# taz.de -- Schwedens Kehrtwende bei Atomenergie: Nichts als Augenwischerei
       
       > Die Ankündigung von Schwedens Regierung, neue AKWs zu bauen, muss man
       > nicht ernst nehmen. Aktuell findet sich niemand, der ein Interesse daran
       > hätte.
       
 (IMG) Bild: 14 Jahre verspätete Fertigstellung und viermal teurer als geplant: das finnische AKW Olkiluoto
       
       In diesen Tagen flattern den SchwedInnen die Stromabrechnungen für Dezember
       ins Haus. Für manche wird das ein Schock werden. Viele Wohnungen und
       Einfamilienhäuser sind mit Elektroheizungen ausgestattet, und ihre
       BesitzerInnen müssen mit mehrfach höheren Kosten als vor einem Jahr
       rechnen. Nicht zufällig hat die Regierung in Stockholm deshalb in dieser
       Woche neue Strombeihilfen genehmigt, mit denen die Haushalte entlastet
       werden sollen.
       
       Auch mit der Ankündigung, die Voraussetzungen zum Bau neuer Atomreaktoren
       zu schaffen, soll offenbar vor allem Handlungskraft demonstriert werden.
       Was die Regierung von [1][Ulf Kristersson] als Lösung für den Bedarf
       künftiger Energieversorgung präsentiert, ist indes reine Augenwischerei.
       Sollte es wirklich eine Mehrheit für die Pläne der Regierung geben, so ist
       weit und breit kein Energieunternehmen in Sicht, das das Risiko eingehen
       würde, einen künftigen AKW-Neubau auch nur zu planen.
       
       Denn es kann keine Garantie dafür geben, dass derlei Pläne nicht schon nach
       der nächsten Wahl zur Makulatur werden. Gerade das Schicksal des letzten
       Abkommens, das alle Parteien mit Ausnahme der Schwedendemokraten 2016
       stützten und das die jetzigen Regierungsparteien nach weniger als sieben
       Jahren wieder aufkündigen, dürfte Investoren abschrecken. [2][Der
       staatliche Energieversorger Vattenfall] jedenfalls macht aus seinem
       Desinteresse an neuen AKWs keinen Hehl.
       
       Niemand könne das Unternehmen zwingen, in die unprofitable
       Atomstromproduktion zu investieren, betonte jüngst die Chefin des
       Unternehmens und kritisierte im selben Atemzug die Regierung, die die
       Realisierung von Plänen zum Ausbau von Offshore-Windkraft erschwere. Daran
       nämlich ist Vattenfall viel mehr interessiert.
       
       Schließlich schreckt auch das Beispiel des letzten skandinavischen
       AKW-Neubaus. Die Planungen für den dritten Reaktor des [3][finnischen AKWs
       Olkiluoto] begannen vor zwei Jahrzehnten. Um 14 Jahre verspätet und viermal
       teurer als geplant soll er nach den letzten Ankündigungen nun im Februar
       ans Netz gehen. Aber Schweden braucht jetzt neue Stromquellen. Nicht erst
       2037.
       
       12 Jan 2023
       
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