# taz.de -- Gescheiterte Tarifverhandlungen: Es reicht einfach noch nicht
       
       > Im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst haben die Verhandler:innen
       > sich bemüht. Aber angesichts der Inflation ist das Arbeitgeberangebot
       > nicht hinnehmbar.
       
 (IMG) Bild: Protestaktion der Fachgewerkschaft LBB in Potsdam
       
       In der Nacht zum Donnerstag ist ein unbefristeter Streik im öffentlichen
       Dienst näher gerückt. Ein kleiner Vorgeschmack davon, was das bedeuten
       würde, haben die punktuellen Warnstreiks von der Kita bis zur Müllabfuhr in
       den vergangenen Wochen und der eintägige [1][bundesweite
       Mobilitätsausstand] Anfang der Woche geliefert. Nein, für die Bürgerinnen
       und Bürger sind das keine schönen Aussichten. Doch noch ist es nicht
       soweit. Aber die Aufgabe der beiden Schlichter, bis Mitte April eine
       Verständigung zwischen [2][Gewerkschaften und Arbeitgebern] zu erreichen
       und damit einen schmerzhaften Arbeitskampf noch zu verhindern, wird keine
       einfache sein. Denn die Differenz zwischen dem Anspruch der Beschäftigten
       und dem Angebot der Arbeitgeber scheint nach wie vor verdammt groß.
       
       Immerhin eines kann den Verhandler:innen, die seit Montag in Potsdam
       zusammen am Tisch saßen, nicht vorgeworfen werden: dass sie nicht ernsthaft
       miteinander gerungen hätten. Dass sich Verdi und der Deutsche Beamtenbund
       trotzdem gezwungen gesehen haben, das Scheitern der Gespräche zu verkünden,
       ist gleichwohl verständlich. Denn auch wenn der Bund und die Vereinigung
       der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ihr Angebot nachgebessert haben,
       ist es immer noch allzu weit von den gewerkschaftlichen Forderungen
       entfernt. Vor allem jedoch würde es nicht dafür sorgen, die
       [3][Reallohnverluste], die die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes seit
       2021 erlitten haben, auch nur ansatzweise auszugleichen.
       
       Dabei klingt das Arbeitgeberangebot auf den ersten Blick gar nicht
       schlecht: eine Lohnerhöhung um 8 Prozent bei einem Mindestbetrag von 300
       Euro sowie steuerfreie Einmalzahlungen von insgesamt 3.000 Euro. Das ist
       jedoch eine Mogelpackung. Denn der Vorschlag des Bundes und der VKA bezieht
       sich nicht alleine auf dieses Jahr und enthält überdies diverse
       Zeitversetzungen und Rechentricks. Umgerechnet liegt der anvisierte
       Mindestbetrag für 2023 real nicht bei 300, sondern nur bei knapp 212 Euro –
       die Inflationsausgleichsprämie sogar schon mit einberechnet. Das ist nicht
       einmal die Hälfte der 500 Euro, die die Gewerkschaften fordern. Angesichts
       der dramatisch gestiegenen Lebenshaltungskosten ist es nachvollziehbar,
       dass sie sich damit nicht abfinden wollen.
       
       Jetzt steht Innenministerin Nancy Faeser als Verhandlungsführerin des
       Bundes in einer besonderen Verantwortung. Denn ein verbessertes
       Tarifangebot in der Schlichtung könnte, ja sollte verbunden werden mit
       Maßnahmen der Bundesregierung, die hohen Lebenshaltungskosten zu senken.
       Zum Beispiel durch eine Streichung der Mehrwehrtsteuer auf
       Grundnahrungsmittel, wie das gerade Portugal vormacht. Das würde es den
       Gewerkschaften leichter machen, einem Kompromiss zuzustimmen. Und es käme
       allen Menschen mit kleineren Einkommen zugute, nicht nur denen im
       öffentlichen Dienst.
       
       30 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Bundesweiter-Warnstreik/!5921816
 (DIR) [2] /Streit-um-Lohn-im-oeffentlichen-Dienst/!5925165
 (DIR) [3] /Tarifstreit-im-oeffentlichen-Diskurs/!5923765
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Verdi
 (DIR) Arbeitskampf
 (DIR) Inflation
 (DIR) Arbeitgeber
 (DIR) Nancy Faeser
 (DIR) IG Metall
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst: Schlichter machen einen Vorschlag
       
       Die Schiedskommission im Tarifstreit für den öffentlichen Dienst hat eine
       Empfehlung ausgesprochen. Ab dem 22. April wird wieder verhandelt.
       
 (DIR) Gewerkschaft für Vier-Tage-Woche: Weniger Maloche für alle?
       
       Die IG Metall will die Vier-Tage-Woche. Doch was steckt hinter dieser
       utopisch anmutenden Forderung? Der Versuch, Arbeitsplätze zu retten.