# taz.de -- Nachwirkungen des Dieselskandals: Zulassung von VW-Dieselauto gekippt
       
       > Die Deutsche Umwelthilfe erzielt vor Gericht einen Erfolg. Sie hat mehr
       > als 100 weitere Klagen in Bezug auf verschiedene Automodelle laufen.
       
 (IMG) Bild: Sie stinken und machen krank, vor allem wenn Autokonzerne Schummel-Software einsetzen: Autoabgase
       
       Berlin/Schleswig afp/dpa/taz | Mehr als sieben Jahre nach Bekanntwerden des
       [1][Dieselskandals] hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor Gericht einen
       Erfolg im Streit um die sogenannten Thermofenster erzielt.
       
       Es geht um Software, die die Abgasreinigung von Autos außerhalb eines
       bestimmten Temperaturrahmens abschaltet. Das Ziel: Dieselmotoren sollen zum
       Beispiel bei Kälte besser laufen. Die Wagen stoßen dann aber teils mehr
       gesundheitsschädliche Stickoxide aus als erlaubt, wie 2015 aufgedeckt
       wurde. Nach Rechtsprechung sind solche Thermofenster nur unter ganz engen
       Voraussetzungen erlaubt, etwa um konkrete Gefahren abzuwehren.
       
       Das Verwaltungsgericht Schleswig gab am Montagabend einer Klage der DUH
       gegen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) statt und hob dessen Zulassung eines
       VW-Golf-Modells mit der umstrittenen Software auf, wie die
       Umweltschutzorganisation mitteilte. Es geht um Dieselversionen des VW Golf,
       die das KBA 2008 und 2009 genehmigt hatte.
       
       Noch 2016 billigte das KBA dann die temperaturabhängige Abgasrückführung in
       den Software-Updates – obwohl die Fahrzeuge die Schadstoffgrenzwerte nur
       auf dem Prüfstand einhielten, nicht aber im normalen Straßenverkehr.
       
       ## Volkswagen verteidigt die Thermofenster weiter
       
       Zunächst war unklar gewesen, ob ein Verband wie die DUH in dem Fall
       überhaupt Klagerecht hat. Das Verwaltungsgericht Schleswig fragte deshalb
       beim Europäischen Gerichtshof an. Im vergangenen November kam dann die
       Bestätigung aus Luxemburg: Die DUH durfte gegen die Zulassung von Wagen mit
       den Thermofenstern klagen.
       
       DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch war „sehr zufrieden und glücklich
       mit dem Urteil“. Es habe grundlegende Bedeutung, weil auch in
       vergleichbaren Verfahren nun entsprechende Urteile zu erwarten seien.
       Aktuell sind 118 weitere Verfahren der DUH gegen Freigabebescheide für
       Dieselfahrzeuge diverser Hersteller anhängig.
       
       Resch forderte zudem von Bundesverkehrsminister Wissing (FDP), „dass er
       jetzt Sorge trägt, dass alle rund zehn Millionen Betrugsdiesel, die noch
       auf Deutschlands Straßen unterwegs sind, entweder stillgelegt oder auf
       Kosten der Hersteller nachgerüstet werden“. Das Kraftfahrt-Bundesamt ist
       Wissings Ministerium unterstellt.
       
       Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Neben der Berufung wurde auch eine
       Sprungrevision zugelassen. Mit einer Sprungrevision kann unter bestimmten
       Voraussetzungen die Berufungsinstanz übersprungen und direkt das
       Bundesverwaltungsgericht befasst werden.
       
       Volkswagen teilte nach der Urteilsverkündung mit, die schriftlichen
       Entscheidungsgründe des Gerichts abwarten zu wollen und diese sorgfältig zu
       prüfen. Dann werde über weitere Schritte entschieden. „Unsere Einschätzung
       bleibt unverändert: Die temperaturabhängige Abgasrückführung in den hier
       betroffenen Fahrzeugen schützt vor unmittelbaren Risiken für den Motor in
       Form von Beschädigungen oder Unfall. Diese wiegen so schwer, dass sie eine
       konkrete Gefahr beim Betrieb des Fahrzeugs darstellen können.“
       
       Das aktuelle Urteil ist nicht das erste, das zu anderen Schlüssen kommt. Im
       vergangenen Jahr stellte etwa der Europäische Gerichtshof [2][in einem
       Grundsatzurteil fest]: Wenn die Abgasreinigung von VW-Diesel-Pkw einen
       Großteil des Jahres wetterbedingt nicht funktioniert, dann verstößt das
       gegen EU-Recht.
       
       Konkret ging es damals um drei VW-Dieselmodelle, die in Österreich gekauft
       wurden. Nach Feststellung österreichischer Gerichte funktioniert die
       Abgasreinigung nur zwischen 15 und 33 Grad Außentemperatur – also einem
       Rahmen, der in Österreich wie etwa auch in Deutschland regelmäßig unter-
       oder auch übertroffen wird.
       
       21 Feb 2023
       
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