# taz.de -- Israelisches Bauprojekt auf Golanhöhen: Widerstand gegen Windräder
       
       > Auf den von Israel und Syrien beanspruchten Golanhöhen regt sich Protest
       > gegen einen Windpark. Nach Protesten ruhen die Bauarbeiten.
       
 (IMG) Bild: Selten auf dem Golan: Tausende protestierten am 21. Juni gegen den Windpark
       
       Madschdal Schams taz | An den Zäunen nahe Madschdal Schams auf den
       Golanhöhen hängen noch die Zwiebeln. „Zwiebeln lindern die Auswirkungen vom
       Tränengas“, erklärt Amal Safadi. Die Drusin war dabei, als vor zwei Wochen
       mehrere Tausend Menschen gegen den Bau eines israelischen Windparks
       demonstrierten. Safadi gehört zu denen, die das seit Langem geplante
       Projekt von Beginn an scharf kritisierten.
       
       Die Golanhöhen – ein von Israel annektierter Teil Syriens – ist die Heimat
       der Drus*innen, einer religiösen Minderheit arabischen Ursprungs, die
       sich um die Golanregion herum aus dem sunnitischen Islam entwickelte. Die
       Pläne, hier einen Windpark zu errichten, verstoßen somit gegen
       internationales Recht.
       
       Doch letztlich waren es die Proteste, die die israelische Regierung
       bewegten, den Bau der Windräder zunächst zu verschieben. Am Montag
       verlautbarte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, die Bauarbeiten würden
       zunächst bis August ruhen.
       
       Bereits vor fünf Jahren hatte die Planung von rund 50 Windturbinen in der
       Gegend begonnen. 2019 kam es zu Protesten, als die israelische Firma
       Energix Bodenprüfungen vornahm. Zuletzt wurden die Arbeiten wieder
       aufgenommen – mit dem Unterschied, dass der diesmal anrückende Bulldozer
       von rund hundert Polizist*innen bewacht und das Gebiet um den Bauplatz
       weitläufig abgesperrt wurde. Auch in großen israelischen Städten wie Haifa
       ging die drusische Bevölkerung auf die Straße.
       
       Protest gegen „Israelisierung“ 
       
       Die Golanhöhen wurden 1967 im Sechstagekrieg von Israel besetzt und später
       annektiert, [1][was die USA unter Ex-Präsident Donald Trump vor vier Jahren
       anerkannten]. Völkerrechtlich jedoch gehört das Gebiet weiterhin zu Syrien.
       [2][95 Prozent der Bewohner*innen wurden seit 1967 vertrieben; hunderte
       Dörfer wurden zerstört].
       
       Inzwischen leben in fünf verbliebenen Dörfern noch rund 20.000 syrische
       Drus*innen. Der Rest der Golanhöhen wird – völkerrechtlich illegal –
       [3][von Israelis besiedelt und vom Militär genutzt].
       
       Madschdal Schams, das größte der verbliebenen Dörfer, ist seit dem
       Sechstagekrieg berühmt für seinen „schreienden Hügel“. Das Dorf ist geteilt
       und auf syrischer Seite fanden sich die Menschen auf dem Hügel ein, um mit
       ihren Verwandten auf der von Israel besetzten Seite zu kommunizieren.
       
       Seit der Annexion der Golanhöhen durch Israel 1981 gilt die Bevölkerung im
       Golan als staatenlos. Obwohl die Zahl derjenigen, die sich heute noch als
       Syrer*innen identifizieren, schrumpft, wehren sich viele Menschen
       weiterhin gegen die fortschreitende „Israelisierung“ der Region.
       
       Vorwurf des „Greenwashing“ 
       
       Wie die meisten anderen Bewohner*innen besitzt Amal Safadi etwas Land,
       auf dem alle möglichen Obst- und Gemüsesorten wachsen. Die geplanten, 180
       Meter hohen Windräder würden die Tiere verjagen und die Lebensqualität
       stark einschränken, befürchtet Safadi. In erster Linie aber wehren sich die
       Menschen gegen die [4][Erweiterung der Präsenz und Einflussnahme Israels]
       in dem Gebiet, die das Windkraftprojekt ihrer Meinung nach mit sich bringt.
       
       Das Projekt verstößt gegen internationales Recht, weil besetzende Staaten
       das besetzte Gebiet und dessen Ressourcen nicht nutzen dürfen, wenn es
       nicht zum Wohl der dortigen Bewohner*innen ist. Nach einem
       Gerichtsprozess wurde das Windenergieprojekt verstaatlicht, wodurch nun
       hauptsächlich die israelische Bevölkerung profitieren würde. Die Turbinen
       sollen [5][mindestens 50.000 israelische Haushalte] zwanzig Jahre lang
       versorgen.
       
       Die Menschenrechtsorganisation Al-Marsad, die ihren Sitz auf den Golanhöhen
       hat, bezeichnet die Pläne als „Greenwashing“ der israelischen Besatzung und
       [6][kritisiert] die Beanspruchung der Ressourcen durch Israel.
       
       Verkauft wurde das Windenergieprojekt den Drus*innen als grünes Projekt.
       Inzwischen behauptet ein Großteil der Farmer*innen jedoch, die
       Pachtverträge mit Energix abgeschlossen haben, manipuliert worden zu sein.
       Sie wollen ihre Verträge aufkündigen.
       
       „Warum müssen die Israelis gerade hier bauen? Weiter südlich gibt es
       genauso viel Wind und viel mehr Platz“, empört sich Amal Safadi. Sie meint,
       die Israelis wollten sie von den Golanhöhen vertreiben. Doch die
       Drus*innen hätten eine starke emotionale Bindung zu ihrem Land. „Hier ist
       unser Zuhause.“
       
       Sollten die Bauarbeiten ab August weitergehen, dürfte es wieder zu
       Demonstrationen kommen. Die Menschen vor Ort haben sich bereits organisiert
       und sind bereit, bewaffnet mit Milch und Zwiebeln.
       
       4 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /USA-zu-Israels-Siedlungspolitik/!5638866
 (DIR) [2] https://whoprofits.org/wp-content/uploads/2019/03/Greenwashing-the-Golan-The-Israeli-Wind-Energy-Industry-in-the-Occupied-Syrian-Golan.pdf
 (DIR) [3] https://www.un.int/syria/syria/syrian-golan
 (DIR) [4] https://www.972mag.com/syrian-druze-golan-heights-greenwashing/
 (DIR) [5] https://en.globes.co.il/en/article-work-on-golan-heights-wind-farm-postponed-until-august-1001451251
 (DIR) [6] https://golan-marsad.org/wind-fall-the-exploitation-of-wind-energy-in-the-occupied-syrian-golan
       
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