# taz.de -- Krieg gegen die Ukraine: Raketen treffen Wohnhaus in Lwiw
       
       > Beim bislang schwersten Angriff auf die westukrainische Großstadt sterben
       > mindestens fünf Menschen. Dutzende weitere werden verletzt.
       
 (IMG) Bild: Diesmal hat Russland in der Westukraine zivile Ziele beschossen: Lwiw am Donnerstag
       
       Luzk taz | Die westukrainische Stadt Lwiw ist in der Nacht zu Donnerstag
       zum Ziel eines groß angelegten russischen Angriffs geworden. Dabei wurden
       mindestens fünf Menschen getötet und 36 verletzt. Das jüngste Opfer war 21,
       das älteste 95 Jahre alt. Es war der bislang schwerste Beschuss der Stadt
       seit [1][Kriegsbeginn vor mehr als 16 Monaten]. Die russische Armee hatte
       zehn Raketen vom Schwarzen Meer aus abgeschossen. Diese flogen über den
       Fluss Dnipro in Richtung Kyjiw, änderten dann aber abrupt die Richtung und
       steuerten auf Lwiw zu. Laut offiziellen Angaben konnte die ukrainische
       Luftverteidigung sieben von zehn Raketen unschädlich machen.
       
       [2][Lwiw] hat knapp eine Million Einwohner*innen, rund 200.000 davon sind
       laut Angaben der Stadtverwaltung Binnenflüchtlinge. Die Stadt war bereits
       vorher Ziel von Angriffen gewesen, bei denen Zivilist*innen getötet
       wurden. Bislang hatte Russland dabei Energieanlagen oder die Eisenbahn ins
       Visier genommen. Dieses Mal jedoch schlugen die Marschflugkörper in ein
       vierstöckiges Wohnhaus in der Stryiska-Straße ein. Diese befindet sich im
       historischen Zentrum von Lwiw. Das Haus, das aus der Zeit vor dem Ersten
       Weltkrieg stammt, wurde komplett zerstört.
       
       In Lwiw und Umgebung wurden viele Fragmente von Raketen gefunden, die vom
       ukrainischen Militär abgeschossen wurden. Der Sprecher der Luftwaffe, Juri
       Ignat, sagte, dass Kampfflugzeuge aufgestiegen seien, um die russischen
       Raketen zu neutralisieren, es ihnen aber nicht gelungen sei, alle
       abzuschießen. Ignat verwies in diesem Zusammenhang auf die Kampfflugzeuge
       F-16, auf deren Lieferung die ukrainische Regierung weiter wartet.
       
       Bei der Gegend um Lwiw handelt es sich um eine stark besiedelte Region. Es
       gibt eine dichte Bebauung, viele Wohnheime von Bildungseinrichtungen, eine
       Kinderschule, ein Büro und den Campus der Ukrainischen Katholischen
       Universität, eine Militärakademie sowie mehrere Gebäude mit vielen Büros.
       Insgesamt wurden zehn Wohnheime, ein Waisenhaus, zwei Universitäten, eine
       Schule sowie ein Umspannwerk teilweise zerstört. Getroffen wurde auch ein
       Objekt der Infrastruktur, das die Behörden aus kriegstaktischen Gründen
       nicht genauer benannten.
       
       ## Den historischen Stadtkern getroffen
       
       Lwiws Bürgermeister Andrei Sadovy hat unterdessen zugesagt, alle Menschen,
       die ihre Wohnungen verloren haben, umzusiedeln. „Die
       Kalibr-Marschflugkörper haben den historischen Stadtkern getroffen – eine
       Pufferzone auf dem Gebiet des Unesco-Weltkulturerbes“, sagte Kulturminister
       Alexander Tkatschenko.
       
       Auch der ukrainische Abgeordnete Nikolai Knjaschitzki meldete sich zu Wort.
       „Lwiw hat in den beiden Weltkriegen fast nicht gelitten. Im Zweiten
       Weltkrieg haben weder die deutsche noch die sowjetische Armee Häuser
       zerstört. Heute ist das den russischen Barbaren egal. Wird sich dieser
       Bombenanschlag auf den Nato-Gipfel in Vilnius auswirken? Wohl kaum“,
       schrieb er. Und weiter: „Aber einige Teilnehmer*innen werden sich für
       sich selbst und die Länder, die sie vertreten, schämen.
       Sicherheitsgarantien für die Ukraine hätten das Leben friedlicher
       Ukrainer*innen gerettet.“
       
       Die Behörden vor Ort teilten mit, dass es in der Nähe des getroffenen
       Wohnhauses einen Schutzraum gebe. Er sei in gutem Zustand und zum Zeitpunkt
       des Luftalarms offen gewesen. Aber dort hätten sich nur fünf Menschen
       aufgehalten. Der Schutzraum habe zwei Journalist*innen und ihren Sohn
       gerettet, deren Wohnhaus zerstört worden sei. Die Familie sei erst vor
       einem Jahr von Kyjiw nach Lwiw gezogen. Die Eltern hatten nachts in den
       sozialen Medien von dem massiven Angriff gelesen und beschlossen, in den
       Schutzraum zu fliehen. Zwei Minuten später gab es ihr Haus nicht mehr
       
       Auch Anwohnerin Dina Volynets konnte sich vor den russischen Raketen in
       Sicherheit bringen: „Nachts saßen wir mit den Kindern im Auto in der
       Tiefgarage und sogar der Kofferraum erzitterte von den Explosionen“,
       erzählt sie. Sie sieht die Attacke auch als Signal, „dass es zu früh ist,
       sich zu entspannen und der Krieg nicht so bald enden wird“, sagt sie.
       
       Aus dem Russischen: Barbara Oertel
       
       6 Jul 2023
       
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