# taz.de -- Tennismode wird pink: Machos mit rosa Fingernägeln
       
       > Bei einem Tennisverein im Berliner Osten hat die umfassende Pinkisierung
       > schon lange vor dem aktuellen „Barbie“-Film eingesetzt.
       
 (IMG) Bild: Traditionell hat der Tennissport weiß zu sein: Wimbledon, 2023
       
       Die Farbe des Tennissports ist Weiß. In [1][Wimbledon] ist auf den Plätzen
       immer noch kein anderer Farbton für die Klamotten der Spieler und
       Spielerinnen zugelassen. Wegen der Tradition, heißt es. Auch in Berlin gibt
       es bei [2][zwei großen, reichen und teuren Tennisvereinen im Westen der
       Stadt] noch diese Weißpflicht für Mitglieder. Schon auch deswegen, um sich
       abzuheben von den anderen, weniger exklusiven Klubs, die diesen
       verzweifelten Versuch, ein wenig distinguiert zu wirken, ziemlich
       lächerlich finden dürfen.
       
       In meinem Tennisverein im Osten Berlins, im Bezirk Friedrichshain, muss
       niemand in Weiß spielen. Man kann schon froh sein, wenn die Leute überhaupt
       etwas anhaben auf dem Platz. Besonders für ein ganz spezielles Brüderpaar
       gilt das. Die beiden spielen am liebsten mit freiem Oberkörper. Am Anfang
       gab es noch ein paar mürrische Stimmen, die meinten, das sei ja wohl der
       endgültige Verfall auch der letzten Tenniskonventionen. Aber letztlich
       setzte sich dann allgemein die Position durch: Die Brüder sollen einfach
       machen dürfen, was sie machen wollen.
       
       Zu ihrem speziellen Look auf dem Platz gehörte immer schon auch das Tragen
       von pink Shorts. Zwei ständig oberkörperfreie Heteromachos in Pink, das
       ließ das Heteromachotum schnell ein wenig selbstironisch wirken. Ein Stück
       weit hat diese Erkenntnis, dass sich mit Pink Zuschreibungen und Klischees
       ganz offensichtlich auch brechen lassen, dazu geführt, dass wir insgesamt
       zum Verein Pink wurden. Und das schon lange bevor wegen [3][dieses
       Blockbusters], der gerade die Kinos überschwemmt, die Farbe Rosa alle zum
       Durchdrehen brachte.
       
       Los ging diese Transformation damit, dass die beiden Brüder vor acht Jahren
       ein Spaßturnier organisierten: den Elfer-Cup. Elfer trägt man in den Klubs
       normalerweise dann aus, wenn man sich bereits ein wenig gegenseitig die
       Bälle zugespielt hat, aber noch nicht mit einem richtigen Match mit
       Aufschlägen und allem Drum und Dran beginnen möchte. Man spielt hierbei
       einmal den Ball locker übers Netz, bekommt ihn dann genauso locker zurück,
       und ab dann darf man draufgehen, wie man möchte, und der Punkt wird
       ausgespielt. Wer zuerst elf Punkte hat, der hat gewonnen.
       
       ## Alkoholkonsum ist Pflicht
       
       In der Praxis zeigte sich dann schnell, was für eine tolle Idee es war, mal
       kein übliches Turnier mit althergebrachten Regeln zu veranstalten, sondern
       so einen Elfer-Cup, der nicht von irgendwelchen Tennistraditionen belastet
       ist, sondern vom ganz speziellen Alles-ist-erlaubt-Prinzip, dem sich die
       beiden Brüder verpflichtet fühlen. Mitmachen darf, wer mag; Spielstärke und
       Geschlecht sind völlig egal. Alkoholkonsum während der ganzen Veranstaltung
       ist Pflicht. Und ständig plärrt überlaute und im Normalfall schlechte Musik
       nach dem zweifelhaften Geschmack der Brüder über die Plätze.
       
       So lief es auch beim diesjährigen Elfer-Cup am letzten Wochenende wieder.
       Erleben konnte man dort einmal mehr, welche bizarren Ausmaße die
       Pinkifizierung der ganzen Veranstaltung über die Jahre angenommen hat. Pink
       war, wie immer, die Siegerfarbe. Die beiden Finalisten des Cups bekamen
       deswegen, wie jedes Jahr, pinke Shorts überreicht. Aber auch wer nie etwas
       gewann und wahrscheinlich auch nie etwas gewinnen wird, lief auch als Typ
       gerne mit irgendwas in Pink auf, und sei es bloß mit rosa lackierten
       Fingernägeln.
       
       Seit ein paar Jahren haben wir sogar einen passenden Wanderpokal, der
       feierlich an den diesjährigen Sieger weitergereicht wurde: einen
       pinkfarbenen uralten Holzschläger, beglaubigt aus dem Besitz von niemand
       Geringerem als der in Berlin weltberühmten Schlagergröße [4][Frank Zander].
       Es gibt sogar ein Beweisfoto: Frank Zander ist ungelogen mal mit einem
       pinken Racket auf einem Tennisplatz gestanden. Sogar die Besaitung von dem
       Ding ist pinkfarben.
       
       Zander ist ja auch eher so der kernige Typ; echter Kerl mit Herz, das ist
       sein Image. Aber auch er hatte oder hat immer noch ganz offensichtlich eine
       heimliche Schwäche für die Farbe Pink – schon lange vor diesem Kinofilm.
       
       27 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.britannica.com/story/why-do-tennis-players-wear-white-at-wimbledon
 (DIR) [2] /Spitzentennis-in-Berlin/!5858087
 (DIR) [3] /Barbie-als-Realverfilmung/!5945196
 (DIR) [4] /Frank-Zander-wird-80-Jahre-alt/!5829775
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Hartmann
       
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