# taz.de -- Meduza-Auswahl 27. Juli bis 2. August: Was darf man heute noch verlegen?
       
       > Der Chefredakteur eines Moskauer Verlags berichtet, wie Gesetze gegen
       > „ausländische Agenten“ den Buchmarkt Russlands verändern. Texte aus dem
       > Exilmedium.
       
 (IMG) Bild: Bücherfestival in Moskau zu Alexander Puschkins Geburtstag Anfang Juni 2023
       
       Das [1][russisch-] und [2][englischsprachige] Portal Meduza zählt zu den
       wichtigsten unabhängigen russischen Medien. [3][Im Januar 2023 wurde Meduza
       in Russland komplett verboten]. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme
       gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März unter
       [4][taz.de/meduza] immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber
       Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der [5][taz Panter Stiftung]
       gefördert. 
       
       In der Woche vom 27. Juli bis 2. August 2023 berichtete Meduza unter
       anderem über folgende Themen:
       
       ## „Die sich vor etwas fürchten, sind schon lange in Tbilissi“
       
       Komplett überrascht, schockiert. So zeigten sich die meisten
       Moskauer*innen nach den Drohnenangriffen der letzten Tage in der
       russischen Hauptstadt. Es war zwar nicht das erste Mal, dass ukrainische
       Drohnen im russischen Gebiet angriffen. Doch bisher kam es selten vor, dass
       die Drohnen auf Moskaus Zentrum zielten.
       
       Meduza sammelte Reaktionen von Bewohner*innen und Arbeiter*innen
       des angegriffenen Bezirks Moskau City [6][in diesem Beitrag] (englischer
       Text). Ksenia wohnt im Wolkenkratzer OKO, gegenüber dem betroffenen OKO-2:
       „Ich lag im Bett und sah einen hellen Blitz. Danach gab es sofort eine
       Vibration. Ich spürte, wie das Bett wackelte und ich dachte, mein Haus
       würde zusammenstürzen“.
       
       Maksim wohnt ebenfalls in Moskau City und sagt: „Jeder hat das erwartet,
       aber das Leben geht weiter“. Und: „Diejenigen, die sich vor etwas fürchten,
       sind schon lange in Tbilissi (Hauptstadt Georgiens, Anm. d. Red.)“.
       
       ## Wie Kyjiw Oligarchen Fridman und Abramowitsch verfolgt
       
       Wenn man nach bekannten russischen Oligarchen sucht, stößt man sofort auf
       Namen wie Michail Fridman und Roman Abramowitsch – zwei der prominentesten
       Milliardäre Russlands. Seit dem Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine
       stehen ihre Auslandsvermögen unter internationalen Sanktionen. Um den
       Wiederaufbau des Landes mitzufinanzieren, versuchen die ukrainischen
       Behörden, die Milliarden der Oligarchen zu beschlagnahmen. Doch es fehlt an
       Präzedenzfällen.
       
       Die Meduza-Sonderkorrespondentinnen Elizaveta Antonova und Svetlana Reiter
       [7][werfen einen Blick hinter die Kulissen der ukrainischen Versuche], das
       Geld zu beschlagnahmen (englischer Text). Ein hochrangiger ukrainischer
       Beamter zeigte sich ihnen gegenüber absolut sicher, dass „alle“
       Vermögenswerte von Fridman und Abramowitsch, die sich in der Ukraine
       befinden, künftig verstaatlicht werden. Nicht nur die Ukraine, sondern auch
       etwa die Schweiz, Belgien und Großbritannien suchen derzeit nach einer
       „rechtlichen Formel“, um eingefrorene russische Vermögen nach Kyjiw zu
       transferieren, ohne dabei gegen nationale Gesetze zu verstoßen.
       
       ## Im Kampf gegen die Mörder seines Sohnes
       
       Vor fünf Jahren, am 30. Juli 2018, wurden der Journalist Orkhan Dzhemal,
       der Kameramann Kirill Radtschenko und der Dokumentarfilmer Alexander
       Rastorguev in der Zentralafrikanischen Republik getötet, weil sie einen
       Film über die russische Privatarmee Wagner drehten. An ihrem dritten
       Drehtag, kurz bevor sie die Goldminen, zu denen sie recherchierten,
       erreichten, starben die drei Männer. Seitdem führt Radtschenkos Vater,
       Alexander Radtschenko, seine eigenen Ermittlungen zu diesem Verbrechen
       durch.
       
       [8][Im ausführlichen Gespräch mit Meduza] (russischer Text) erzählt
       Radtschenkos Vater Details über die laufenden Ermittlungen. Er gibt
       außerdem grünes Licht für die Veröffentlichung des Materials, mit dem er
       seit fünf Jahren versucht, den Mord an seinem Sohn aufzuklären. Sein Sohn
       drehte nicht nur in der Zentralafrikanischen Republik, sondern auch in
       Syrien – einem Land, in dem auch die Wagner-Söldner seit mindestens 2015
       aktiv sind.
       
