# taz.de -- Die Wahrheit: Die Katzenkiller aus Aotearoa
       
       > Neues aus Neuseeland: In einem kleinen Dorf auf der Südinsel lässt man
       > Kinder ohne Jagdschein danebenballern – für einen eigentlich guten Zweck.
       
 (IMG) Bild: Publikationen der Centrepoint-Sekte
       
       Australien hat Spinnen, Schlangen und Giftquallen. Neuseeland dagegen, und
       darauf ist man als kleiner Nachbar stolz, hat keine gefährlichen Tiere. Von
       wegen! Zweieinhalb Millionen wilde Katzen treiben im Hinterland streunend
       ihr Unwesen. Halb so viele wie wir Einwohner haben und doppelt so viele wie
       brave Hauskatzen. Einige der Biester wiegen über neun Kilo und legen in
       einer Nacht sechs Kilometer zurück.
       
       Was machen sie in der Zeit? Sie töten Vögel. Und die sind den Kiwis so
       heilig wie den Australiern Kängurus. Der gefährdete wie eingeborene Tīeke
       (Philesturnus carunculatus) kann zum Beispiel nur dort überleben, wo keine
       wilden Katzen streunen. Aber auch Fledermäuse, Eidechsen und einheimische
       Insekten werden gejagt. Darunter das berühmte Krabbelviech namens Weta,
       nachdem sich sogar die Filmproduktion benannt hat, die uns die Technik in
       „Der Herr der Ringe“ bescherte.
       
       Es steht also einiges auf dem Spiel. Doch die Fronten sind verhärtet. Die
       kleine Randpartei namens TOP machte sich vor zehn Jahren unbeliebt, als ihr
       Vorsitzender Gareth Morgan forderte, alle Katzen auszumerzen. „Cats to go“
       hieß die eigens für die Kampagne erstellte Webseite. Auch wenn ihn das
       damals Stimmen kostete, begehrten seitdem andere auf. Die Chefin des Vogel-
       und Wildparks Zealandia forderte zuletzt „mutige Schritte“ ein, weil Teile
       der Fauna sonst nicht mehr zu retten seien.
       
       ## 250 Dollar für die Schießwütigsten
       
       Das nahm sich auch ein kleines Dorf auf der Südinsel zu Herzen. Um für die
       38 Grundschüler eine zusätzliche Lehrkraft einstellen zu können, ging man
       in Rotherham im vorigen Jahr gemeinsam auf die Wildschweinjagd – Teil eines
       Wettbewerbs mit Süßigkeiten und Gesang. So kamen bereits 20.000 Dollar für
       die Schule und fürs Schwimmbad zusammen. Diese Saison jedoch wurde zur Jagd
       auf wilde Katzen aufgerufen – mit dem Hinweis, dass nur die Beute zählt,
       die keinen Mikrochip in sich trägt. Wer die meisten erlegt, gewinnt 250
       Dollar.
       
       Auch Jugendliche unter vierzehn durften teilnehmen. Optisch lässt sich
       jedoch nicht feststellen, welche Katze ein zahmes Haustier mit Chip unterm
       Fell ist und welche erschossen gehört – die Auslese der Skalps findet erst
       nach der Tat statt. Und Kinder ohne Jagdschein ballern gern mal daneben.
       
       Der Aufschrei über den schießfreudigen Fundraiser war entsprechend riesig.
       Die Schule wurde mit Anrufen und Hassnachrichten von Katzenfans
       überschüttet, bis hin zu Morddrohungen. Die Polizei musste schließlich
       einschreiten. Statt Killerkatzen standen Katzenkiller im Visier.
       
       Aus England meldete sich fünf Tage später gar Komiker und Tierschützer
       Ricky Gervais zu Wort. Auf Twitter spottete er, dass jetzt ein paar neue
       Public-Relations-Ideen nötig seien, damit der Rest der Welt Neuseeland
       weiter mögen könne: „Vielleicht etwas mit Kindern und Kätzchen?“ Da knickte
       man in Rotherham ein. Vogelschutz hin, Schulförderung her – die Jagd wurde
       abgeblasen.
       
       25 May 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anke Richter
       
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