# taz.de -- Überraschung bei Turn-EM: Kader mit Perspektive
       
       > Milan Hosseini aus Berlin ist noch recht unerfahren – und doch gewinnt er
       > bei der Turn-Europameisterschaft die Bronzemedaille am Boden.
       
 (IMG) Bild: Aufstrebendes Talent: Milan Husseini bei der Bodenübung in Antalya
       
       „Das war schon ein cooles Gefühl,“ [1][sagte Milan Hosseini lächelnd] nach
       dem Bodenfinale der Turn-EM am Samstagnachmittag über jenen Moment, in dem
       sein Name auf der Anzeigetafel in der dritten Zeile stehen blieb, nachdem
       auch der letzte Starter seine Wertung erhalten hatte. Der Plan für sein
       erstes internationales Finale hatte keine Medaille vorgesehen. Er lautete
       eigentlich: „Eine geile Übung turnen“ und „richtig Spaß haben“ im
       Wettkampf. „Das ist mir, glaub’ ich, ganz gut gelungen.“
       
       Die Bronzemedaille war auch für Cheftrainer Valeri Belenki „eine
       Überraschung“. Hosseini war der einzige deutsche Turner, der sich im
       türkischen Antalya überhaupt für einen Finalplatz an einem Einzelgerät
       qualifiziert hatte. Zuvor hatte Pascal Brender einen sehr guten achten
       Platz im Mehrkampffinale belegt und das deutsche Team sich als
       fünftplatziertes für die WM im Herbst qualifiziert. Damit allerdings hatte
       Milan Hosseini nichts zu tun. Das Reglement für diese kontinentalen
       Titelkämpfe war ohne Angabe von Gründen geändert worden.
       
       Neben den fünf Aktiven, aus denen eine Mannschaft besteht, durfte jede
       Nation einen weiteren Turner mitbringen, der an drei zuvor festgelegten
       Geräten sein Können präsentierten durfte, ohne dass seine Leistung in die
       Teamwertung einging. Eine recht kuriose Entscheidung, die noch dazu nur für
       den Männerwettkampf Anwendung fand. Die meisten Verbände entsandten
       ausgemachte Gerätspezialisten für diesen Sonderposten. Milan Hosseini
       hingegen hatte in der internen Qualifikation das drittbeste
       Mehrkampfergebnis abgeliefert. Eine knifflige Entscheidung für Cheftrainer
       Belenki, der für das Team dem Hallenser Nils Dunkel den Vorrang gab.
       
       ## 1,77 Meter – ein Turnriese
       
       Hosseini hatte überhaupt kein Problem damit, bei seiner ersten EM nur
       Einzelstarter zu sein. Die Bodenfläche ist sein liebstes Gerät, hier mache
       ihm das Turnen am meisten Spaß und er könne seine Stärken gut ausspielen.
       „Es sieht relativ elegant aus, weil ich halt so lang und groß bin,“ sagt
       er. Mit seinen 1,77 Meter überragte er denn auch auf dem Siegerpodest den
       israelischen Silbermedaillengewinner Artem Dolgopyat, immerhin der
       Olympiasieger von Tokio an diesem Gerät, genauso deutlich wie den neuen
       Europameister Luke Whitehouse aus Großbritannien, der einen großartigen
       Dreifachsalto rückwärts im Programm hat.
       
       Aus biomechanischer Sicht ist das sicher nicht das ideale Element für
       Hosseini, der seine Länge allerdings nicht als Nachteil empfindet: „Es
       geht,“ urteilt er, schließlich komme er am Reck noch rund um die Stange,
       ohne dass seine Füße die Matte touchieren, und er könne auch an den anderen
       Geräten „ganz ordentlich turnen“.
       
       Hosseini begann mit dem Turnen – „diese Saltos haben mich schon als Kind
       fasziniert“ – bei der Turngemeinde Böckingen in seiner Geburtsstadt
       Heilbronn. Mit 14 Jahren stand dann der Wechsel in einen Stützpunkt an, und
       er entschied sich nicht für das nahegelegene Stuttgart, sondern für die
       Hauptstadt. Er habe damals [2][alle Stützpunkte durchgetestet]. „Das
       Gesamtpaket mit Schule und Training in Berlin hat mir am besten gefallen.“
       Die Schule hat er im vergangenen Jahr abgeschlossen, seit diesem Monat
       gehört er zu den Sportlern der Bundeswehr. Trainiert wird Hosseini in
       Berlin von Brian Gladow, der in den Nullerjahren als außergewöhnliches
       Talent galt, noch im Juniorenalter einen Weltcup gewann, dann aber als
       Senior nie den Durchbruch schaffte.
       
       Nun gibt er seine Erfahrungen weiter. „Ich glaube, das macht er auch ganz
       gut“, sagt Hosseini und grinst charmant. Der knapp 22-Jährige hat im
       Juniorenalter keine internationale Erfahrung gesammelt, sein erster
       Auftritt auf internationalem Parkett liegt erst ein gutes Jahr zurück. Im
       vergangenen Sommer wurde er Deutscher Meister am Boden, in diesem Frühjahr
       gewann er Silber beim Weltcup in Cottbus, der Turner-Bund führt ihn im
       „Perspektivkader“.
       
       16 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://sportathleten.de/profil/milan-hosseini/
 (DIR) [2] https://www.dtb.de/talent-und-nachwuchsfoerderung/bundesstuetzpunkte/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sandra Schmidt
       
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