# taz.de -- Ökonom Fratzscher zu Bankenkrisen: „Es ist nicht so besorgniserregend“
       
       > Bankenpleiten in den USA, Rettung einer Credit Suisse: Marcel Fratzscher,
       > Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, erklärt die Lage.
       
 (IMG) Bild: Börse Frankfurt, nachdem die Aktien der Credit Suisse ein Rekordtief erreicht hatten
       
       taz: Herr Fratzscher, warum hat die Pleite der Silicon Valley Bank, kurz
       SVB, vergangene Woche Folgen für die europäischen Banken? 
       
       Marcel Fratzscher: Die Pleite der Silicon Valley Bank in den USA hat keine
       direkten Implikationen für europäische Banken, denn – anders als in der
       globalen Finanzkrise – europäische Finanzinstitutionen haben nicht oder
       kaum direkt in die SVB investiert. Die Sorge gilt vielmehr einer
       Vertrauenskrise, dass also Investoren in Europa befürchten, dass
       europäische Banken ähnliche Probleme haben könnten und dass sie daher
       Bankaktien verkaufen und Einlagen abziehen. Die große Gefahr sind
       sogenannte sich selbst erfüllende Erwartungen, bei der die Befürchtung von
       Bankinsolvenzen dafür sorgt, dass Einlagen von diesen Banken abgezogen
       werden und sich die befürchteten Bankinsolvenzen dann bewahrheiten.
       
       Die Pleiten von inzwischen drei US-Banken und die Rettung der großen
       Schweizer Bank [1][Credit Suisse] mit 50,7 Milliarden Euro erinnern an den
       Beginn der Finanzkrise. Wie unterscheidet sich die Lage heute von der 2008? 
       
       Die Lage ist heute bei Weitem nicht so besorgniserregend wie vor der
       globalen Finanzkrise 2008. Es sind heute die starken Zinserhöhungen der
       Notenbanken, die viele Finanzinstitutionen überrascht haben und die zu
       massiven Verlusten geführt haben. Das Problem heute ist also nicht die
       systemische Abhängigkeit zwischen Finanzinstitutionen oder unzureichender
       Vorsorge in Bezug auf Liquidität und Eigenkapital, sondern die ungewöhnlich
       aggressive Geldpolitik.
       
       Wie gefährdet sind deutsche Banken? Müssen sich Kunden um ihr Geld bei
       Finanzinstituten sorgen? 
       
       Alle großen Notenbanken müssen eine enorm schwierige Abwägung zwischen
       Preisstabilität und Finanzstabilität tätigen. Eine weitere Erhöhung der
       Zinsen ist zwar kurzfristig hilfreich, um die hohe Inflation schneller in
       den Griff zu bekommen. Diese weitere Erhöhung führt jedoch zu noch
       stärkeren Verlusten bei vielen Finanzinstitutionen und gefährdet daher die
       Finanzstabilität. Wenn diese Zinserhöhungen zu systematischen Problemen bei
       vielen Banken führen, dann laufen die Zentralbanken Gefahr, dass die
       Volkswirtschaften in eine Rezession fallen und damit die Preise zu stark
       fallen und mittelfristig die Zentralbanken wiederum ihr Mandat der
       Preisstabilität noch länger und weiter verfehlen.
       
       Im Zuge der Finanzkrise haben die Notenbanken über die Nullzinspolitik
       weltweit Geld in den Markt gepumpt. Zuletzt sind die Leitzinsen gestiegen,
       um die Inflation einzudämmen. Welche Folgen haben weitere Zinserhöhungen
       wie jetzt die der Europäischen Zentralbank (EZB)? 
       
       Meine Befürchtung ist, dass die EZB den Bogen ein wenig überspannt hat und
       eine schwächere Zinserhöhung in den vergangenen Monaten klüger gewesen
       wäre, um manche Probleme der Finanzstabilität zu vermeiden, ohne das Ziel
       der Preisstabilität zu kompromittieren. Die EZB und andere Notenbanken
       müssen jedoch ihre Glaubwürdigkeit wahren und Souveränität und Ruhe
       signalisieren. Daher hat auch die EZB entschieden, den bisher versprochenen
       Pfad der Zinserhöhungen fortzuführen, um nicht eine Panik oder
       Überreaktionen in den Kapitalmärkten auszulösen.
       
       Welche Aufgaben kommen nun auf die Bundesregierung zu? 
       
       Die Bundesregierung muss Ruhe bewahren und sich mit der eigenen
       Bankenaufsicht eng abstimmen, so dass vulnerable Banken in Deutschland
       frühzeitig identifiziert und notwendige Korrekturen eingeleitet werden
       können. Der Bundesfinanzminister läuft jedoch Gefahr, an Glaubwürdigkeit zu
       verlieren, da er nun versprochen hat, dass es keine Probleme im deutschen
       Finanzsystem gibt. Dies kann man jedoch so pauschal nicht sagen, zahlreiche
       Sparkassen mussten bereits deutliche Verluste einräumen und andere
       Finanzinstitutionen werden zweifelsohne folgen. Transparenz und Ehrlichkeit
       sind essenziell, um Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit zu wahren.
       
       17 Mar 2023
       
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