       ## Über Zensur in der zeitgenössischen russischen Literatur
       
       Im Juli feierte der Moskauer Verlag Individuum, der für seine Sachbücher
       bekannt ist, sein fünfjähriges Bestehen. [9][Meduza hat seinen
       Chefredakteur, Felix Sandalov, zu den Gesetzesveränderungen in Russland in
       den letzten Jahren interviewt] (russischer Text). Durch die Gesetze über
       „ausländische Agenten“, „LGBT-Propaganda“ und „Verunglimpfung der Armee der
       Russischen Föderation“ ist es schwieriger geworden, regierungskritische
       Bücher, oder solche zu umstrittenen Themen, zu veröffentlichen.
       
       Während es in Deutschland zum Beispiel normal ist, dass der Verlagsplan für
       2027 schon heute erstellt wird, „können wir in Russland nicht so weit
       planen“, sagt Sandalov. Der Hauptgrund seien „äußere Faktoren“, die ihnen
       „in die Quere kommen“, erklärt der Chefredakteur. Ein Beispiel: Das Buch
       „Closed“ von Rustam Alexander über die Geschichte der Homosexualität in der
       UdSSR. Kurz nachdem er das Buch verlegt hatte, wurde ein vollständiges
       Verbot der sogenannten „Schwulenpropaganda“ verabschiedet. Alexanders Buch
       ist aber immer noch im Buchhandel in Russland erhältlich – und kann auch
       online außerhalb Russlands erworben werden.
       
       2 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://meduza.io/
 (DIR) [2] https://meduza.io/en
 (DIR) [3] /Russische-Medien-im-Exil/!5911767
 (DIR) [4] /Unser-Fenster-nach-Russland/!t5916992
 (DIR) [5] /Panter-Stiftung/!p4258/
 (DIR) [6] https://meduza.io/en/feature/2023/07/30/i-was-sure-they-wouldn-t-get-moscow-city
 (DIR) [7] https://meduza.io/en/feature/2023/07/28/billing-russia-s-billionaires
 (DIR) [8] https://meduza.io/feature/2023/07/30/nas-eto-pridavilo-k-zemle-vyzhglo
 (DIR) [9] https://meduza.io/feature/2023/07/29/hod-istorii-malo-zavisit-ot-cheloveka-no-eto-ne-snimaet-s-nas-otvetstvennosti-za-to-chto-u-nas-est-golos
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gemma Teres Arilla
 (DIR) Tigran Petrosyan
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Unser Fenster nach Russland
 (DIR) Russland
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) taz Panter Stiftung
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Russland
 (DIR) Unser Fenster nach Russland
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Unser Fenster nach Russland
 (DIR) Unser Fenster nach Russland
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Zensur in Russland: Wie zu Stalins Zeiten
       
       Boris Akunin war noch vor einiger Zeit der am meisten gelesene Krimiautor
       Russlands. Nun hat ihn der Staat zum „Terroristen“ erklärt.
       
 (DIR) Verdacht auf Journalisten-Vergiftungen: Auch in Europa keine Sicherheit
       
       Wurden russische Journalist*innen seit 2022 im Ausland vergiftet?
       Vieles spricht dafür, sagt der Chefredakteur des Exilmediums „Meduza“.
       
 (DIR) Meduza-Auswahl 10. bis 16. August: Warnung an Exiljournalisten
       
       Drei russische Journalistinnen wurden wohl im Ausland vergiftet. Meduza und
       The Insider recherchieren ihre Fälle. Texte aus dem Exilmedium.
       
 (DIR) Meduza-Auswahl 3. bis 9. August: Oligarchengeld für den Krieg
       
       Mindestens 81 russische Oligarchen sind am Ukraine-Krieg beteiligt. Gegen
       14 gibt es einheitliche Sanktionen. Texte aus dem Exilmedium.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Mehr Unterstützung bei Abwehr nötig
       
       Selenskyj pocht auf mehr internationale Hilfe bei der Luftverteidigung.
       Russland drängt Ukrainer in besetzten Gebieten zur Annahme der
       Staatsbürgerschaft.
       
 (DIR) Polnisch-belarussische Grenze: Wahlkampf mit Wagner-Gefahr
       
       Angeblich planen rund 100 Wagner-Söldner an der belarussisch-polnischen
       Grenze eine Provokation. Das behauptet die Regierung Polens.
       
 (DIR) Meduza-Auswahl 20. bis 26. Juli: Russlands Eliten gegen die Ukraine
       
       Viele Russinnen und Russen unterstützen den Angriffskrieg – aber weniger
       der kleine Mann, sondern die globalisierten Gebildeten. Texte aus dem
       Exilmedium.
       
 (DIR) Meduza-Auswahl 13. bis 19. Juli: Urlaub, 65 Kilometer vor der Front
       
       Auf der Brücke zur Halbinsel Krim gibt es erneut eine Explosion. Das
       Exilmedium Meduza fragt: Wer reist überhaupt dorthin?
       
 (DIR) Wladimir Kaminer über Ukraine-Krieg: „Kannibalische patriotische Orgien“
       
       Seit jeher erzählt Wladimir Kaminer, dass die Russ*innen ein herzensgutes
       Volk sind. Dann griff Moskau die Ukraine an – „ein ganz anderes Russland“.