# taz.de -- Michelle Yeoh bei den Oscars: Repräsentiert im Glitzershowapparat
       
       > Als Michelle Yeoh den Oscar für die beste Hauptdarstellerin gewinnt, ist
       > unsere Autorin zu Tränen gerührt. Das liegt weniger an Yeohs Herkunft als
       > gedacht.
       
 (IMG) Bild: Die Trophäe in der Hand der „Besten Schauspielerin“ Michelle Yeoh
       
       Als ich am Montagmorgen sah, dass Michelle Yeoh mit dem [1][Oscar] für die
       beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet wurde, kamen mir die Tränen und das
       fand ich irritierend. Irritierend, weil ich seit einer Weile einen Kampf
       ausfechte [2][mit Repräsentation], die ja wichtig ist, aber eben nicht
       ausreichend, die noch zu oft imagepflegend vorgeschoben wird, während man
       sich um echten Wandel zu wenig bemüht. Irritierend, weil ich doch längst
       keine einzelnen Personen mehr idolisiere. Und, weil ich kritisch bin
       gegenüber dem, was auf den Bühnen [3][eines Glitzershowapparats] passiert.
       
       Aber dann stand da Michelle Yeoh, sechzigjährig, mit offenen Haaren und
       Diamanten im Haar, in einem fluffig-weißen Kleid. Sie sah aus wie ein
       kleines Kind, das sich als Prinzessinnenbraut verkleiden wollte und
       zugleich wie eine Frau, die mit einem Motorrad auf einen fahrenden
       Lastwagen springen und Jackie Chan ein chauvinistisches Schwein nennen
       kann. Wie eine mit viel zu viel Geld und wie eine, die meine Mutter sein
       könnte. All at once. Also Tränen.
       
       Aber auch Tränen, weil es eben nicht nur darum ging, eine einzelne Person
       oder „asiatische“ Sichtbarkeit zu feiern. [4][Mit „Everything, everywhere,
       all at once“] gewann ein Film, der migrantische Durchschnittsrealität in
       den Mittelpunkt stellt, der mit Seh- und Plotgewohnheiten bricht und sich
       traut, ein Publikum herauszufordern. Ke Huy Quan bekam den Preis für den
       besten Nebendarsteller, nachdem ein rassistisches Hollywood ihm
       jahrzehntelang Chancen verweigert hat. Yeoh ermutigte in ihrer Dankesrede
       alle Frauen, sich niemals sagen zu lassen, sie hätten ihre besten Tage
       hinter sich. Regisseur Daniel Scheinert dankte seinen Eltern, dass sie ihn
       Drag tragen ließen, “was keine Bedrohung für irgendjemanden ist“. Und wie
       Jamie Lee Curtis seit Monaten Michelle Yeoh feiert, wird längst als Meme
       auf T-Shirts gedruckt.
       
       ## Scheinwerferlicht auf Frauen, die ihre Communitys wieder aufbauen
       
       Es ist wesentlich, diese Dinge zu betonen – auch dann, wenn eine Community
       ihre geteilten Geschichten und einen Moment kollektiven Stolzes völlig zu
       Recht feiert, nachdem sie weiterhin viel zu oft in Schmerz verbunden ist.
       Weil in dieser Vielschichtigkeit die Welt liegt, wie sie sein kann.
       Innovativ, mutig, solidarisch und verwoben in ihren politischen Kämpfen.
       
       Am Montagabend erschien [5][in der New York Times ein Text von Yeoh]. Sie
       schreibt, wie besonders Mädchen und Frauen derzeit unter Krieg, Pandemie
       und den [6][Folgen des Erdbebens in Syrien und der Türkei] leiden. „Wenn
       ich mit diesem Moment meines beruflichen Glücks etwas tun kann, dann will
       ich das Scheinwerferlicht auf jene richten, die viel zu oft unbemerkt
       bleiben, die Frauen, die ihre Communitys wieder aufbauen, Kinder und Alte
       betreuen und Essen auf den Tisch stellen. Lasst uns sichergehen, dass sie
       mit im Raum sind, wenn Entscheidungen getroffen werden, von denen sie am
       meisten betroffen sind“, schreibt Yeoh. Und nein, ich idolisiere nicht
       mehr. Aber ein bisschen applaudieren kann ich.
       
       14 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [4] /Film-Highlight-des-Jahres/!5900912
 (DIR) [5] https://www.nytimes.com/2023/03/13/opinion/michelle-yeoh-oscars-earthquake-relief.html
 (DIR) [6] /Tuerkei-und-Syrien/!5918114
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lin Hierse
       
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