanischen
       Frauenfußballs überlagert“, stand in der auf X, ehedem Twitter,
       veröffentlichten [2][Erklärung der Spielerinnengewerkschaft Futpro], die
       von 81 Fußballspielerinnen unterzeichnet war: „Nach allem, was bei der
       Frauen-WM passiert ist, wollen wir klarstellen, dass alle unterzeichnenden
       Spielerinnen nicht in der Nationalelf antreten werden, wenn die aktuelle
       Führungsriege im Amt bleibt.“
       
       Auch die spanische Regierung erhöht den Druck. „Logischerweise werden wir
       alles in unserer Macht Stehende tun, damit dieser Herr, den man kaum als
       würdigen Vertreter des spanischen Fußballs bezeichnen kann, nicht länger an
       der Spitze des spanischen Fußballs steht“, sagte Spaniens geschäftsführende
       Vize-Regierungschefin und Ministerin für ökologischen Wandel, Teresa
       Ribera, der Nachrichtenagentur Europa Press.
       
       Die Regierung werde alles tun, was „in ihrer Macht steht“, damit Rubiales
       sein Amt aufgibt oder verliert. Die oberste spanische Sportbehörde CSD
       beantragte beim nationalen Sportgerichtshof Tad derweil die Suspendierung
       von Rubiales. „Herr Rubiales hat in seiner Reaktion enttäuscht, er hat
       nicht getan, was er hätte tun sollen“, sagte CSD-Chef Víctor Francos im
       Hinblick auf die Rede von Rubiales.
       
       Ein Gutteil der spanischen Verbandstrainer sind aus Solidarität mit Hermoso
       zurückgetreten, und selbst Rubiales’ treuester Unterstützer in der Causa,
       [3][Weltmeister-Trainer Jorge Vilda], sagt nun angesichts des
       Empörungssturms: „Ich bedauere zutiefst, dass der Sieg des spanischen
       Frauenfußballs durch das unangemessene Verhalten unseres bisherigen
       Präsidenten Luis Rubiales, das er selbst zugegeben hat, beschädigt wurde“,
       hieß es in einer Erklärung Vildas.
       
       Er verurteile „jede Macho-Haltung“, die nicht zu einer fortschrittlichen
       Gesellschaft gehöre: „Das ist zweifellos inakzeptabel und entspricht in
       keinster Weise den Prinzipien und Werten, die ich in meinem Leben, im Sport
       im Allgemeinen und im Fußball im Besonderen vertrete.“ Noch am Freitag
       hatte Vilda die Erklärungen seines Präsidenten beklatscht. (mit dpa)
       
       27 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=XUwzC26kmeQ
 (DIR) [2] https://futpro.es/2023/08/23/comunicado-oficial-jenni-hermoso/
 (DIR) [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Jorge_Vilda
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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